Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_052.001 Das Abstrakte einerseits wird in konkreter Gestalt poetisch. Jn pwo_052.005
Ausgedehnter findet sich diese Darstellungsweise schon in Gottfrieds pwo_052.011
u. s. f. Ueberhand nimmt die Allegorie in der Didaktik des 13. Jahrhunderts, pwo_052.021
Andererseits werden die materiellsten und scheinbar materialistischsten pwo_052.031 "Die Papiere - feilgeboten - pwo_052.037
Steigen - fallen - o Gemeinheit! pwo_052.001 Das Abstrakte einerseits wird in konkreter Gestalt poetisch. Jn pwo_052.005
Ausgedehnter findet sich diese Darstellungsweise schon in Gottfrieds pwo_052.011
u. s. f. Ueberhand nimmt die Allegorie in der Didaktik des 13. Jahrhunderts, pwo_052.021
Andererseits werden die materiellsten und scheinbar materialistischsten pwo_052.031 „Die Papiere – feilgeboten – pwo_052.037
Steigen – fallen – o Gemeinheit! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0066" n="52"/><lb n="pwo_052.001"/> überhaupt als viertes Reich die Herrschaft des Geistes begründet. <lb n="pwo_052.002"/> So wird schließlich Körperliches und Geistiges allgemein in Austausch <lb n="pwo_052.003"/> gesetzt.</p> <lb n="pwo_052.004"/> <p> Das Abstrakte einerseits wird in konkreter Gestalt poetisch. Jn <lb n="pwo_052.005"/> der deutschen Dichtung zeigt sich die Neigung zu solcher <hi rendition="#g">Allegorie</hi> <lb n="pwo_052.006"/> (d. i. zu <hi rendition="#g">anderem,</hi> nämlich bildlichem <hi rendition="#g">Ausdruck</hi>) zunächst spärlich <lb n="pwo_052.007"/> in der Personifikation der „Frau Minne“, erst gegen Ende des <lb n="pwo_052.008"/> 12. Jahrhunderts; dann ruft auch bald Walther von der Vogelweide:</p> <lb n="pwo_052.009"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Frô unfuoge, ir habt gesiget.“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_052.010"/> <p> Ausgedehnter findet sich diese Darstellungsweise schon in Gottfrieds <lb n="pwo_052.011"/> „Tristan“:</p> <lb n="pwo_052.012"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Ir kleider wâren ûf geleit</l> <lb n="pwo_052.013"/> <l>mit vier hande rîcheit,</l> <lb n="pwo_052.014"/> <l>und was der vierre iegelîch</l> <lb n="pwo_052.015"/> <l>in ir ambete rîch.</l> <lb n="pwo_052.016"/> <l>daz eine daz was hôher muot;</l> <lb n="pwo_052.017"/> <l>daz ander daz was vollez guot;</l> <lb n="pwo_052.018"/> <l>daz dritte was bescheidenheit,</l> <lb n="pwo_052.019"/> <l>diu disiu zwei ze samene sneit“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_052.020"/> <p>u. s. f. Ueberhand nimmt die Allegorie in der Didaktik des 13. Jahrhunderts, <lb n="pwo_052.021"/> wie denn die nun hereinbrechende didaktische Epoche als <lb n="pwo_052.022"/> eigentlicher Nährboden der Allegorie erscheint. So fragt Reinmar <lb n="pwo_052.023"/> von Zweter:</p> <lb n="pwo_052.024"/> <p> <hi rendition="#aq"> <lg> <l>„Waz kleider frowen wol an stê?</l> <lb n="pwo_052.025"/> <l>des wil ich iuch bescheidn. ein hemde wîz alsam ein snê:</l> <lb n="pwo_052.026"/> <l>daz ist, daz si got minne und habe in liep; dêst wol ein rîchez kleit.</l> <lb n="pwo_052.027"/> <l>dar obe sol sîn ein roc gesniten,</l> <lb n="pwo_052.028"/> <l>sô daz si liep und leit sol tragen mit vil kiuschen siten.</l> <lb n="pwo_052.029"/> <l>ir gürtel sî diu minne; ir vürspan, daz si tugende sî bereit ...