Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.der Menschen und Thiere. sie dicker als sie vorher waren, und dadurchwächsetund zu- nimmet. werden alle fleischige Theile dicker als vor- her, und so nimmet der Eörper in die Dicke zu. Uber dem Fleische lieget die Schmeer- Haut, welche zunimmet und dicker wird, auch daher den Leib stärcker machet, wenn sich viel ölichte Materie von dem Geblütte absondert. Wenn die Theile länger wer- den und der Cörper grösser wird; so müs- sen die Fasern in den Mäuslein und Häuten verlängert werden. Da nun dieses unmög- lich durch eine blosse Ausspannung geschehen kan; so ist nöthig, daß sich hin und wieder neue Theile in den durch das Ausspan- nen erhaltene Räumlein anlegen und mit den übrigen vereinigen. Es lehret die Erfahrung, daß das Wachsthum in die Länge nur biß zu einer gewissen Zeit fort dauret und nach diesem aufhöret. Dero- wegen müssen die im kleinen vorhandene Fasern sich nur biß auf eine gewisse Länge ausdehnen lassen, denn sonst könnte der Leib fort wachsen, so lange als wir lebeten. Ein Theil des Leibes ist anders als das andere: allein deßwegen ist nicht nöthig, daß ein je- des seine besondere Nahrung habe, maassen wir ein gleiches bey den Pflantzen antreffen (§. 392). Es bleibet aber freylich noch ü- brig zu untersuchen, woher es eigentlich kommet, daß einerley Nahrung in verschie- denen U u 4
der Menſchen und Thiere. ſie dicker als ſie vorher waren, und dadurchwaͤchſetund zu- nimmet. werden alle fleiſchige Theile dicker als vor- her, und ſo nimmet der Eoͤrper in die Dicke zu. Uber dem Fleiſche lieget die Schmeer- Haut, welche zunimmet und dicker wird, auch daher den Leib ſtaͤrcker machet, wenn ſich viel oͤlichte Materie von dem Gebluͤtte abſondert. Wenn die Theile laͤnger wer- den und der Coͤrper groͤſſer wird; ſo muͤſ- ſen die Faſern in den Maͤuslein und Haͤuten verlaͤngert werden. Da nun dieſes unmoͤg- lich durch eine bloſſe Ausſpannung geſchehen kan; ſo iſt noͤthig, daß ſich hin und wieder neue Theile in den durch das Ausſpan- nen erhaltene Raͤumlein anlegen und mit den uͤbrigen vereinigen. Es lehret die Erfahrung, daß das Wachsthum in die Laͤnge nur biß zu einer gewiſſen Zeit fort dauret und nach dieſem aufhoͤret. Dero- wegen muͤſſen die im kleinen vorhandene Faſern ſich nur biß auf eine gewiſſe Laͤnge ausdehnen laſſen, denn ſonſt koͤnnte der Leib fort wachſen, ſo lange als wir lebeten. Ein Theil des Leibes iſt anders als das andere: allein deßwegen iſt nicht noͤthig, daß ein je- des ſeine beſondere Nahrung habe, maaſſen wir ein gleiches bey den Pflantzen antreffen (§. 392). Es bleibet aber freylich noch uͤ- brig zu unterſuchen, woher es eigentlich kommet, daß einerley Nahrung in verſchie- denen U u 4
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der Menſchen und Thiere.
ſie dicker als ſie vorher waren, und dadurch
werden alle fleiſchige Theile dicker als vor-
her, und ſo nimmet der Eoͤrper in die Dicke
zu. Uber dem Fleiſche lieget die Schmeer-
Haut, welche zunimmet und dicker wird,
auch daher den Leib ſtaͤrcker machet, wenn
ſich viel oͤlichte Materie von dem Gebluͤtte
abſondert. Wenn die Theile laͤnger wer-
den und der Coͤrper groͤſſer wird; ſo muͤſ-
ſen die Faſern in den Maͤuslein und Haͤuten
verlaͤngert werden. Da nun dieſes unmoͤg-
lich durch eine bloſſe Ausſpannung geſchehen
kan; ſo iſt noͤthig, daß ſich hin und wieder
neue Theile in den durch das Ausſpan-
nen erhaltene Raͤumlein anlegen und
mit den uͤbrigen vereinigen. Es lehret
die Erfahrung, daß das Wachsthum in die
Laͤnge nur biß zu einer gewiſſen Zeit fort
dauret und nach dieſem aufhoͤret. Dero-
wegen muͤſſen die im kleinen vorhandene
Faſern ſich nur biß auf eine gewiſſe Laͤnge
ausdehnen laſſen, denn ſonſt koͤnnte der Leib
fort wachſen, ſo lange als wir lebeten. Ein
Theil des Leibes iſt anders als das andere:
allein deßwegen iſt nicht noͤthig, daß ein je-
des ſeine beſondere Nahrung habe, maaſſen
wir ein gleiches bey den Pflantzen antreffen
(§. 392). Es bleibet aber freylich noch uͤ-
brig zu unterſuchen, woher es eigentlich
kommet, daß einerley Nahrung in verſchie-
denen
waͤchſet
und zu-
nimmet.
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