Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_175.001 "Lieblich in der Bräute Locken" pwo_175.002- die Mehrheit Bräute verrät schon den allgemeinen Charakter - pwo_175.003"Spielt der jungfräuliche Kranz, pwo_175.004 pwo_175.006Wenn die hellen Kirchenglocken pwo_175.005 Laden zu des Festes Glanz." Alsbald wird in eine, wennschon sehr wirksam plastische Ausdeutung pwo_175.007 "Ach! des Lebens schönste Feier pwo_175.009 pwo_175.012Endigt auch den Lebensmai, pwo_175.010 Mit dem Gürtel, mit dem Schleier pwo_175.011 Reißt der schöne Wahn entzwei." Auch weiterhin findet eines Schiller plastische Phantasie Bildlichkeit pwo_175.013 "Die Leidenschaft flieht, pwo_175.015 pwo_175.018Die Liebe muß bleiben; pwo_175.016 Die Blume verblüht, pwo_175.017 Die Frucht muß treiben." Aber es wird begreiflich, wie dieser Stil unter minder schöpferischen pwo_175.019 "Und wär' in Nacht und Nebeldampf pwo_175.023 pwo_175.030Auch alles rings erstorben, pwo_175.024 Dies Herz hat längst für jeden Kampf pwo_175.025 Sich einen Schild erworben. pwo_175.026 Mit hohem Trotz im Ungemach pwo_175.027 Trägt es, was ihm beschieden. pwo_175.028 So schlummr' ich ein, so werd' ich wach, pwo_175.029 Jn Lust nicht, doch in Frieden." Wenigstens vermag Erzählung innerer Erlebnisse die Reflexion anschaulicher pwo_175.031 "Allein allein! - und so will ich genesen? pwo_175.034
Allein, allein! - und das der Wildnis Segen? pwo_175.035 Allein, allein! - o Gott, ein einzig Wesen, pwo_175.036 Um dieses Haupt an seine Brust zu legen! pwo_175.037 Jn meinem Dünkel hab ich mich vermessen: pwo_175.038 Jch will sie meiden, die mein Treiben schelten ... pwo_175.039 Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen ..." pwo_175.001 „Lieblich in der Bräute Locken“ pwo_175.002– die Mehrheit Bräute verrät schon den allgemeinen Charakter – pwo_175.003„Spielt der jungfräuliche Kranz, pwo_175.004 pwo_175.006Wenn die hellen Kirchenglocken pwo_175.005 Laden zu des Festes Glanz.“ Alsbald wird in eine, wennschon sehr wirksam plastische Ausdeutung pwo_175.007 „Ach! des Lebens schönste Feier pwo_175.009 pwo_175.012Endigt auch den Lebensmai, pwo_175.010 Mit dem Gürtel, mit dem Schleier pwo_175.011 Reißt der schöne Wahn entzwei.“ Auch weiterhin findet eines Schiller plastische Phantasie Bildlichkeit pwo_175.013 „Die Leidenschaft flieht, pwo_175.015 pwo_175.018Die Liebe muß bleiben; pwo_175.016 Die Blume verblüht, pwo_175.017 Die Frucht muß treiben.“ Aber es wird begreiflich, wie dieser Stil unter minder schöpferischen pwo_175.019 „Und wär' in Nacht und Nebeldampf pwo_175.023 pwo_175.030Auch alles rings erstorben, pwo_175.024 Dies Herz hat längst für jeden Kampf pwo_175.025 Sich einen Schild erworben. pwo_175.026 Mit hohem Trotz im Ungemach pwo_175.027 Trägt es, was ihm beschieden. pwo_175.028 So schlummr' ich ein, so werd' ich wach, pwo_175.029 Jn Lust nicht, doch in Frieden.“ Wenigstens vermag Erzählung innerer Erlebnisse die Reflexion anschaulicher pwo_175.031 „Allein allein! – und so will ich genesen? pwo_175.034
Allein, allein! – und das der Wildnis Segen? pwo_175.035 Allein, allein! – o Gott, ein einzig Wesen, pwo_175.036 Um dieses Haupt an seine Brust zu legen! pwo_175.037 Jn meinem Dünkel hab ich mich vermessen: pwo_175.038 Jch will sie meiden, die mein Treiben schelten ... pwo_175.039 Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen ...“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0189" n="175"/> <lb n="pwo_175.001"/> <lg> <l>„Lieblich in der Bräute Locken“</l> </lg> <lb n="pwo_175.002"/> <p>– die Mehrheit <hi rendition="#g">Bräute</hi> verrät schon den allgemeinen Charakter –</p> <lb n="pwo_175.003"/> <lg> <l>„Spielt der jungfräuliche Kranz,</l> <lb n="pwo_175.004"/> <l>Wenn die hellen Kirchenglocken</l> <lb n="pwo_175.005"/> <l>Laden zu des Festes Glanz.