“</l> </lg> </hi> </p> <lb n="pwo_052.030"/> <p> Andererseits werden die materiellsten und scheinbar materialistischsten <lb n="pwo_052.031"/> Dinge, die Schöpfungen des Mechanismus, durch Uebertragung <lb n="pwo_052.032"/> in das Gebiet der lebendigen Welt, sei es der Natur oder des <lb n="pwo_052.033"/> Geistes, poetisch. Diese <hi rendition="#g">Symbolisierung</hi> vermag selbst die prosaischsten <lb n="pwo_052.034"/> Dinge poetisch annehmbar zu machen. So verhilft Karl <lb n="pwo_052.035"/> Beck den Eisenbahnaktien zu einem poetischen Eindruck:</p> <lb n="pwo_052.036"/> <lg> <l>„Die Papiere – feilgeboten –</l> <lb n="pwo_052.037"/> <l>Steigen – fallen – o Gemeinheit!</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0066]
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überhaupt als viertes Reich die Herrschaft des Geistes begründet. pwo_052.002
So wird schließlich Körperliches und Geistiges allgemein in Austausch pwo_052.003
gesetzt.
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Das Abstrakte einerseits wird in konkreter Gestalt poetisch. Jn pwo_052.005
der deutschen Dichtung zeigt sich die Neigung zu solcher Allegorie pwo_052.006
(d. i. zu anderem, nämlich bildlichem Ausdruck) zunächst spärlich pwo_052.007
in der Personifikation der „Frau Minne“, erst gegen Ende des pwo_052.008
12. Jahrhunderts; dann ruft auch bald Walther von der Vogelweide:
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„Frô unfuoge, ir habt gesiget.“
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Ausgedehnter findet sich diese Darstellungsweise schon in Gottfrieds pwo_052.011
„Tristan“:
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„Ir kleider wâren ûf geleit pwo_052.013
mit vier hande rîcheit, pwo_052.014
und was der vierre iegelîch pwo_052.015
in ir ambete rîch. pwo_052.016
daz eine daz was hôher muot; pwo_052.017
daz ander daz was vollez guot; pwo_052.018
daz dritte was bescheidenheit, pwo_052.019
diu disiu zwei ze samene sneit“
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u. s. f. Ueberhand nimmt die Allegorie in der Didaktik des 13. Jahrhunderts, pwo_052.021
wie denn die nun hereinbrechende didaktische Epoche als pwo_052.022
eigentlicher Nährboden der Allegorie erscheint. So fragt Reinmar pwo_052.023
von Zweter:
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„Waz kleider frowen wol an stê? pwo_052.025
des wil ich iuch bescheidn. ein hemde wîz alsam ein snê: pwo_052.026
daz ist, daz si got minne und habe in liep; dêst wol ein rîchez kleit. pwo_052.027
dar obe sol sîn ein roc gesniten, pwo_052.028
sô daz si liep und leit sol tragen mit vil kiuschen siten. pwo_052.029
ir gürtel sî diu minne; ir vürspan, daz si tugende sî bereit ...“
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Andererseits werden die materiellsten und scheinbar materialistischsten pwo_052.031
Dinge, die Schöpfungen des Mechanismus, durch Uebertragung pwo_052.032
in das Gebiet der lebendigen Welt, sei es der Natur oder des pwo_052.033
Geistes, poetisch. Diese Symbolisierung vermag selbst die prosaischsten pwo_052.034
Dinge poetisch annehmbar zu machen. So verhilft Karl pwo_052.035
Beck den Eisenbahnaktien zu einem poetischen Eindruck:
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„Die Papiere – feilgeboten – pwo_052.037
Steigen – fallen – o Gemeinheit!
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