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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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den römischen Kaiser; aber siebzehn Jahre später fällt Odovakar selbst pwo_068.002
durch List von der Hand Theodorichs. An diese große Persönlichkeit pwo_068.003
knüpft sich die Blüte des ostgothischen Reiches. Schon 552 erliegt pwo_068.004
auch dieses dem Ansturm des byzantinischen Heeres.

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Was macht aus diesen geschichtlichen Thatsachen die Volksphantasie? pwo_068.006
Jn ihr blieb der endgültige Untergang des Ostgothenreiches fester pwo_068.007
haften als die vorübergegangene Blüte. Andererseits war ihr Theodorich pwo_068.008
(Dietrich) als Hauptträger ostgothischer Heldenkämpfe geläufig. pwo_068.009
So kehrt sie die geschichtliche Ueberlieferung geradezu um: Ermanrich pwo_068.010
wird mit Odovakar zusammengeworfen und zum gefährlichsten Feind pwo_068.011
Dietrichs gestempelt. Vor seinem Zorn flieht Dietrich; alle Mannen, pwo_068.012
d. h. sein ganzes Reich, hat er verloren. Später aber kehrt er zurück pwo_068.013
und wird in Rom gekrönt. Dazwischen erscheint er, nach seiner pwo_068.014
Flucht, an Etzels Hof in einer Art Abhängigkeitsverhältnis, äußerlich pwo_068.015
etwa wie in der Geschichte sein Vater Theodomer, während Dietrich pwo_068.016
selbst gar kein Zeitgenosse des Etzel ist.

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Noch schärfer können wir die geschichtlichen Bestandteile der pwo_068.018
Burgundensage von einander scheiden bezw. in ihrem Zusammenwachsen pwo_068.019
verfolgen. Jns Jahr 437 fällt die Besiegung der Burgunden unter pwo_068.020
Gundahari durch die Hunnen. 454 stirbt Etzel, unmittelbar nach pwo_068.021
seiner (zweiten) Vermählung mit der Burgundin Hildiko. Erst 534 pwo_068.022
erfolgt die Zerstörung des Burgundenreiches jenseits der Vogesen auf pwo_068.023
Veranlassung der mit Chlodwig I. von Franken vermählten burgundischen pwo_068.024
Prinzessin Chlothilde durch deren Söhne.

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Aus allem diesen wird zunächst die Vermählung von Gundaharis pwo_068.026
Schwester mit Etzel, sowie dessen Tod von der Hand seiner Neuvermählten. pwo_068.027
Diese Fassung der Sage gelangt noch vor Ablauf des pwo_068.028
fünften Jahrhunderts stufenweise zur Ausbildung. Als Motiv der pwo_068.029
Thäterin erscheint Rache für ihre Brüder. So gelangt die Sage nach pwo_068.030
Skandinavien, und die nordische Darstellung zeugt noch für diese der pwo_068.031
Geschichte näher stehende Auffassung. Nach der 534 erfolgten Zerstörung pwo_068.032
des Burgundenreiches erfährt der Abschluß der Sage eine pwo_068.033
volle Umbiegung, indem nun die burgundische Prinzessin nicht mehr pwo_068.034
ihre Brüder an Etzel rächt, sondern mit Etzels Hilfe an ihren Brüdern pwo_068.035
Rache nimmt. Eine Begründung dieser Rache bot sich durch pwo_068.036
ein inzwischen von anderer Seite hinzugeflossenes Element: auch die

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den römischen Kaiser; aber siebzehn Jahre später fällt Odovakar selbst pwo_068.002
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auch dieses dem Ansturm des byzantinischen Heeres.

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  Was macht aus diesen geschichtlichen Thatsachen die Volksphantasie? pwo_068.006
Jn ihr blieb der endgültige Untergang des Ostgothenreiches fester pwo_068.007
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Gundahari durch die Hunnen. 454 stirbt Etzel, unmittelbar nach pwo_068.021
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Prinzessin Chlothilde durch deren Söhne.

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Thäterin erscheint Rache für ihre Brüder. So gelangt die Sage nach pwo_068.030
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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/82>, abgerufen am 09.11.2024.