Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. XIII. Von der Ernährung
desto leichter und ohne einige harte Empfin-
dung, hinunter fähret. Durch die Em-
pfindung, welche die spanadrige Haut ver-
ursachet, werden die fleischigen Fasern de-
terminir
et den Schlund zusammen zuzie-
hen, wo die Speise stecket. Da er aber
unten weiter bleibet, wo sie noch nicht hin-
kommen ist; so wird die Speise hinunter
gedruckt und fähret solchergestalt nach und
nach immer weiter hinunter, als wie man
das eingefüllete in einer Wurst hinunter
drucket, biß sie endlich in den Magen fället,
als darein die untere Eröffnung des Schlun-
des gehet. Mit dem Trincken gehet es
leichter her, denn wenn das Geträncke ein
mahl in dem Schlunde ist, fließt es selbst
durch seine eigene Schweere in den Magen
hinunter. Wir sehen, daß einige Thiere
trincken, ohne daß sie den Kopff in die Hö-
he halten, damit das Geträncke in den
Schlund hinein fliessen kan. Z. E. Ein
Pferd steckt das Maul in das Wasser und
behält den Kopff im niedrigen, in dem es
trincket, und muß demnach das Wasser
in die Höhe steigen, ehe es in den Schlund
kommen kan. Hier haben wir zu erwegen,
daß, in dem das Pferd trincket, das Athem-
hohlen inne hält, und daher die Lufft aus
dem Munde in die Lungen tritt. Weil
nun das Maul im Wasser steckt und keine
Lufft dadurch hinein kommen kan, so wird

es

Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung
deſto leichter und ohne einige harte Empfin-
dung, hinunter faͤhret. Durch die Em-
pfindung, welche die ſpanadrige Haut ver-
urſachet, werden die fleiſchigen Faſern de-
terminir
et den Schlund zuſammen zuzie-
hen, wo die Speiſe ſtecket. Da er aber
unten weiter bleibet, wo ſie noch nicht hin-
kommen iſt; ſo wird die Speiſe hinunter
gedruckt und faͤhret ſolchergeſtalt nach und
nach immer weiter hinunter, als wie man
das eingefuͤllete in einer Wurſt hinunter
drucket, biß ſie endlich in den Magen faͤllet,
als darein die untere Eroͤffnung des Schlun-
des gehet. Mit dem Trincken gehet es
leichter her, denn wenn das Getraͤncke ein
mahl in dem Schlunde iſt, fließt es ſelbſt
durch ſeine eigene Schweere in den Magen
hinunter. Wir ſehen, daß einige Thiere
trincken, ohne daß ſie den Kopff in die Hoͤ-
he halten, damit das Getraͤncke in den
Schlund hinein flieſſen kan. Z. E. Ein
Pferd ſteckt das Maul in das Waſſer und
behaͤlt den Kopff im niedrigen, in dem es
trincket, und muß demnach das Waſſer
in die Hoͤhe ſteigen, ehe es in den Schlund
kommen kan. Hier haben wir zu erwegen,
daß, in dem das Pferd trincket, das Athem-
hohlen inne haͤlt, und daher die Lufft aus
dem Munde in die Lungen tritt. Weil
nun das Maul im Waſſer ſteckt und keine
Lufft dadurch hinein kommen kan, ſo wird

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0688" n="652"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. XIII.</hi> Von der Erna&#x0364;hrung</hi></fw><lb/>
de&#x017F;to leichter und ohne einige harte Empfin-<lb/>
dung, hinunter fa&#x0364;hret. Durch die Em-<lb/>
pfindung, welche die &#x017F;panadrige Haut ver-<lb/>
ur&#x017F;achet, werden die flei&#x017F;chigen Fa&#x017F;ern <hi rendition="#aq">de-<lb/>
terminir</hi>et den Schlund zu&#x017F;ammen zuzie-<lb/>
hen, wo die Spei&#x017F;e &#x017F;tecket. Da er aber<lb/>
unten weiter bleibet, wo &#x017F;ie noch nicht hin-<lb/>
kommen i&#x017F;t; &#x017F;o wird die Spei&#x017F;e hinunter<lb/>
gedruckt und fa&#x0364;hret &#x017F;olcherge&#x017F;talt nach und<lb/>
nach immer weiter hinunter, als wie man<lb/>
das eingefu&#x0364;llete in einer Wur&#x017F;t hinunter<lb/>
drucket, biß &#x017F;ie endlich in den Magen fa&#x0364;llet,<lb/>
als darein die untere Ero&#x0364;ffnung des Schlun-<lb/>
des gehet. Mit dem Trincken gehet es<lb/>
leichter her, denn wenn das Getra&#x0364;ncke ein<lb/>
mahl in dem Schlunde i&#x017F;t, fließt es &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
durch &#x017F;eine eigene Schweere in den Magen<lb/>
hinunter. Wir &#x017F;ehen, daß einige Thiere<lb/>
trincken, ohne daß &#x017F;ie den Kopff in die Ho&#x0364;-<lb/>
he halten, damit das Getra&#x0364;ncke in den<lb/>
Schlund hinein flie&#x017F;&#x017F;en kan. Z. E. Ein<lb/>
Pferd &#x017F;teckt das Maul in das Wa&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
beha&#x0364;lt den Kopff im niedrigen, in dem es<lb/>
trincket, und muß demnach das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
in die Ho&#x0364;he &#x017F;teigen, ehe es in den Schlund<lb/>
kommen kan. Hier haben wir zu erwegen,<lb/>
daß, in dem das Pferd trincket, das Athem-<lb/>
hohlen inne ha&#x0364;lt, und daher die Lufft aus<lb/>
dem Munde in die Lungen tritt. Weil<lb/>
nun das Maul im Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;teckt und keine<lb/>
Lufft dadurch hinein kommen kan, &#x017F;o wird<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[652/0688] Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung deſto leichter und ohne einige harte Empfin- dung, hinunter faͤhret. Durch die Em- pfindung, welche die ſpanadrige Haut ver- urſachet, werden die fleiſchigen Faſern de- terminiret den Schlund zuſammen zuzie- hen, wo die Speiſe ſtecket. Da er aber unten weiter bleibet, wo ſie noch nicht hin- kommen iſt; ſo wird die Speiſe hinunter gedruckt und faͤhret ſolchergeſtalt nach und nach immer weiter hinunter, als wie man das eingefuͤllete in einer Wurſt hinunter drucket, biß ſie endlich in den Magen faͤllet, als darein die untere Eroͤffnung des Schlun- des gehet. Mit dem Trincken gehet es leichter her, denn wenn das Getraͤncke ein mahl in dem Schlunde iſt, fließt es ſelbſt durch ſeine eigene Schweere in den Magen hinunter. Wir ſehen, daß einige Thiere trincken, ohne daß ſie den Kopff in die Hoͤ- he halten, damit das Getraͤncke in den Schlund hinein flieſſen kan. Z. E. Ein Pferd ſteckt das Maul in das Waſſer und behaͤlt den Kopff im niedrigen, in dem es trincket, und muß demnach das Waſſer in die Hoͤhe ſteigen, ehe es in den Schlund kommen kan. Hier haben wir zu erwegen, daß, in dem das Pferd trincket, das Athem- hohlen inne haͤlt, und daher die Lufft aus dem Munde in die Lungen tritt. Weil nun das Maul im Waſſer ſteckt und keine Lufft dadurch hinein kommen kan, ſo wird es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/688
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/688>, abgerufen am 17.06.2024.