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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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"Lieblich in der Bräute Locken"
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- die Mehrheit Bräute verrät schon den allgemeinen Charakter -

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"Spielt der jungfräuliche Kranz, pwo_175.004
Wenn die hellen Kirchenglocken pwo_175.005
Laden zu des Festes Glanz."
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Alsbald wird in eine, wennschon sehr wirksam plastische Ausdeutung pwo_175.007
des Thatbestandes übergelenkt:

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"Ach! des Lebens schönste Feier pwo_175.009
Endigt auch den Lebensmai, pwo_175.010
Mit dem Gürtel, mit dem Schleier pwo_175.011
Reißt der schöne Wahn entzwei."
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Auch weiterhin findet eines Schiller plastische Phantasie Bildlichkeit pwo_175.013
des Ausdrucks:

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"Die Leidenschaft flieht, pwo_175.015
Die Liebe muß bleiben; pwo_175.016
Die Blume verblüht, pwo_175.017
Die Frucht muß treiben."
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Aber es wird begreiflich, wie dieser Stil unter minder schöpferischen pwo_175.019
Händen zu abstrakter Verflüchtigung entartete, selbst wo es die Aussprache pwo_175.020
individueller Empfindungen gilt. So reflektiert August Wilhelm pwo_175.021
Schlegel:

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"Und wär' in Nacht und Nebeldampf pwo_175.023
Auch alles rings erstorben, pwo_175.024
Dies Herz hat längst für jeden Kampf pwo_175.025
Sich einen Schild erworben. pwo_175.026
Mit hohem Trotz im Ungemach pwo_175.027
Trägt es, was ihm beschieden. pwo_175.028
So schlummr' ich ein, so werd' ich wach, pwo_175.029
Jn Lust nicht, doch in Frieden."
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Wenigstens vermag Erzählung innerer Erlebnisse die Reflexion anschaulicher pwo_175.031
zu gestalten; so wenn Freiligrath schreibt - es ist ein pwo_175.032
Anachronismus, zu sagen: singt:

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"Allein allein! - und so will ich genesen? pwo_175.034
Allein, allein! - und das der Wildnis Segen? pwo_175.035
Allein, allein! - o Gott, ein einzig Wesen, pwo_175.036
Um dieses Haupt an seine Brust zu legen! pwo_175.037
Jn meinem Dünkel hab ich mich vermessen: pwo_175.038
Jch will sie meiden, die mein Treiben schelten ... pwo_175.039
Ein einzig Jahr hat meinen Stolz gebrochen ..."
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„Lieblich in der Bräute Locken“
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– die Mehrheit Bräute verrät schon den allgemeinen Charakter –

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Wenn die hellen Kirchenglocken pwo_175.005
Laden zu des Festes Glanz.“
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Die Liebe muß bleiben; pwo_175.016
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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/189>, abgerufen am 09.11.2024.