keit Gott vorzustellen, daß gleichsam in dem Menschen ein Ebenbild Gottes zu sehen ist. Also kann ein Atheist die Vollkommen- heit des Menschen nicht völlig einse- hen. Die Vollkommenheit des Leibes, in so weit derselbe ein menschlicher ist, setzet die Vollständigkeit aller Glieder voraus; und aus der Erfahrung erhellet, daß man ver- schiedene Fertigkeiten der bewegenden Kraft erhalten könne. Derowegen ist der Mensch allerdings verbunden, die Vollständig- keit aller Glieder des Leibes zu erhal- ten, und die Fertigkeiten seiner bewe- genden Kraft zu erlangen, die er, um recht zu handeln, nöthig hat (§. 106. 52.); folglich muß ihre Verschlimme- rung und Verlust vermieden werden. Und also muß der Mensch seinen Leib und sein Leben zu erhalten trachten; folgends ist der Selbstmord, oder die Av- tochirie unerlaubt (§. 51.).
§. 113.
Von der Erhal- tung der Gesund- heit, von der Wie- dererlan- gung der- selben u. von der Abwen- dung der
Derjenige Zustand des Leibes, in welchem alle Theile desselben ihre Verrichtungen gehö- rig ausüben, wird die Gesundheit ge- nannt; der entgegengesetzte Zustand, in wel- chem einer oder mehrere zu demjenigen Ge- brauch, dazu sie gewiedmet, nicht geschickt sind, die Kranckheit. Man versiehet die- ses auch von den flüßigen Theilen, und im gemeinen Reden wird die Kranckheit vornäm- lich von denjenigen Theilen genommen, die
zum
I. Th. 4. H. Von den Pflichten
keit Gott vorzuſtellen, daß gleichſam in dem Menſchen ein Ebenbild Gottes zu ſehen iſt. Alſo kann ein Atheiſt die Vollkommen- heit des Menſchen nicht voͤllig einſe- hen. Die Vollkommenheit des Leibes, in ſo weit derſelbe ein menſchlicher iſt, ſetzet die Vollſtaͤndigkeit aller Glieder voraus; und aus der Erfahrung erhellet, daß man ver- ſchiedene Fertigkeiten der bewegenden Kraft erhalten koͤnne. Derowegen iſt der Menſch allerdings verbunden, die Vollſtaͤndig- keit aller Glieder des Leibes zu erhal- ten, und die Fertigkeiten ſeiner bewe- genden Kraft zu erlangen, die er, um recht zu handeln, noͤthig hat (§. 106. 52.); folglich muß ihre Verſchlimme- rung und Verluſt vermieden werden. Und alſo muß der Menſch ſeinen Leib und ſein Leben zu erhalten trachten; folgends iſt der Selbſtmord, oder die Av- tochirie unerlaubt (§. 51.).
§. 113.
Von der Erhal- tung der Geſund- heit, von der Wie- dererlan- gung der- ſelben u. von der Abwen- dung der
Derjenige Zuſtand des Leibes, in welchem alle Theile deſſelben ihre Verrichtungen gehoͤ- rig ausuͤben, wird die Geſundheit ge- nannt; der entgegengeſetzte Zuſtand, in wel- chem einer oder mehrere zu demjenigen Ge- brauch, dazu ſie gewiedmet, nicht geſchickt ſind, die Kranckheit. Man verſiehet die- ſes auch von den fluͤßigen Theilen, und im gemeinen Reden wird die Kranckheit vornaͤm- lich von denjenigen Theilen genommen, die
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I. Th. 4. H. Von den Pflichten
keit Gott vorzuſtellen, daß gleichſam in dem
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Alſo kann ein Atheiſt die Vollkommen-
heit des Menſchen nicht voͤllig einſe-
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ſo weit derſelbe ein menſchlicher iſt, ſetzet die
Vollſtaͤndigkeit aller Glieder voraus; und
aus der Erfahrung erhellet, daß man ver-
ſchiedene Fertigkeiten der bewegenden Kraft
erhalten koͤnne. Derowegen iſt der Menſch
allerdings verbunden, die Vollſtaͤndig-
keit aller Glieder des Leibes zu erhal-
ten, und die Fertigkeiten ſeiner bewe-
genden Kraft zu erlangen, die er, um
recht zu handeln, noͤthig hat (§. 106.
52.); folglich muß ihre Verſchlimme-
rung und Verluſt vermieden werden.
Und alſo muß der Menſch ſeinen Leib
und ſein Leben zu erhalten trachten;
folgends iſt der Selbſtmord, oder die Av-
tochirie unerlaubt (§. 51.).
§. 113.
Derjenige Zuſtand des Leibes, in welchem
alle Theile deſſelben ihre Verrichtungen gehoͤ-
rig ausuͤben, wird die Geſundheit ge-
nannt; der entgegengeſetzte Zuſtand, in wel-
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brauch, dazu ſie gewiedmet, nicht geſchickt
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/108>, abgerufen am 21.11.2024.
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