Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_226.001 Jm Aufbau bewahren die Aristophanischen Komödien die Einheit pwo_226.013 pwo_226.032 § 87. pwo_226.033 pwo_226.034Die nachklassische antike Komödie. Die versöhnliche Weltanschauung der klassischen Komödie, welche pwo_226.035 pwo_226.001 Jm Aufbau bewahren die Aristophanischen Komödien die Einheit pwo_226.013 pwo_226.032 § 87. pwo_226.033 pwo_226.034Die nachklassische antike Komödie. Die versöhnliche Weltanschauung der klassischen Komödie, welche pwo_226.035 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0240" n="226"/><lb n="pwo_226.001"/> bleibt diese Wendung sekundär, der rein heiteren Endwirkung unter- <lb n="pwo_226.002"/> oder doch eingeordnet. Nicht in tendenziöser Herausarbeitung einer <lb n="pwo_226.003"/> solchen Abfertigung enden denn auch die Aristophanischen Stücke, sondern <lb n="pwo_226.004"/> mit Vorliebe in Uebermut und hellem Siegesjubel. Die befreiende <lb n="pwo_226.005"/> Macht des Humors, jener gemütvoll heitern Betrachtung der <lb n="pwo_226.006"/> Menschen, schwingt sich selbst nach manchem Peitschenhieb schließlich <lb n="pwo_226.007"/> über alles Aergnis des Rohstoffes hinaus und überwindet den Schlechten <lb n="pwo_226.008"/> wie den Tugendbold vorherrschend nicht sowohl durch Sittenrichterei <lb n="pwo_226.009"/> als vielmehr durch liebenswürdige Aufdeckung des Kleinmenschlichen <lb n="pwo_226.010"/> in allem irdischen Treiben. Die Macht des Bösen ist <lb n="pwo_226.011"/> nicht ernst genommen, ist viel zu lächerlich, um zu beunruhigen. –</p> <lb n="pwo_226.012"/> <p> Jm Aufbau bewahren die Aristophanischen Komödien die Einheit <lb n="pwo_226.013"/> des Ortes und der Zeit äußerlich insofern, als ein wirklicher Scenenwechsel <lb n="pwo_226.014"/> und gar eine wirkliche Zwischenpause wohl kaum vorauszusetzen <lb n="pwo_226.015"/> ist. Aber innerlich fesselt sich die dramatische Form keineswegs <lb n="pwo_226.016"/> in diese engen Bande. Weder in den „Acharnern“ noch in den <lb n="pwo_226.017"/> „Fröschen“ erscheint ein Scenenwechsel möglich, obgleich die Handlung <lb n="pwo_226.018"/> sich auf verschiedene Orte erstreckt. Namentlich die Scene der „Frösche“ <lb n="pwo_226.019"/> ist ausdrücklich vorschreitend zu denken, wie der alte Dithyrambos <lb n="pwo_226.020"/> schreitend gesungen ward. Herakles weist die Reisenden an den <lb n="pwo_226.021"/> Acheron, Dionys wird übergesetzt, er pocht an die Pforten der Unterwelt, <lb n="pwo_226.022"/> gelangt vor Plutos Palast, ohne daß der Dialog wirkliche <lb n="pwo_226.023"/> Unterbrechung erleidet. Aehnlich wird in den „Vögeln“ die Herbeischaffung <lb n="pwo_226.024"/> der Basileia aus dem Himmel kaum zugesagt, als man sich <lb n="pwo_226.025"/> auch schon zu ihrem Empfang rüstet und sie thatsächlich sogleich erscheint. <lb n="pwo_226.026"/> Was somit äußerer Notbehelf der primitiven, überdies an <lb n="pwo_226.027"/> den Chor gebundenen griechischen Bühne war, erscheint durchaus nicht <lb n="pwo_226.028"/> als ein organisches Gesetz derselben. Wechseln doch sogar in den <lb n="pwo_226.029"/> „Fröschen“ <hi rendition="#g">mit</hi> der wechselnden Gegend die Chöre: vor dem Chor <lb n="pwo_226.030"/> der Geweihten stimmt bereits ein Froschchor Gesänge an, allerdings <lb n="pwo_226.031"/> hinter der Scene.