Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_221.001 "Aufflammen laß den Glutschein, schwing die Fackel in den Händen. pwo_221.004 pwo_221.011Jakchos, o Jakchos! pwo_221.005 Heller Stern der nächt'gen Feier, pwo_221.006 Sieh, im Glanze strahlt die Aue; pwo_221.007 Selbst der Greis hebt seinen Fuß leicht pwo_221.008 Und abwirft er seine Sorgen, pwo_221.009 Und die Drangsal seiner Jahre pwo_221.010 Schwindet ihm in heil'ger Festlust ..." Nachdem der Chorführer Unberufene aus dem Weg der Geweihten pwo_221.012 "Laßt ziehn uns mit einander pwo_221.014 pwo_221.018Zur blumenreichen Aue; pwo_221.015 Dort tanzt und jubilieret pwo_221.016 Mit ausgelaßner Freude; pwo_221.017 Dem Ernst sei nun ein End' gemacht." Nun geht er in überschwängliche Hymnen zu Ehren der Demeter über, pwo_221.019"Die unsern Gefilden Gedeihen verleiht". pwo_221.020Aus solcher wilden, religiös geweihten Weltlust ist die Komödie pwo_221.021 Da die sizilische Komödie schnell abblüht, kommt wiederum pwo_221.023 Zunächst blieb die Komödie sich selbst überlassen. Solange sie pwo_221.032 pwo_221.001 „Aufflammen laß den Glutschein, schwing die Fackel in den Händen. pwo_221.004 pwo_221.011Jakchos, o Jakchos! pwo_221.005 Heller Stern der nächt'gen Feier, pwo_221.006 Sieh, im Glanze strahlt die Aue; pwo_221.007 Selbst der Greis hebt seinen Fuß leicht pwo_221.008 Und abwirft er seine Sorgen, pwo_221.009 Und die Drangsal seiner Jahre pwo_221.010 Schwindet ihm in heil'ger Festlust ...“ Nachdem der Chorführer Unberufene aus dem Weg der Geweihten pwo_221.012 „Laßt ziehn uns mit einander pwo_221.014 pwo_221.018Zur blumenreichen Aue; pwo_221.015 Dort tanzt und jubilieret pwo_221.016 Mit ausgelaßner Freude; pwo_221.017 Dem Ernst sei nun ein End' gemacht.“ Nun geht er in überschwängliche Hymnen zu Ehren der Demeter über, pwo_221.019„Die unsern Gefilden Gedeihen verleiht“. pwo_221.020Aus solcher wilden, religiös geweihten Weltlust ist die Komödie pwo_221.021 Da die sizilische Komödie schnell abblüht, kommt wiederum pwo_221.023 Zunächst blieb die Komödie sich selbst überlassen. Solange sie pwo_221.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0235" n="221"/><lb n="pwo_221.001"/> der Mysten, den die „Frösche“ auf die Scene führen, einen Nachklang <lb n="pwo_221.002"/> dieses Geistes wie der Formen, in die er sich kleidete.</p> <lb n="pwo_221.003"/> <lg> <l>„Aufflammen laß den Glutschein, schwing die Fackel in den Händen.</l> <lb n="pwo_221.004"/> <l> Jakchos, o Jakchos!</l> <lb n="pwo_221.005"/> <l>Heller Stern der nächt'gen Feier,</l> <lb n="pwo_221.006"/> <l>Sieh, im Glanze strahlt die Aue;</l> <lb n="pwo_221.007"/> <l>Selbst der Greis hebt seinen Fuß leicht</l> <lb n="pwo_221.008"/> <l>Und abwirft er seine Sorgen,</l> <lb n="pwo_221.009"/> <l>Und die Drangsal seiner Jahre</l> <lb n="pwo_221.010"/> <l>Schwindet ihm in heil'ger Festlust ...“</l> </lg> <lb n="pwo_221.011"/> <p>Nachdem der Chorführer Unberufene aus dem Weg der Geweihten <lb n="pwo_221.012"/> fortgewiesen, stimmt der Chor an:</p> <lb n="pwo_221.013"/> <lg> <l>„Laßt ziehn uns mit einander</l> <lb n="pwo_221.014"/> <l>Zur blumenreichen Aue;</l> <lb n="pwo_221.015"/> <l>Dort tanzt und jubilieret</l> <lb n="pwo_221.016"/> <l>Mit ausgelaßner Freude;</l> <lb n="pwo_221.017"/> <l> Dem Ernst sei nun ein End' gemacht.“</l> </lg> <lb n="pwo_221.018"/> <p>Nun geht er in überschwängliche Hymnen zu Ehren der Demeter über,</p> <lb n="pwo_221.019"/> <lg> <l>„Die unsern Gefilden Gedeihen verleiht“.</l> </lg> <lb n="pwo_221.020"/> <p>Aus solcher wilden, religiös geweihten Weltlust ist die Komödie <lb n="pwo_221.021"/> erwachsen.