ches eine gewisse Anzeigung ist, daß sie et- was verdauet) und man in denen jenigen, die todt zur Welt gebohren worden, von dem klebrigen Saffte (liquore amnii) et- was im Magen findet, darinnen die Frucht schwimmet; so ist die Meinung derer, aller- dings nicht ungegründet, welche behaupten, daß dieser kleberige Safft zugleich die Nah- rung derselben sey, welcher freylich von dem Geblütte der Mutter herstammet.
Warum die Ein- bildungs- Krafft der Mut- ter in das Kind würcket.
§. 448.
Weil das Geblütte sich aus der Mutter in die Frucht und aus der Frucht in die Mutter beweget (§. 477); so muß das Blut des Kindes in seiner Bewegung eben solchen Veränderungen unterworffen seyn, die das Blut der Mutter leidet. Weil nun dieses durch ihre Sinnen und Einbildungs- Krafft in allerhand ausserordentliche Be- wegungen gesetzt werden kan (§. 444. Met.); so muß auch zu gleich das Geblüte des Kin- des darein gerathen. Jn der Frucht ist, sonderlich im Anfange, noch alles sehr weich und kan daher durch eine starcke Bewegung des Geblütes leicht eine Verrückung oder auch wohl gar eine Verletzung einiger Thei- le erfolgen. Und aus diesem Grunde lässet sich erklären, was man von den Würckun- gen der Einbildungs-Krafft der Mutter hin und wieder antrifft. Malehranche(a) er-
zeh-
(a)Traite de la Recherche de la verite lib. 2. c. 7. art. 3. p. m. 15.
Cap. XVI. Von der Erzeugung
ches eine gewiſſe Anzeigung iſt, daß ſie et- was verdauet) und man in denen jenigen, die todt zur Welt gebohren worden, von dem klebrigen Saffte (liquore amnii) et- was im Magen findet, darinnen die Frucht ſchwimmet; ſo iſt die Meinung derer, aller- dings nicht ungegruͤndet, welche behaupten, daß dieſer kleberige Safft zugleich die Nah- rung derſelben ſey, welcher freylich von dem Gebluͤtte der Mutter herſtammet.
Warum die Ein- bildungs- Krafft der Mut- ter in das Kind wuͤrcket.
§. 448.
Weil das Gebluͤtte ſich aus der Mutter in die Frucht und aus der Frucht in die Mutter beweget (§. 477); ſo muß das Blut des Kindes in ſeiner Bewegung eben ſolchen Veraͤnderungen unterworffen ſeyn, die das Blut der Mutter leidet. Weil nun dieſes durch ihre Sinnen und Einbildungs- Krafft in allerhand auſſerordentliche Be- wegungen geſetzt werden kan (§. 444. Met.); ſo muß auch zu gleich das Gebluͤte des Kin- des darein gerathen. Jn der Frucht iſt, ſonderlich im Anfange, noch alles ſehr weich und kan daher durch eine ſtarcke Bewegung des Gebluͤtes leicht eine Verruͤckung oder auch wohl gar eine Verletzung einiger Thei- le erfolgen. Und aus dieſem Grunde laͤſſet ſich erklaͤren, was man von den Wuͤrckun- gen der Einbildungs-Krafft der Mutter hin und wieder antrifft. Malehranche(a) er-
zeh-
(a)Traite de la Recherche de la verite lib. 2. c. 7. art. 3. p. m. 15.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0760"n="724"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. XVI.</hi> Von der Erzeugung</hi></fw><lb/>
ches eine gewiſſe Anzeigung iſt, daß ſie et-<lb/>
was verdauet) und man in denen jenigen,<lb/>
die todt zur Welt gebohren worden, von<lb/>
dem klebrigen Saffte (<hirendition="#aq"><hirendition="#i">liquore amnii</hi></hi>) et-<lb/>
