Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. I. Von dem Wesen
Warumb
wir uns
mit Wie-
derlegung
anderer
Meinun-
gen nicht
aufhalten
§. 33.

Es ist jedermann bekandt, daß
man eine lange Zeit mit Aristotele geglau-
bet, es wären vier einfache oder elementari-
sche Materien, durch deren Vermischung
die übrigen heraus kämen, nemlich Feuer,
Lufft, Wasser und Erde. Nachdem man
in der Chymie gefunden, daß aus den Ma-
terien der Cörper, die in unsere Sinnen
fallen, Saltze, Schwefel oder verbrennlich-
te Materie und Mercurius oder eine flüch-
tige Materie sich durch die Chymie heraus
bringen lasse; so hat man drey elementari-
sche Materien aus Saltze, Schwefel und
Mercurius machen wollen. Wie man a-
ber aus dem vorhergehenden (§ 32) zur
Gnüge ersehen kan, daß man sich in diesem
Stücke beyderseits übereilet, so wollen wir
auch nicht besondere Gründe anführen, die
sich dargegen vorbringen lassen, und zwar
um so viel weniger, weil wir nicht gewohnet
sind fremde Meinungen zu untersuchen,
sondern uns vergnügen, daß wir dasjenige,
was wir behaupten gründlich ausführen
und mit einander verknüpffen. Cartesius
setzet gleichfalls drey elementarische Mate-
rien, die subtileste Materie oder das ele-
mentarische Feuer, die Himmels Lufft und
die irrdische Materie, deren jene er das er-
ste, diese das andere und dritte Element
nennet. Er hat mehr Grund gehabt, als
die andern. Denn er hat nicht mehr ele-

menta-
Cap. I. Von dem Weſen
Warumb
wir uns
mit Wie-
derlegung
anderer
Meinun-
gen nicht
aufhalten
§. 33.

Es iſt jedermann bekandt, daß
man eine lange Zeit mit Ariſtotele geglau-
bet, es waͤren vier einfache oder elementari-
ſche Materien, durch deren Vermiſchung
die uͤbrigen heraus kaͤmen, nemlich Feuer,
Lufft, Waſſer und Erde. Nachdem man
in der Chymie gefunden, daß aus den Ma-
terien der Coͤrper, die in unſere Sinnen
fallen, Saltze, Schwefel oder verbrennlich-
te Materie und Mercurius oder eine fluͤch-
tige Materie ſich durch die Chymie heraus
bringen laſſe; ſo hat man drey elementari-
ſche Materien aus Saltze, Schwefel und
Mercurius machen wollen. Wie man a-
ber aus dem vorhergehenden (§ 32) zur
Gnuͤge erſehen kan, daß man ſich in dieſem
Stuͤcke beyderſeits uͤbereilet, ſo wollen wir
auch nicht beſondere Gruͤnde anfuͤhren, die
ſich dargegen vorbringen laſſen, und zwar
um ſo viel weniger, weil wir nicht gewohnet
ſind fremde Meinungen zu unterſuchen,
ſondern uns vergnuͤgen, daß wir dasjenige,
was wir behaupten gruͤndlich ausfuͤhren
und mit einander verknuͤpffen. Carteſius
ſetzet gleichfalls drey elementariſche Mate-
rien, die ſubtileſte Materie oder das ele-
mentariſche Feuer, die Himmels Lufft und
die irrdiſche Materie, deren jene er das er-
ſte, dieſe das andere und dritte Element
nennet. Er hat mehr Grund gehabt, als
die andern. Denn er hat nicht mehr ele-

