ne (incisores). Mit ihnen beisset man ein Stücke von der Speise ab: denn wenn man den Mund aufsperret und so weit, als man es abbeissen will, über die Zähne hinein hält; drucket man nach diesem die Zähne zusam- men, wodurch zugleich die Speise zu sam- men gepresset wird, und beweget so dann fer- ner die unteren an den oberen nach der Sei- te weg, so schneidet sich der Theil innerhalb dem Munde ab. Sind die Sachen, so man abbeissen wil harte, die sich nicht zu- sammen drucken lassen, aber leicht sprin- gen; so bringet man sie auch wohl durch blosses Andrucken der unteren Zähne an die obern von einander. Das Ambt dieser Zähne verrichten insgemein die Messer, wel- che mit den oberen einerley Figur haben und im Gebrauche gleichfals niedergedruckt und nach der Seite beweget werden.
Wie die Speise gekanet wird.
§. 409.
Die Schneide-Zähne sind nicht geschickt die Speise zu kauen, denn sie hal- ten zu lange auf, ehe man damit fertig wird, weil sie gar zu schmaal sind, wie es ein jeder leicht versuchen kan, der dazu Lust hat. Derowegen sind zur Seite die Backen- Zähne (molares), die deswegen breit sind und perpendicular über einander stehen, da- mit man die Speisen zermalmen kan. Sie kommen mit einer Mahl-Mühle über ein, da ein Stein sich auf dem andern beweget, wenn das Getreyde zermalmet wird, nur
das
Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung
ne (inciſores). Mit ihnen beiſſet man ein Stuͤcke von der Speiſe ab: denn wenn man den Mund aufſperret und ſo weit, als man es abbeiſſen will, uͤber die Zaͤhne hinein haͤlt; drucket man nach dieſem die Zaͤhne zuſam- men, wodurch zugleich die Speiſe zu ſam- men gepreſſet wird, und beweget ſo dann fer- ner die unteren an den oberen nach der Sei- te weg, ſo ſchneidet ſich der Theil innerhalb dem Munde ab. Sind die Sachen, ſo man abbeiſſen wil harte, die ſich nicht zu- ſammen drucken laſſen, aber leicht ſprin- gen; ſo bringet man ſie auch wohl durch bloſſes Andrucken der unteren Zaͤhne an die obern von einander. Das Ambt dieſer Zaͤhne verrichten insgemein die Meſſer, wel- che mit den oberen einerley Figur haben und im Gebrauche gleichfals niedergedruckt und nach der Seite beweget werden.
Wie die Speiſe gekanet wird.
§. 409.
Die Schneide-Zaͤhne ſind nicht geſchickt die Speiſe zu kauen, denn ſie hal- ten zu lange auf, ehe man damit fertig wird, weil ſie gar zu ſchmaal ſind, wie es ein jeder leicht verſuchen kan, der dazu Luſt hat. Derowegen ſind zur Seite die Backen- Zaͤhne (molares), die deswegen breit ſind und perpendicular uͤber einander ſtehen, da- mit man die Speiſen zermalmen kan. Sie kommen mit einer Mahl-Muͤhle uͤber ein, da ein Stein ſich auf dem andern beweget, wenn das Getreyde zermalmet wird, nur
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Cap. XIII. Von der Ernaͤhrung
ne (inciſores). Mit ihnen beiſſet man ein
Stuͤcke von der Speiſe ab: denn wenn man
den Mund aufſperret und ſo weit, als man
es abbeiſſen will, uͤber die Zaͤhne hinein haͤlt;
drucket man nach dieſem die Zaͤhne zuſam-
men, wodurch zugleich die Speiſe zu ſam-
men gepreſſet wird, und beweget ſo dann fer-
ner die unteren an den oberen nach der Sei-
te weg, ſo ſchneidet ſich der Theil innerhalb
dem Munde ab. Sind die Sachen, ſo
man abbeiſſen wil harte, die ſich nicht zu-
ſammen drucken laſſen, aber leicht ſprin-
gen; ſo bringet man ſie auch wohl durch
bloſſes Andrucken der unteren Zaͤhne an die
obern von einander. Das Ambt dieſer
Zaͤhne verrichten insgemein die Meſſer, wel-
che mit den oberen einerley Figur haben und
im Gebrauche gleichfals niedergedruckt und
nach der Seite beweget werden.
§. 409. Die Schneide-Zaͤhne ſind nicht
geſchickt die Speiſe zu kauen, denn ſie hal-
ten zu lange auf, ehe man damit fertig wird,
weil ſie gar zu ſchmaal ſind, wie es ein jeder
leicht verſuchen kan, der dazu Luſt hat.
Derowegen ſind zur Seite die Backen-
Zaͤhne (molares), die deswegen breit ſind
und perpendicular uͤber einander ſtehen, da-
mit man die Speiſen zermalmen kan. Sie
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da ein Stein ſich auf dem andern beweget,
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/682>, abgerufen am 22.11.2024.
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