</p> <lb n="pwo_221.022"/> <p> Da die sizilische Komödie schnell abblüht, kommt wiederum <lb n="pwo_221.023"/> wesentlich die Ausbildung dieser Form auf attischem Boden in betracht. <lb n="pwo_221.024"/> Die vorschreitende Entwicklung aus dem Chorgesang zum Dialog läßt <lb n="pwo_221.025"/> sich nicht bei geschichtlich gleich klarer Beleuchtung wie auf tragischem <lb n="pwo_221.026"/> Boden verfolgen. Ebenfalls kamen Masken zur Anwendung, nur <lb n="pwo_221.027"/> naturgemäß geflissentlich groteskere, wie denn auch das Kostüm des <lb n="pwo_221.028"/> Chors so wunderlich wie möglich war. Anstelle des tragischen <lb n="pwo_221.029"/> Kothurns, welcher die Erhebung über die gewöhnlich-irdische Sphäre <lb n="pwo_221.030"/> und Stilart schon äußerlich markierte, trat der niedrige Sokkos.</p> <lb n="pwo_221.031"/> <p> Zunächst blieb die Komödie sich selbst überlassen. Solange sie <lb n="pwo_221.032"/> den improvisatorischen Charakter nicht abgestreift, konnte sie kaum als <lb n="pwo_221.033"/> Kunstform gelten. Selbst dann noch verstrich geraume Zeit, bis <lb n="pwo_221.034"/> man sie der Tragödie äußerlich gleichstellte. Aristoteles beklagt <lb n="pwo_221.035"/> (Poetik, 5. Kapitel), daß man sich um die Komödie anfangs nicht <lb n="pwo_221.036"/> ernstlich bekümmerte: „So bewilligte auch der Archon erst spät einen </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0235]
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der Mysten, den die „Frösche“ auf die Scene führen, einen Nachklang pwo_221.002
dieses Geistes wie der Formen, in die er sich kleidete.
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„Aufflammen laß den Glutschein, schwing die Fackel in den Händen. pwo_221.004
Jakchos, o Jakchos! pwo_221.005
Heller Stern der nächt'gen Feier, pwo_221.006
Sieh, im Glanze strahlt die Aue; pwo_221.007
Selbst der Greis hebt seinen Fuß leicht pwo_221.008
Und abwirft er seine Sorgen, pwo_221.009
Und die Drangsal seiner Jahre pwo_221.010
Schwindet ihm in heil'ger Festlust ...“
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Nachdem der Chorführer Unberufene aus dem Weg der Geweihten pwo_221.012
fortgewiesen, stimmt der Chor an:
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Zur blumenreichen Aue; pwo_221.015
Dort tanzt und jubilieret pwo_221.016
Mit ausgelaßner Freude; pwo_221.017
Dem Ernst sei nun ein End' gemacht.“
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Nun geht er in überschwängliche Hymnen zu Ehren der Demeter über,
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„Die unsern Gefilden Gedeihen verleiht“.
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Aus solcher wilden, religiös geweihten Weltlust ist die Komödie pwo_221.021
erwachsen.
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Da die sizilische Komödie schnell abblüht, kommt wiederum pwo_221.023
wesentlich die Ausbildung dieser Form auf attischem Boden in betracht. pwo_221.024
Die vorschreitende Entwicklung aus dem Chorgesang zum Dialog läßt pwo_221.025
sich nicht bei geschichtlich gleich klarer Beleuchtung wie auf tragischem pwo_221.026
Boden verfolgen. Ebenfalls kamen Masken zur Anwendung, nur pwo_221.027
naturgemäß geflissentlich groteskere, wie denn auch das Kostüm des pwo_221.028
Chors so wunderlich wie möglich war. Anstelle des tragischen pwo_221.029
Kothurns, welcher die Erhebung über die gewöhnlich-irdische Sphäre pwo_221.030
und Stilart schon äußerlich markierte, trat der niedrige Sokkos.
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Zunächst blieb die Komödie sich selbst überlassen. Solange sie pwo_221.032
den improvisatorischen Charakter nicht abgestreift, konnte sie kaum als pwo_221.033
Kunstform gelten. Selbst dann noch verstrich geraume Zeit, bis pwo_221.034
man sie der Tragödie äußerlich gleichstellte. Aristoteles beklagt pwo_221.035
(Poetik, 5. Kapitel), daß man sich um die Komödie anfangs nicht pwo_221.036
ernstlich bekümmerte: „So bewilligte auch der Archon erst spät einen
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