was im Magen findet, darinnen die Frucht<lb/>ſchwimmet; ſo iſt die Meinung derer, aller-<lb/>
dings nicht ungegruͤndet, welche behaupten,<lb/>
daß dieſer kleberige Safft zugleich die Nah-<lb/>
rung derſelben ſey, welcher freylich von dem<lb/>
Gebluͤtte der Mutter herſtammet.</p><lb/><noteplace="left">Warum<lb/>
die Ein-<lb/>
bildungs-<lb/>
Krafft<lb/>
der Mut-<lb/>
ter in das<lb/>
Kind<lb/>
wuͤrcket.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 448.</head><p>Weil das Gebluͤtte ſich aus der<lb/>
Mutter in die Frucht und aus der Frucht in<lb/>
die Mutter beweget (§. 477); ſo muß das<lb/>
Blut des Kindes in ſeiner Bewegung eben<lb/>ſolchen Veraͤnderungen unterworffen ſeyn,<lb/>
die das Blut der Mutter leidet. Weil nun<lb/>
dieſes durch ihre <hirendition="#fr">S</hi>innen und Einbildungs-<lb/>
Krafft in allerhand auſſerordentliche Be-<lb/>
wegungen geſetzt werden kan (§. 444. <hirendition="#aq">Met.</hi>);<lb/>ſo muß auch zu gleich das Gebluͤte des Kin-<lb/>
des darein gerathen. Jn der Frucht iſt,<lb/>ſonderlich im Anfange, noch alles ſehr weich<lb/>
und kan daher durch eine ſtarcke Bewegung<lb/>
des Gebluͤtes leicht eine Verruͤckung oder<lb/>
auch wohl gar eine Verletzung einiger Thei-<lb/>
le erfolgen. Und aus dieſem Grunde laͤſſet<lb/>ſich erklaͤren, was man von den Wuͤrckun-<lb/>
gen der Einbildungs-Krafft der Mutter hin<lb/>
und wieder antrifft. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Malehranche</hi></hi><noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq">Traite de la Recherche de la verite lib.<lb/>
2. c. 7. art. 3. p. m.</hi> 15.</note> er-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zeh-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[724/0760]
Cap. XVI. Von der Erzeugung
ches eine gewiſſe Anzeigung iſt, daß ſie et-
was verdauet) und man in denen jenigen,
die todt zur Welt gebohren worden, von
dem klebrigen Saffte (liquore amnii) et-
was im Magen findet, darinnen die Frucht
ſchwimmet; ſo iſt die Meinung derer, aller-
dings nicht ungegruͤndet, welche behaupten,
daß dieſer kleberige Safft zugleich die Nah-
rung derſelben ſey, welcher freylich von dem
Gebluͤtte der Mutter herſtammet.
§. 448. Weil das Gebluͤtte ſich aus der
Mutter in die Frucht und aus der Frucht in
die Mutter beweget (§. 477); ſo muß das
Blut des Kindes in ſeiner Bewegung eben
ſolchen Veraͤnderungen unterworffen ſeyn,
die das Blut der Mutter leidet. Weil nun
dieſes durch ihre Sinnen und Einbildungs-
Krafft in allerhand auſſerordentliche Be-
wegungen geſetzt werden kan (§. 444. Met.);
ſo muß auch zu gleich das Gebluͤte des Kin-
des darein gerathen. Jn der Frucht iſt,
ſonderlich im Anfange, noch alles ſehr weich
und kan daher durch eine ſtarcke Bewegung
des Gebluͤtes leicht eine Verruͤckung oder
auch wohl gar eine Verletzung einiger Thei-
le erfolgen. Und aus dieſem Grunde laͤſſet
ſich erklaͤren, was man von den Wuͤrckun-
gen der Einbildungs-Krafft der Mutter hin
und wieder antrifft. Malehranche (a) er-
zeh-
(a) Traite de la Recherche de la verite lib.
2. c. 7. art. 3. p. m. 15.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/760>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.