Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

der Menschen und Thiere. etc.
und Gott zu dem Ende dieselben mit be-
sonderen Geburts-Gliedern versehen, daß
sie zu diesem Wercke geschickt würden.
Mann findet auch bey dem kleinesten Un-
gezieffer, daß auf eine dergleichen Art ihr
Geschlechte fortgepflantzet wird und hat
noch niemand ein einiges Exempel anfüh-
ren können, da eine lebendige Creatur
auf eine andere Art wäre erzeuget worden.
Denn ob man gleich angiebet, als wenn
durch Fäulnis gewisser Materien Unge-
zieffer hervor gebracht würde; so folget
doch daraus noch nicht, daß ohne Bey-
schlaff eines Männleins und Weibleins
dasselbe wäre erzeuget worden. Wir wis-
sen, daß das Ungezieffer Eyer leget, die so
lange fort dauren können, biß sie eine be-
qveme Gelegenheit antreffen, da die da-
rinen enthaltene Jungen können ausge-
brüttet werden. Daß aber fruchtbahre
Eyer können geleget werden, ist dem Bey-
schlaffe zudancken. Wir haben ein Exem-
pel an den Ringel-Raupen. Jhre Ey-
er werden von Molcken-Dieben ange-
schmeisset, dauren den Winter über in der
Kälte fort und im Frühlinge brüttet sie die
Sonne, so bald sie warm scheinet, aus; die
Molcken-Diebe aber begatten sich mit ein-
ander, ehe das Weiblein die Ringel an
die Bäume anschmeissen kan. Zudem ist
bekandt, daß das Ungezieffer vielerley Ver-

wand-
Y y 3

der Menſchen und Thiere. ꝛc.
und Gott zu dem Ende dieſelben mit be-
ſonderen Geburts-Gliedern verſehen, daß
ſie zu dieſem Wercke geſchickt wuͤrden.
Mann findet auch bey dem kleineſten Un-
gezieffer, daß auf eine dergleichen Art ihr
Geſchlechte fortgepflantzet wird und hat
noch niemand ein einiges Exempel anfuͤh-
ren koͤnnen, da eine lebendige Creatur
auf eine andere Art waͤre erzeuget worden.
Denn ob man gleich angiebet, als wenn
durch Faͤulnis gewiſſer Materien Unge-
zieffer hervor gebracht wuͤrde; ſo folget
doch daraus noch nicht, daß ohne Bey-
ſchlaff eines Maͤnnleins und Weibleins
daſſelbe waͤre erzeuget worden. Wir wiſ-
ſen, daß das Ungezieffer Eyer leget, die ſo
lange fort dauren koͤnnen, biß ſie eine be-
qveme Gelegenheit antreffen, da die da-
rinen enthaltene Jungen koͤnnen ausge-
bruͤttet werden. Daß aber fruchtbahre
Eyer koͤnnen geleget werden, iſt dem Bey-
ſchlaffe zudancken. Wir haben ein Exem-
pel an den Ringel-Raupen. Jhre Ey-
er werden von Molcken-Dieben ange-
ſchmeiſſet, dauren den Winter uͤber in der
Kaͤlte fort und im Fruͤhlinge bruͤttet ſie die
Sonne, ſo bald ſie warm ſcheinet, aus; die
Molcken-Diebe aber begatten ſich mit ein-
ander, ehe das Weiblein die Ringel an
die Baͤume anſchmeiſſen kan. Zudem iſt
bekandt, daß das Ungezieffer vielerley Ver-

