Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl.
(divitiae). Nachdem viel, oder we-
nig überflüßig ist, so ist der Grad des
Reichthums grösser, oder kleiner, und
das Reichthum muß man nach dem
Stande der Person beurtheilen.
Da-
her nennt man denjenigen reich (divitem),
dessen Vermögen überflüßiges enthält: Sehr
reich
(opulentum) aber, der einen grossen
Reichthum hat, oder der einen grossen Ue-
berfluß an allen Sachen hat. Der Reiche
hat also mehr, als er beqvem, vergnügt
und wohlanständig zu leben braucht
(§.
485.). Vor dasjenige Vermögen, was nicht
mehr in sich begreift, als das, was zur Noth-
durft und Beqvemlichkeit, zum Vergnügen
und Wohlstande hinreichend ist, findet man in
der lateinischen Sprache, über deren Armuth
sich der Lucretius 1. Buch 31. V. und
Plinius 4. Buch 17. Brief beklagen,
kein beqvemes Wort, um den mittlern
Zustand zwischen Reichthum und Armuth an-
zuzeigen. Jm Deutschen nennen wir es das
Auskommen.
Und in so fern als es ver-
schiedene Grade der Bequemlichkeit, des Ver-
gnügens und des Wohlstandes giebt, unter-
scheiden wir ein nöthiges Auskommen
und ein gutes und reichliches Auskom-
men
von einander.

§. 487.
Von der
Armuth,
der Dürf-
tigkeit

Jm Gegentheil nennen wir einen arm
(pauperem), dessen Vermögen weiter nichts
als das nothwendigste enthält; dürftig aber

oder

II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl.
(divitiæ). Nachdem viel, oder we-
nig uͤberfluͤßig iſt, ſo iſt der Grad des
Reichthums groͤſſer, oder kleiner, und
das Reichthum muß man nach dem
Stande der Perſon beurtheilen.
Da-
her nennt man denjenigen reich (divitem),
deſſen Vermoͤgen uͤberfluͤßiges enthaͤlt: Sehr
reich
(opulentum) aber, der einen groſſen
Reichthum hat, oder der einen groſſen Ue-
berfluß an allen Sachen hat. Der Reiche
hat alſo mehr, als er beqvem, vergnuͤgt
und wohlanſtaͤndig zu leben braucht
(§.
485.). Vor dasjenige Vermoͤgen, was nicht
mehr in ſich begreift, als das, was zur Noth-
durft und Beqvemlichkeit, zum Vergnuͤgen
und Wohlſtande hinreichend iſt, findet man in
der lateiniſchen Sprache, uͤber deren Armuth
ſich der Lucretius 1. Buch 31. V. und
Plinius 4. Buch 17. Brief beklagen,
kein beqvemes Wort, um den mittlern
Zuſtand zwiſchen Reichthum und Armuth an-
zuzeigen. Jm Deutſchen nennen wir es das
Auskommen.
Und in ſo fern als es ver-
ſchiedene Grade der Bequemlichkeit, des Ver-
gnuͤgens und des Wohlſtandes giebt, unter-
ſcheiden wir ein noͤthiges Auskommen
und ein gutes und reichliches Auskom-
men
von einander.

§. 487.
Von der
Armuth,
der Duͤꝛf-
tigkeit

Jm Gegentheil nennen wir einen arm
(pauperem), deſſen Vermoͤgen weiter nichts
als das nothwendigſte enthaͤlt; duͤrftig aber

