Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

des Herrn Bonnet.
Beweis der Epigenesis hinzusetzen.hergenom-
men ist.

Es ist eine bekannte Beobachtung, daß
die ersten Anfänge der Theile bey den Thieren so
wohl als auch bey Pflanzen flüßig sind. Mal-
pigh
und Harwäus haben es schon bemerkt.
Boerhave hat es in seiner Physiologie allenthal-
ben eingeführt, der Herr von Haller hat es in
seinen neuen Beobachtungen bestätiget, und ich
habe es eben so befunden; nur Herr Bonnet, der
keine Versuche hierüber selber angestellt hat, läug-
net es. Allein daran liegt nicht viel; das Zeug-
niß eines Malpighs und Hallers, besonders
da sie selber Vertheidiger der Evolution sind, gilt
mehr, und die Sache ist zu klar und zu gewiß, als
daß das Läugnen des Herren Bonnets in einige
Betrachtung gezogen werden könnte. Das Ge-
hirn ist beym Embryo so flüßig wie Wasser. Jn
der Folge bekommt es eine etwas dickere Consi-
stenz, allein es bleibt noch lange so, daß es als ein
flüßiger Körper angesehen werden muß, und nicht
unter die festen Theile gerechnet werden kann, so
wenig wie der Schleim ein solider Körper genennt
werden kann, ob er gleich einigen Grad der Zä-
higkeit hat. Die Theile der Pflanzen sind in ihren
erstern Anfängen zwar nicht so dünne wie Wasser,
allein daß sie wahre Säfte und keine feste Theile
sind, bezeigt dieser einzige Charakter, daß sie sich
wie dünne harzigte oder gummigte Substanzen in
Faden auseinander ziehen lassen. Hiedurch unter-
scheiden sich die Säfte unsers Körpers und der
Pflanzen von den wahren festen Theilen desselben.

Jene
J 2

des Herrn Bonnet.
Beweis der Epigeneſis hinzuſetzen.hergenom-
men iſt.

Es iſt eine bekannte Beobachtung, daß
die erſten Anfaͤnge der Theile bey den Thieren ſo
wohl als auch bey Pflanzen fluͤßig ſind. Mal-
pigh
und Harwaͤus haben es ſchon bemerkt.
Boerhave hat es in ſeiner Phyſiologie allenthal-
ben eingefuͤhrt, der Herr von Haller hat es in
ſeinen neuen Beobachtungen beſtaͤtiget, und ich
habe es eben ſo befunden; nur Herr Bonnet, der
keine Verſuche hieruͤber ſelber angeſtellt hat, laͤug-
net es. Allein daran liegt nicht viel; das Zeug-
niß eines Malpighs und Hallers, beſonders
da ſie ſelber Vertheidiger der Evolution ſind, gilt
mehr, und die Sache iſt zu klar und zu gewiß, als
daß das Laͤugnen des Herren Bonnets in einige
Betrachtung gezogen werden koͤnnte. Das Ge-
hirn iſt beym Embryo ſo fluͤßig wie Waſſer. Jn
der Folge bekommt es eine etwas dickere Conſi-
ſtenz, allein es bleibt noch lange ſo, daß es als ein
fluͤßiger Koͤrper angeſehen werden muß, und nicht
unter die feſten Theile gerechnet werden kann, ſo
wenig wie der Schleim ein ſolider Koͤrper genennt
werden kann, ob er gleich einigen Grad der Zaͤ-
higkeit hat. Die Theile der Pflanzen ſind in ihren
erſtern Anfaͤngen zwar nicht ſo duͤnne wie Waſſer,
allein daß ſie wahre Saͤfte und keine feſte Theile
ſind, bezeigt dieſer einzige Charakter, daß ſie ſich
wie duͤnne harzigte oder gummigte Subſtanzen in
Faden auseinander ziehen laſſen. Hiedurch unter-
ſcheiden ſich die Saͤfte unſers Koͤrpers und der
Pflanzen von den wahren feſten Theilen deſſelben.

