Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. XIV. Von den Sinnen. subtile seyn müssen, hat man längst darauserkandt, daß Cörper lange in der Lufft lie- gen und einen grossen Raum mit ihrem Ge- ruche beständig erfüllen: dessen ungeachtet aber doch keinen mercklichen Abgang an ih- rem Gewichte leiden. Es ist bekand, daß Boyle ein Stücke Teuffels-Dreck gantzer 6. Tage seinen Gestanck ausbreiten lassen, und doch kaum einen Abgang von dem ach- ten Theile eines Granes verspüret. Und hat daraus Johann Keil (a) die Grösse eines Geruch-Stäubleins durch geometri- sche Rechnungen zu determiniren gesucht. Die Nase ist von innen mit einem Häut- lein überkleidet, wo die inneren Höhlen des Sieb-Beines (ossis cribrosi) sind, dar- innen viel Nerven anzutreffen. Wenn demnach mit der Lufft, die wir im A- themhohlen an uns ziehen, die Geruch- Stäublein zugleich in die Nase gezogen und wieder die Nerven angestossen werden; so ist kein Wunder, daß dadurch eine Bewe- gung entstehet, wie in dem Auge und Ohre (§ 426. 427), die biß zu dem Gehirne fortge- bracht wird, daraus vermöge der Anatomie die Nerven-Häutlein in der Nase ihren Ur- sprung nehmen. Daß wir bloß riechen, in dem wir die Lufft durch die Nase an uns zie- hen (a) in introduct. ad veram Physic. lect. 5.
p. 42. & seqq. Cap. XIV. Von den Sinnen. ſubtile ſeyn muͤſſen, hat man laͤngſt darauserkandt, daß Coͤrper lange in der Lufft lie- gen und einen groſſen Raum mit ihrem Ge- ruche beſtaͤndig erfuͤllen: deſſen ungeachtet aber doch keinen mercklichen Abgang an ih- rem Gewichte leiden. Es iſt bekand, daß Boyle ein Stuͤcke Teuffels-Dreck gantzer 6. Tage ſeinen Geſtanck ausbreiten laſſen, und doch kaum einen Abgang von dem ach- ten Theile eines Granes verſpuͤret. Und hat daraus Johann Keil (a) die Groͤſſe eines Geruch-Staͤubleins durch geometri- ſche Rechnungen zu determiniren geſucht. Die Naſe iſt von innen mit einem Haͤut- lein uͤberkleidet, wo die inneren Hoͤhlen des Sieb-Beines (oſſis cribroſi) ſind, dar- innen viel Nerven anzutreffen. Wenn demnach mit der Lufft, die wir im A- themhohlen an uns ziehen, die Geruch- Staͤublein zugleich in die Naſe gezogen und wieder die Nerven angeſtoſſen werden; ſo iſt kein Wunder, daß dadurch eine Bewe- gung entſtehet, wie in dem Auge und Ohre (§ 426. 427), die biß zu dem Gehirne fortge- bracht wird, daraus vermoͤge der Anatomie die Nerven-Haͤutlein in der Naſe ihren Ur- ſprung nehmen. Daß wir bloß riechen, in dem wir die Lufft durch die Naſe an uns zie- hen (a) in introduct. ad veram Phyſic. lect. 5.
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Cap. XIV. Von den Sinnen.
ſubtile ſeyn muͤſſen, hat man laͤngſt daraus
erkandt, daß Coͤrper lange in der Lufft lie-
gen und einen groſſen Raum mit ihrem Ge-
ruche beſtaͤndig erfuͤllen: deſſen ungeachtet
aber doch keinen mercklichen Abgang an ih-
rem Gewichte leiden. Es iſt bekand, daß
Boyle ein Stuͤcke Teuffels-Dreck gantzer
6. Tage ſeinen Geſtanck ausbreiten laſſen,
und doch kaum einen Abgang von dem ach-
ten Theile eines Granes verſpuͤret. Und
hat daraus Johann Keil (a) die Groͤſſe
eines Geruch-Staͤubleins durch geometri-
ſche Rechnungen zu determiniren geſucht.
Die Naſe iſt von innen mit einem Haͤut-
lein uͤberkleidet, wo die inneren Hoͤhlen des
Sieb-Beines (oſſis cribroſi) ſind, dar-
innen viel Nerven anzutreffen. Wenn
demnach mit der Lufft, die wir im A-
themhohlen an uns ziehen, die Geruch-
Staͤublein zugleich in die Naſe gezogen und
wieder die Nerven angeſtoſſen werden; ſo
iſt kein Wunder, daß dadurch eine Bewe-
gung entſtehet, wie in dem Auge und Ohre
(§ 426. 427), die biß zu dem Gehirne fortge-
bracht wird, daraus vermoͤge der Anatomie
die Nerven-Haͤutlein in der Naſe ihren Ur-
ſprung nehmen. Daß wir bloß riechen, in
dem wir die Lufft durch die Naſe an uns zie-
hen
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