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0338" n="302"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Th. 9. H. Von bloß milden Handl.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">(divitiæ).</hi><hi rendition="#fr">Nachdem viel, oder we-<lb/>
nig u&#x0364;berflu&#x0364;ßig i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t der Grad des<lb/>
Reichthums gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, oder kleiner, und<lb/>
das Reichthum muß man nach dem<lb/>
Stande der Per&#x017F;on beurtheilen.</hi> Da-<lb/>
her nennt man denjenigen <hi rendition="#fr">reich</hi> <hi rendition="#aq">(divitem),</hi><lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Vermo&#x0364;gen u&#x0364;berflu&#x0364;ßiges entha&#x0364;lt: <hi rendition="#fr">Sehr<lb/>
reich</hi> <hi rendition="#aq">(opulentum)</hi> aber, der einen gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Reichthum hat, oder der einen gro&#x017F;&#x017F;en Ue-<lb/>
berfluß an allen Sachen hat. <hi rendition="#fr">Der Reiche<lb/>
hat al&#x017F;o mehr, als er beqvem, vergnu&#x0364;gt<lb/>
und wohlan&#x017F;ta&#x0364;ndig zu leben braucht</hi> (§.<lb/>
485.). Vor dasjenige Vermo&#x0364;gen, was nicht<lb/>
mehr in &#x017F;ich begreift, als das, was zur Noth-<lb/>
durft und Beqvemlichkeit, zum Vergnu&#x0364;gen<lb/>
und Wohl&#x017F;tande hinreichend i&#x017F;t, findet man in<lb/>
der lateini&#x017F;chen Sprache, u&#x0364;ber deren Armuth<lb/>
&#x017F;ich der <hi rendition="#fr">Lucretius</hi> 1. Buch 31. V. und<lb/><hi rendition="#fr">Plinius</hi> 4. Buch 17. Brief beklagen,<lb/>
kein beqvemes Wort, um den mittlern<lb/>
Zu&#x017F;tand zwi&#x017F;chen Reichthum und Armuth an-<lb/>
zuzeigen. Jm Deut&#x017F;chen nennen wir es <hi rendition="#fr">das<lb/>
Auskommen.</hi> Und in &#x017F;o fern als es ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Grade der Bequemlichkeit, des Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gens und des Wohl&#x017F;tandes giebt, unter-<lb/>
&#x017F;cheiden wir <hi rendition="#fr">ein no&#x0364;thiges Auskommen</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">ein gutes und reichliches Auskom-<lb/>
men</hi> von einander.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 487.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
Armuth,<lb/>
der Du&#x0364;&#xA75B;f-<lb/>
tigkeit</note>
              <p>Jm Gegentheil nennen wir einen <hi rendition="#fr">arm</hi><lb/><hi rendition="#aq">(pauperem),</hi> de&#x017F;&#x017F;en Vermo&#x0364;gen weiter nichts<lb/>
als das nothwendig&#x017F;te entha&#x0364;lt; <hi rendition="#fr">du&#x0364;rftig</hi> aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0338] II. Th. 9. H. Von bloß milden Handl. (divitiæ). Nachdem viel, oder we- nig uͤberfluͤßig iſt, ſo iſt der Grad des Reichthums groͤſſer, oder kleiner, und das Reichthum muß man nach dem Stande der Perſon beurtheilen. Da- her nennt man denjenigen reich (divitem), deſſen Vermoͤgen uͤberfluͤßiges enthaͤlt: Sehr reich (opulentum) aber, der einen groſſen Reichthum hat, oder der einen groſſen Ue- berfluß an allen Sachen hat. Der Reiche hat alſo mehr, als er beqvem, vergnuͤgt und wohlanſtaͤndig zu leben braucht (§. 485.). Vor dasjenige Vermoͤgen, was nicht mehr in ſich begreift, als das, was zur Noth- durft und Beqvemlichkeit, zum Vergnuͤgen und Wohlſtande hinreichend iſt, findet man in der lateiniſchen Sprache, uͤber deren Armuth ſich der Lucretius 1. Buch 31. V. und Plinius 4. Buch 17. Brief beklagen, kein beqvemes Wort, um den mittlern Zuſtand zwiſchen Reichthum und Armuth an- zuzeigen. Jm Deutſchen nennen wir es das Auskommen. Und in ſo fern als es ver- ſchiedene Grade der Bequemlichkeit, des Ver- gnuͤgens und des Wohlſtandes giebt, unter- ſcheiden wir ein noͤthiges Auskommen und ein gutes und reichliches Auskom- men von einander. §. 487. Jm Gegentheil nennen wir einen arm (pauperem), deſſen Vermoͤgen weiter nichts als das nothwendigſte enthaͤlt; duͤrftig aber oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/338
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/338>, abgerufen am 23.11.2024.