pwo_VII.001 die metrischen Funktionen in ihrer Ausbildung zu verfolgen, die bedeutsamen pwo_VII.002 Momente in der Entwicklung der poetischen Form als gesetzmäßige pwo_VII.003 Aeußerungen durchgehender Prinzipien zu erkennen. Diese pwo_VII.004 metrische Prinzipienlehre führt zu der Wahrnehmung, wie Reim- und pwo_VII.005 Strophenbildung nur neue Kundgebungen desselben Strebens nach pwo_VII.006 Bindung der Rede sind, aus dem zunächst die Versform selbst erwuchs. pwo_VII.007 Als willkommene Wegweiser dienten mir besonders die metrischen pwo_VII.008 Studien von Rudolf Westphal, Hermann Usener, Eduard Sievers, pwo_VII.009 Hermann Paul und Friedrich Kauffmann, obschon ich auch hier pwo_VII.010 stellenweise genötigt war, meine eigenen Wege zu gehen.
pwo_VII.011
So entschieden sich der - besonders in der Naturwissenschaft pwo_VII.012 durchgeführte - Gedanke einer zusammenhängenden und gesetzmäßigen pwo_VII.013 Entwicklung auch auf unserm geistigen Gebiete bewährt, ist sich der pwo_VII.014 Verfasser doch bewußt, nichts so sorgsam vermieden zu haben wie ein pwo_VII.015 willkürliches Herübernehmen naturwissenschaftlicher Anschauungen oder pwo_VII.016 gar eine rein materialistische Auffassung der Kunst. Darum erscheint pwo_VII.017 mir ein Ausgehen der Poetik von den Liebeslockrufen der Tiere und pwo_VII.018 manch ähnliche physiologische Ausdeutung poetischer Funktionen unerlaubt, pwo_VII.019 ja im Gegensatz zu einer wahrhaft objektiven Jnduktion und pwo_VII.020 damit zu den geschichtlichen Thatsachen. Vor Ausbildung des menschlichen pwo_VII.021 Geistes ist an irgend welche mit der Poesie verwandte Erscheinung pwo_VII.022 nicht zu denken; im Dienst des religiösen Kultus, ausschließlich pwo_VII.023 als etwas Heiliges, Geweihtes erscheint die Dichtkunst bei allen pwo_VII.024 Völkern in ältester geschichtlich erreichbaren Zeit. Wie viel sich auch pwo_VII.025 eine dilettierende Empirie mit ihren naturwissenschaftlichen Phrasen pwo_VII.026 wissen mag, die geschichtliche Jnduktion der Poetik führt zu der wissenschaftlichen pwo_VII.027 Thatsache: die Dichtkunst ist nicht sowohl eine Naturgabe der pwo_VII.028 natürlichen Arten, als vielmehr ein Geschenk der Kultur an die pwo_VII.029 Menschheit.
pwo_VII.030
Kiel. pwo_VII.031 Der Verfasser.
pwo_VII.001 die metrischen Funktionen in ihrer Ausbildung zu verfolgen, die bedeutsamen pwo_VII.002 Momente in der Entwicklung der poetischen Form als gesetzmäßige pwo_VII.003 Aeußerungen durchgehender Prinzipien zu erkennen. Diese pwo_VII.004 metrische Prinzipienlehre führt zu der Wahrnehmung, wie Reim- und pwo_VII.005 Strophenbildung nur neue Kundgebungen desselben Strebens nach pwo_VII.006 Bindung der Rede sind, aus dem zunächst die Versform selbst erwuchs. pwo_VII.007 Als willkommene Wegweiser dienten mir besonders die metrischen pwo_VII.008 Studien von Rudolf Westphal, Hermann Usener, Eduard Sievers, pwo_VII.009 Hermann Paul und Friedrich Kauffmann, obschon ich auch hier pwo_VII.010 stellenweise genötigt war, meine eigenen Wege zu gehen.
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So entschieden sich der – besonders in der Naturwissenschaft pwo_VII.012 durchgeführte – Gedanke einer zusammenhängenden und gesetzmäßigen pwo_VII.013 Entwicklung auch auf unserm geistigen Gebiete bewährt, ist sich der pwo_VII.014 Verfasser doch bewußt, nichts so sorgsam vermieden zu haben wie ein pwo_VII.015 willkürliches Herübernehmen naturwissenschaftlicher Anschauungen oder pwo_VII.016 gar eine rein materialistische Auffassung der Kunst. Darum erscheint pwo_VII.017 mir ein Ausgehen der Poetik von den Liebeslockrufen der Tiere und pwo_VII.018 manch ähnliche physiologische Ausdeutung poetischer Funktionen unerlaubt, pwo_VII.019 ja im Gegensatz zu einer wahrhaft objektiven Jnduktion und pwo_VII.020 damit zu den geschichtlichen Thatsachen. Vor Ausbildung des menschlichen pwo_VII.021 Geistes ist an irgend welche mit der Poesie verwandte Erscheinung pwo_VII.022 nicht zu denken; im Dienst des religiösen Kultus, ausschließlich pwo_VII.023 als etwas Heiliges, Geweihtes erscheint die Dichtkunst bei allen pwo_VII.024 Völkern in ältester geschichtlich erreichbaren Zeit. Wie viel sich auch pwo_VII.025 eine dilettierende Empirie mit ihren naturwissenschaftlichen Phrasen pwo_VII.026 wissen mag, die geschichtliche Jnduktion der Poetik führt zu der wissenschaftlichen pwo_VII.027 Thatsache: die Dichtkunst ist nicht sowohl eine Naturgabe der pwo_VII.028 natürlichen Arten, als vielmehr ein Geschenk der Kultur an die pwo_VII.029 Menschheit.
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die metrischen Funktionen in ihrer Ausbildung zu verfolgen, die bedeutsamen pwo_VII.002
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Studien von Rudolf Westphal, Hermann Usener, Eduard Sievers, pwo_VII.009
Hermann Paul und Friedrich Kauffmann, obschon ich auch hier pwo_VII.010
stellenweise genötigt war, meine eigenen Wege zu gehen.
pwo_VII.011
So entschieden sich der – besonders in der Naturwissenschaft pwo_VII.012
durchgeführte – Gedanke einer zusammenhängenden und gesetzmäßigen pwo_VII.013
Entwicklung auch auf unserm geistigen Gebiete bewährt, ist sich der pwo_VII.014
Verfasser doch bewußt, nichts so sorgsam vermieden zu haben wie ein pwo_VII.015
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Geistes ist an irgend welche mit der Poesie verwandte Erscheinung pwo_VII.022
nicht zu denken; im Dienst des religiösen Kultus, ausschließlich pwo_VII.023
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Völkern in ältester geschichtlich erreichbaren Zeit. Wie viel sich auch pwo_VII.025
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Thatsache: die Dichtkunst ist nicht sowohl eine Naturgabe der pwo_VII.028
natürlichen Arten, als vielmehr ein Geschenk der Kultur an die pwo_VII.029
Menschheit.
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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. RVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/13>, abgerufen am 27.07.2024.
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