</p> </div> <div n="4"> <lb n="pwo_226.032"/> <head> <hi rendition="#c">§ 87. <lb n="pwo_226.033"/> Die nachklassische antike Komödie.</hi> </head> <lb n="pwo_226.034"/> <p> Die versöhnliche Weltanschauung der klassischen Komödie, welche <lb n="pwo_226.035"/> allen Gebrechen der Zeit eine heitere Seite abgewinnt, gedeiht am </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0240]
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bleibt diese Wendung sekundär, der rein heiteren Endwirkung unter- pwo_226.002
oder doch eingeordnet. Nicht in tendenziöser Herausarbeitung einer pwo_226.003
solchen Abfertigung enden denn auch die Aristophanischen Stücke, sondern pwo_226.004
mit Vorliebe in Uebermut und hellem Siegesjubel. Die befreiende pwo_226.005
Macht des Humors, jener gemütvoll heitern Betrachtung der pwo_226.006
Menschen, schwingt sich selbst nach manchem Peitschenhieb schließlich pwo_226.007
über alles Aergnis des Rohstoffes hinaus und überwindet den Schlechten pwo_226.008
wie den Tugendbold vorherrschend nicht sowohl durch Sittenrichterei pwo_226.009
als vielmehr durch liebenswürdige Aufdeckung des Kleinmenschlichen pwo_226.010
in allem irdischen Treiben. Die Macht des Bösen ist pwo_226.011
nicht ernst genommen, ist viel zu lächerlich, um zu beunruhigen. –
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Jm Aufbau bewahren die Aristophanischen Komödien die Einheit pwo_226.013
des Ortes und der Zeit äußerlich insofern, als ein wirklicher Scenenwechsel pwo_226.014
und gar eine wirkliche Zwischenpause wohl kaum vorauszusetzen pwo_226.015
ist. Aber innerlich fesselt sich die dramatische Form keineswegs pwo_226.016
in diese engen Bande. Weder in den „Acharnern“ noch in den pwo_226.017
„Fröschen“ erscheint ein Scenenwechsel möglich, obgleich die Handlung pwo_226.018
sich auf verschiedene Orte erstreckt. Namentlich die Scene der „Frösche“ pwo_226.019
ist ausdrücklich vorschreitend zu denken, wie der alte Dithyrambos pwo_226.020
schreitend gesungen ward. Herakles weist die Reisenden an den pwo_226.021
Acheron, Dionys wird übergesetzt, er pocht an die Pforten der Unterwelt, pwo_226.022
gelangt vor Plutos Palast, ohne daß der Dialog wirkliche pwo_226.023
Unterbrechung erleidet. Aehnlich wird in den „Vögeln“ die Herbeischaffung pwo_226.024
der Basileia aus dem Himmel kaum zugesagt, als man sich pwo_226.025
auch schon zu ihrem Empfang rüstet und sie thatsächlich sogleich erscheint. pwo_226.026
Was somit äußerer Notbehelf der primitiven, überdies an pwo_226.027
den Chor gebundenen griechischen Bühne war, erscheint durchaus nicht pwo_226.028
als ein organisches Gesetz derselben. Wechseln doch sogar in den pwo_226.029
„Fröschen“ mit der wechselnden Gegend die Chöre: vor dem Chor pwo_226.030
der Geweihten stimmt bereits ein Froschchor Gesänge an, allerdings pwo_226.031
hinter der Scene.
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Die nachklassische antike Komödie. pwo_226.034
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allen Gebrechen der Zeit eine heitere Seite abgewinnt, gedeiht am
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