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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. XI. Von dem Wachsthum
Lufft würcklich diejenige sey, die aus der
schwammichten Materie der Rinde heraus
gehet; so darf man nur die Wurtzel in von
Lufft gereinigtes Wasser legen und unter
die Lufft-Pumpe bringen (§. 7. T. III.
Exper.
), so wird man erfahren, daß die
Lufft nirgends anders als daher kommet und
sich an stat derselben viel Wasser hinein zie-
het.

Wie die
Blätter
Regen u.
Thau in
sich zie-
hen.
§. 398.

Auf eben eine solche Weise gehet
es zu, daß der Thau und Regen sich in die
Blätter ziehet. Daß er sich hinein ziehet,
ist eine Sache, die auch aus der gemeinen
Erfahrung bekandt. Denn wenn man
welcke Pflantzen oder Blätter von Bäumen
entweder mit Wasser besprenget, oder auch
wohl gar hinein leget; so werden sie wieder
frisch. Daß aber innerhalb der schwam-
michten Materie der Blätter viel Lufft, als
wie in der schwammichten Materie der Rin-
de und diese mit dem Wasser ihre Stelle
vertauschet, zeigen die Versuche, welche ich
schon anders wo beschrieben (§. 71. T. III.
Exper.
). Zwar ist aus demselben Versuche
klar, daß die Lufft häuffiger von der verkehr-
ten Seite aus den Blättern gehet, als von
der rechten, worauff gleichwohl der Regen
und Thau fället: allein es zeigen auch eben
diese Versuche, daß die Blätter oben wei-
tere Gänge haben, wo das Wasser viel auf
einmahl hinein kommen kan. Unten hin-

gegen

Cap. XI. Von dem Wachsthum
Lufft wuͤrcklich diejenige ſey, die aus der
ſchwammichten Materie der Rinde heraus
gehet; ſo darf man nur die Wurtzel in von
Lufft gereinigtes Waſſer legen und unter
die Lufft-Pumpe bringen (§. 7. T. III.
Exper.
), ſo wird man erfahren, daß die
Lufft nirgends anders als daher kommet und
ſich an ſtat derſelben viel Waſſer hinein zie-
het.

Wie die
Blaͤtter
Regen u.
Thau in
ſich zie-
hen.
§. 398.

Auf eben eine ſolche Weiſe gehet
es zu, daß der Thau und Regen ſich in die
Blaͤtter ziehet. Daß er ſich hinein ziehet,
iſt eine Sache, die auch aus der gemeinen
Erfahrung bekandt. Denn wenn man
welcke Pflantzen oder Blaͤtter von Baͤumen
entweder mit Waſſer beſprenget, oder auch
wohl gar hinein leget; ſo werden ſie wieder
friſch. Daß aber innerhalb der ſchwam-
michten Materie der Blaͤtter viel Lufft, als
wie in der ſchwammichten Materie der Rin-
de und dieſe mit dem Waſſer ihre Stelle
vertauſchet, zeigen die Verſuche, welche ich
ſchon anders wo beſchrieben (§. 71. T. III.
Exper.
). Zwar iſt aus demſelben Verſuche
klar, daß die Lufft haͤuffiger von der verkehr-
ten Seite aus den Blaͤttern gehet, als von
der rechten, worauff gleichwohl der Regen
und Thau faͤllet: allein es zeigen auch eben
dieſe Verſuche, daß die Blaͤtter oben wei-
tere Gaͤnge haben, wo das Waſſer viel auf
einmahl hinein kommen kan. Unten hin-

gegen
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[628/0664] Cap. XI. Von dem Wachsthum Lufft wuͤrcklich diejenige ſey, die aus der ſchwammichten Materie der Rinde heraus gehet; ſo darf man nur die Wurtzel in von Lufft gereinigtes Waſſer legen und unter die Lufft-Pumpe bringen (§. 7. T. III. Exper.), ſo wird man erfahren, daß die Lufft nirgends anders als daher kommet und ſich an ſtat derſelben viel Waſſer hinein zie- het. §. 398. Auf eben eine ſolche Weiſe gehet es zu, daß der Thau und Regen ſich in die Blaͤtter ziehet. Daß er ſich hinein ziehet, iſt eine Sache, die auch aus der gemeinen Erfahrung bekandt. Denn wenn man welcke Pflantzen oder Blaͤtter von Baͤumen entweder mit Waſſer beſprenget, oder auch wohl gar hinein leget; ſo werden ſie wieder friſch. Daß aber innerhalb der ſchwam- michten Materie der Blaͤtter viel Lufft, als wie in der ſchwammichten Materie der Rin- de und dieſe mit dem Waſſer ihre Stelle vertauſchet, zeigen die Verſuche, welche ich ſchon anders wo beſchrieben (§. 71. T. III. Exper.). Zwar iſt aus demſelben Verſuche klar, daß die Lufft haͤuffiger von der verkehr- ten Seite aus den Blaͤttern gehet, als von der rechten, worauff gleichwohl der Regen und Thau faͤllet: allein es zeigen auch eben dieſe Verſuche, daß die Blaͤtter oben wei- tere Gaͤnge haben, wo das Waſſer viel auf einmahl hinein kommen kan. Unten hin- gegen

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/664>, abgerufen am 17.06.2024.