menta-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0096" n="60"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. I.</hi> Von dem We&#x017F;en</hi> </fw><lb/>
              <note place="left">Warumb<lb/>
wir uns<lb/>
mit Wie-<lb/>
derlegung<lb/>
anderer<lb/>
Meinun-<lb/>
gen nicht<lb/>
aufhalten</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 33.</head>
              <p>Es i&#x017F;t jedermann bekandt, daß<lb/>
man eine lange Zeit mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ari&#x017F;totele</hi></hi> geglau-<lb/>
bet, es wa&#x0364;ren vier einfache oder elementari-<lb/>
&#x017F;che Materien, durch deren Vermi&#x017F;chung<lb/>
die u&#x0364;brigen heraus ka&#x0364;men, nemlich Feuer,<lb/>
Lufft, Wa&#x017F;&#x017F;er und Erde. Nachdem man<lb/>
in der Chymie gefunden, daß aus den Ma-<lb/>
terien der Co&#x0364;rper, die in un&#x017F;ere Sinnen<lb/>
fallen, Saltze, Schwefel oder verbrennlich-<lb/>
te Materie und Mercurius oder eine flu&#x0364;ch-<lb/>
tige Materie &#x017F;ich durch die Chymie heraus<lb/>
bringen la&#x017F;&#x017F;e; &#x017F;o hat man drey elementari-<lb/>
&#x017F;che Materien aus Saltze, Schwefel und<lb/>
Mercurius machen wollen. Wie man a-<lb/>
ber aus dem vorhergehenden (§ 32) zur<lb/>
Gnu&#x0364;ge er&#x017F;ehen kan, daß man &#x017F;ich in die&#x017F;em<lb/>
Stu&#x0364;cke beyder&#x017F;eits u&#x0364;bereilet, &#x017F;o wollen wir<lb/>
auch nicht be&#x017F;ondere Gru&#x0364;nde anfu&#x0364;hren, die<lb/>
&#x017F;ich dargegen vorbringen la&#x017F;&#x017F;en, und zwar<lb/>
um &#x017F;o viel weniger, weil wir nicht gewohnet<lb/>
&#x017F;ind fremde Meinungen zu unter&#x017F;uchen,<lb/>
&#x017F;ondern uns vergnu&#x0364;gen, daß wir dasjenige,<lb/>
was wir behaupten gru&#x0364;ndlich ausfu&#x0364;hren<lb/>
und mit einander verknu&#x0364;pffen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Carte&#x017F;ius</hi></hi><lb/>
&#x017F;etzet gleichfalls drey elementari&#x017F;che Mate-<lb/>
rien, die <hi rendition="#fr">&#x017F;ubtile&#x017F;te Materie</hi> oder das ele-<lb/>
mentari&#x017F;che Feuer, die <hi rendition="#fr">Himmels Lufft</hi> und<lb/>
die <hi rendition="#fr">irrdi&#x017F;che Materie</hi>, deren jene er das er-<lb/>
&#x017F;te, die&#x017F;e das andere und dritte Element<lb/>
nennet. Er hat mehr Grund gehabt, als<lb/>
die andern. Denn er hat nicht mehr ele-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">menta-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0096] Cap. I. Von dem Weſen §. 33. Es iſt jedermann bekandt, daß man eine lange Zeit mit Ariſtotele geglau- bet, es waͤren vier einfache oder elementari- ſche Materien, durch deren Vermiſchung die uͤbrigen heraus kaͤmen, nemlich Feuer, Lufft, Waſſer und Erde. Nachdem man in der Chymie gefunden, daß aus den Ma- terien der Coͤrper, die in unſere Sinnen fallen, Saltze, Schwefel oder verbrennlich- te Materie und Mercurius oder eine fluͤch- tige Materie ſich durch die Chymie heraus bringen laſſe; ſo hat man drey elementari- ſche Materien aus Saltze, Schwefel und Mercurius machen wollen. Wie man a- ber aus dem vorhergehenden (§ 32) zur Gnuͤge erſehen kan, daß man ſich in dieſem Stuͤcke beyderſeits uͤbereilet, ſo wollen wir auch nicht beſondere Gruͤnde anfuͤhren, die ſich dargegen vorbringen laſſen, und zwar um ſo viel weniger, weil wir nicht gewohnet ſind fremde Meinungen zu unterſuchen, ſondern uns vergnuͤgen, daß wir dasjenige, was wir behaupten gruͤndlich ausfuͤhren und mit einander verknuͤpffen. Carteſius ſetzet gleichfalls drey elementariſche Mate- rien, die ſubtileſte Materie oder das ele- mentariſche Feuer, die Himmels Lufft und die irrdiſche Materie, deren jene er das er- ſte, dieſe das andere und dritte Element nennet. Er hat mehr Grund gehabt, als die andern. Denn er hat nicht mehr ele- menta-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/96
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/96>, abgerufen am 22.11.2024.