“</l> </lg> <lb n="pwo_175.006"/> <p>Alsbald wird in eine, wennschon sehr wirksam plastische Ausdeutung <lb n="pwo_175.007"/> des Thatbestandes übergelenkt:</p> <lb n="pwo_175.008"/> <lg> <l>„Ach! des Lebens schönste Feier</l> <lb n="pwo_175.009"/> <l>Endigt auch den Lebensmai,</l> <lb n="pwo_175.010"/> <l>Mit dem Gürtel, mit dem Schleier</l> <lb n="pwo_175.011"/> <l>Reißt der schöne Wahn entzwei.“</l> </lg> <lb n="pwo_175.012"/> <p>Auch weiterhin findet eines Schiller plastische Phantasie Bildlichkeit <lb n="pwo_175.013"/> des Ausdrucks:</p> <lb n="pwo_175.014"/> <lg> <l>„Die Leidenschaft flieht,</l> <lb n="pwo_175.015"/> <l>Die Liebe muß bleiben;</l> <lb n="pwo_175.016"/> <l>Die Blume verblüht,</l> <lb n="pwo_175.017"/> <l>Die Frucht muß treiben.“</l> </lg> <lb n="pwo_175.018"/> <p>Aber es wird begreiflich, wie dieser Stil unter minder schöpferischen <lb n="pwo_175.019"/> Händen zu abstrakter Verflüchtigung entartete, selbst wo es die Aussprache <lb n="pwo_175.020"/> individueller Empfindungen gilt. So reflektiert August Wilhelm <lb n="pwo_175.021"/> Schlegel:</p> <lb n="pwo_175.022"/> <lg> <l>„Und wär' in Nacht und Nebeldampf</l> <lb n="pwo_175.023"/> <l>Auch alles rings erstorben,</l> <lb n="pwo_175.024"/> <l>Dies Herz hat längst für jeden Kampf</l> <lb n="pwo_175.025"/> <l>Sich einen Schild erworben.</l> <lb n="pwo_175.026"/> <l>Mit hohem Trotz im Ungemach</l> <lb n="pwo_175.027"/> <l>Trägt es, was ihm beschieden.</l> <lb n="pwo_175.028"/> <l>So schlummr' ich ein, so werd' ich wach,</l> <lb n="pwo_175.029"/> <l>Jn Lust nicht, doch in Frieden.“</l> </lg> <lb n="pwo_175.030"/> <p>Wenigstens vermag Erzählung innerer Erlebnisse die Reflexion anschaulicher <lb n="pwo_175.031"/> zu gestalten; so wenn Freiligrath schreibt – es ist ein <lb n="pwo_175.032"/> Anachronismus, zu sagen: singt:</p> <lb n="pwo_175.033"/> <lg> <l>„Allein allein! – und so will ich genesen?</l> <lb n="pwo_175.034"/> <l>Allein, allein! – und das der Wildnis Segen?</l> <lb n="pwo_175.035"/> <l>Allein, allein! – o Gott, ein einzig Wesen,</l> <lb n="pwo_175.036"/> <l>Um dieses Haupt an seine Brust zu legen!</l> <lb n="pwo_175.037"/> <l> Jn meinem Dünkel hab ich mich vermessen:</l> <lb n="pwo_175.038"/> <l>Jch will sie meiden, die mein Treiben schelten ...</l> <lb n="pwo_175.039"/> <l> Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen ...“</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0189]
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„Lieblich in der Bräute Locken“
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Laden zu des Festes Glanz.“
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Händen zu abstrakter Verflüchtigung entartete, selbst wo es die Aussprache pwo_175.020
individueller Empfindungen gilt. So reflektiert August Wilhelm pwo_175.021
Schlegel:
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„Und wär' in Nacht und Nebeldampf pwo_175.023
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Jn Lust nicht, doch in Frieden.“
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Wenigstens vermag Erzählung innerer Erlebnisse die Reflexion anschaulicher pwo_175.031
zu gestalten; so wenn Freiligrath schreibt – es ist ein pwo_175.032
Anachronismus, zu sagen: singt:
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„Allein allein! – und so will ich genesen? pwo_175.034
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Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen ...“
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