wand-
Y y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0745" n="709"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Men&#x017F;chen und Thiere. &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
und Gott zu dem Ende die&#x017F;elben mit be-<lb/>
&#x017F;onderen Geburts-Gliedern ver&#x017F;ehen, daß<lb/>
&#x017F;ie zu die&#x017F;em Wercke ge&#x017F;chickt wu&#x0364;rden.<lb/>
Mann findet auch bey dem kleine&#x017F;ten Un-<lb/>
gezieffer, daß auf eine dergleichen Art ihr<lb/>
Ge&#x017F;chlechte fortgepflantzet wird und hat<lb/>
noch niemand ein einiges Exempel anfu&#x0364;h-<lb/>
ren ko&#x0364;nnen, da eine lebendige Creatur<lb/>
auf eine andere Art wa&#x0364;re erzeuget worden.<lb/>
Denn ob man gleich angiebet, als wenn<lb/>
durch Fa&#x0364;ulnis gewi&#x017F;&#x017F;er Materien Unge-<lb/>
zieffer hervor gebracht wu&#x0364;rde; &#x017F;o folget<lb/>
doch daraus noch nicht, daß ohne Bey-<lb/>
&#x017F;chlaff eines Ma&#x0364;nnleins und Weibleins<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe wa&#x0364;re erzeuget worden. Wir wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, daß das Ungezieffer Eyer leget, die &#x017F;o<lb/>
lange fort dauren ko&#x0364;nnen, biß &#x017F;ie eine be-<lb/>
qveme Gelegenheit antreffen, da die da-<lb/>
rinen enthaltene Jungen ko&#x0364;nnen ausge-<lb/>
bru&#x0364;ttet werden. Daß aber fruchtbahre<lb/>
Eyer ko&#x0364;nnen geleget werden, i&#x017F;t dem Bey-<lb/>
&#x017F;chlaffe zudancken. Wir haben ein Exem-<lb/>
pel an den Ringel-Raupen. Jhre Ey-<lb/>
er werden von Molcken-Dieben ange-<lb/>
&#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;et, dauren den Winter u&#x0364;ber in der<lb/>
Ka&#x0364;lte fort und im Fru&#x0364;hlinge bru&#x0364;ttet &#x017F;ie die<lb/>
Sonne, &#x017F;o bald &#x017F;ie warm &#x017F;cheinet, aus; die<lb/>
Molcken-Diebe aber begatten &#x017F;ich mit ein-<lb/>
ander, ehe das Weiblein die Ringel an<lb/>
die Ba&#x0364;ume an&#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;en kan. Zudem i&#x017F;t<lb/>
bekandt, daß das Ungezieffer vielerley Ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y y 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wand-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[709/0745] der Menſchen und Thiere. ꝛc. und Gott zu dem Ende dieſelben mit be- ſonderen Geburts-Gliedern verſehen, daß ſie zu dieſem Wercke geſchickt wuͤrden. Mann findet auch bey dem kleineſten Un- gezieffer, daß auf eine dergleichen Art ihr Geſchlechte fortgepflantzet wird und hat noch niemand ein einiges Exempel anfuͤh- ren koͤnnen, da eine lebendige Creatur auf eine andere Art waͤre erzeuget worden. Denn ob man gleich angiebet, als wenn durch Faͤulnis gewiſſer Materien Unge- zieffer hervor gebracht wuͤrde; ſo folget doch daraus noch nicht, daß ohne Bey- ſchlaff eines Maͤnnleins und Weibleins daſſelbe waͤre erzeuget worden. Wir wiſ- ſen, daß das Ungezieffer Eyer leget, die ſo lange fort dauren koͤnnen, biß ſie eine be- qveme Gelegenheit antreffen, da die da- rinen enthaltene Jungen koͤnnen ausge- bruͤttet werden. Daß aber fruchtbahre Eyer koͤnnen geleget werden, iſt dem Bey- ſchlaffe zudancken. Wir haben ein Exem- pel an den Ringel-Raupen. Jhre Ey- er werden von Molcken-Dieben ange- ſchmeiſſet, dauren den Winter uͤber in der Kaͤlte fort und im Fruͤhlinge bruͤttet ſie die Sonne, ſo bald ſie warm ſcheinet, aus; die Molcken-Diebe aber begatten ſich mit ein- ander, ehe das Weiblein die Ringel an die Baͤume anſchmeiſſen kan. Zudem iſt bekandt, daß das Ungezieffer vielerley Ver- wand- Y y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/745
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/745>, abgerufen am 25.11.2024.