Jene
J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0153" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Herrn Bonnet.</hi></fw><lb/>
Beweis der Epigene&#x017F;is hinzu&#x017F;etzen.<note place="right">hergenom-<lb/>
men i&#x017F;t.</note><lb/>
Es i&#x017F;t eine bekannte Beobachtung, daß<lb/>
die er&#x017F;ten Anfa&#x0364;nge der Theile bey den Thieren &#x017F;o<lb/>
wohl als auch bey Pflanzen flu&#x0364;ßig &#x017F;ind. <hi rendition="#fr">Mal-<lb/>
pigh</hi> und <hi rendition="#fr">Harwa&#x0364;us</hi> haben es &#x017F;chon bemerkt.<lb/><hi rendition="#fr">Boerhave</hi> hat es in &#x017F;einer Phy&#x017F;iologie allenthal-<lb/>
ben eingefu&#x0364;hrt, der Herr <hi rendition="#fr">von Haller</hi> hat es in<lb/>
&#x017F;einen neuen Beobachtungen be&#x017F;ta&#x0364;tiget, und ich<lb/>
habe es eben &#x017F;o befunden; nur Herr <hi rendition="#fr">Bonnet,</hi> der<lb/>
keine Ver&#x017F;uche hieru&#x0364;ber &#x017F;elber ange&#x017F;tellt hat, la&#x0364;ug-<lb/>
net es. Allein daran liegt nicht viel; das Zeug-<lb/>
niß eines <hi rendition="#fr">Malpighs</hi> und <hi rendition="#fr">Hallers,</hi> be&#x017F;onders<lb/>
da &#x017F;ie &#x017F;elber Vertheidiger der Evolution &#x017F;ind, gilt<lb/>
mehr, und die Sache i&#x017F;t zu klar und zu gewiß, als<lb/>
daß das La&#x0364;ugnen des Herren <hi rendition="#fr">Bonnets</hi> in einige<lb/>
Betrachtung gezogen werden ko&#x0364;nnte. Das Ge-<lb/>
hirn i&#x017F;t beym Embryo &#x017F;o flu&#x0364;ßig wie Wa&#x017F;&#x017F;er. Jn<lb/>
der Folge bekommt es eine etwas dickere Con&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;tenz, allein es bleibt noch lange &#x017F;o, daß es als ein<lb/>
flu&#x0364;ßiger Ko&#x0364;rper ange&#x017F;ehen werden muß, und nicht<lb/>
unter die fe&#x017F;ten Theile gerechnet werden kann, &#x017F;o<lb/>
wenig wie der Schleim ein &#x017F;olider Ko&#x0364;rper genennt<lb/>
werden kann, ob er gleich einigen Grad der Za&#x0364;-<lb/>
higkeit hat. Die Theile der Pflanzen &#x017F;ind in ihren<lb/>
er&#x017F;tern Anfa&#x0364;ngen zwar nicht &#x017F;o du&#x0364;nne wie Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
allein daß &#x017F;ie wahre Sa&#x0364;fte und keine fe&#x017F;te Theile<lb/>
&#x017F;ind, bezeigt die&#x017F;er einzige Charakter, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
wie du&#x0364;nne harzigte oder gummigte Sub&#x017F;tanzen in<lb/>
Faden auseinander ziehen la&#x017F;&#x017F;en. Hiedurch unter-<lb/>
&#x017F;cheiden &#x017F;ich die Sa&#x0364;fte un&#x017F;ers Ko&#x0364;rpers und der<lb/>
Pflanzen von den wahren fe&#x017F;ten Theilen de&#x017F;&#x017F;elben.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Jene</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0153] des Herrn Bonnet. Beweis der Epigeneſis hinzuſetzen. Es iſt eine bekannte Beobachtung, daß die erſten Anfaͤnge der Theile bey den Thieren ſo wohl als auch bey Pflanzen fluͤßig ſind. Mal- pigh und Harwaͤus haben es ſchon bemerkt. Boerhave hat es in ſeiner Phyſiologie allenthal- ben eingefuͤhrt, der Herr von Haller hat es in ſeinen neuen Beobachtungen beſtaͤtiget, und ich habe es eben ſo befunden; nur Herr Bonnet, der keine Verſuche hieruͤber ſelber angeſtellt hat, laͤug- net es. Allein daran liegt nicht viel; das Zeug- niß eines Malpighs und Hallers, beſonders da ſie ſelber Vertheidiger der Evolution ſind, gilt mehr, und die Sache iſt zu klar und zu gewiß, als daß das Laͤugnen des Herren Bonnets in einige Betrachtung gezogen werden koͤnnte. Das Ge- hirn iſt beym Embryo ſo fluͤßig wie Waſſer. Jn der Folge bekommt es eine etwas dickere Conſi- ſtenz, allein es bleibt noch lange ſo, daß es als ein fluͤßiger Koͤrper angeſehen werden muß, und nicht unter die feſten Theile gerechnet werden kann, ſo wenig wie der Schleim ein ſolider Koͤrper genennt werden kann, ob er gleich einigen Grad der Zaͤ- higkeit hat. Die Theile der Pflanzen ſind in ihren erſtern Anfaͤngen zwar nicht ſo duͤnne wie Waſſer, allein daß ſie wahre Saͤfte und keine feſte Theile ſind, bezeigt dieſer einzige Charakter, daß ſie ſich wie duͤnne harzigte oder gummigte Subſtanzen in Faden auseinander ziehen laſſen. Hiedurch unter- ſcheiden ſich die Saͤfte unſers Koͤrpers und der Pflanzen von den wahren feſten Theilen deſſelben. Jene hergenom- men iſt. J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/153
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/153>, abgerufen am 03.05.2024.