Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. XI. Von dem Wachsthum der an das Glaß anleget. Man saget ins-gemein, wenn dieses geschiehet, daß das Wasser faul wird. Herr Woodward ein gelehrter Medicus in Engelland und Pro- fessor Physices in dem Greßhamischen Collegio zu Londen ist auf die Gedancken gerathen, daß diese grüne Materie eben die- jenige sey, welche die Pflantze nähret und hat zu dem Ende verschiedene Versuche an- gestellet (a). Er nahm Gläser von einer Figur und Grösse, die enge Hälse hatten, und füllete sie mit Wasser: eines mit Brunnen-Wasser, das andere mit Regen- Wasser, das dritte mit Fluß-Wasser etc. o- ben verbund er die Gläser mit Pergament, damit das Wasser nicht ausdampffen möchte und ließ nur ein rundtes Loch, da er ohne Zwang den Stengel von einer Pflan- tze durchstecken konnte. Er setzte den 20 Julii alten Calenders einerley Pflantze in verschiedenes Wasser, nemlich gemeine Spitz-Müntze, und stellete die Gläser vor ein Fenster in die freye Lufft, wo sie des Ta- ges die Sonne bescheinen konnte Die im Brunnen-Wasser wog 27, im Regen-Was- ser 281/4, im Wasser aus der Thems 28 Gran. Als er sie den 5 Octob. nach Ver- lauf (a) Phil. Transact. Num. 253 p. 193 conf. Mi-
scellanea curiosa Lond. 1705. p. 212 & seqq. & Acta Erud. A. 1700. p. 88 Cap. XI. Von dem Wachsthum der an das Glaß anleget. Man ſaget ins-gemein, wenn dieſes geſchiehet, daß das Waſſer faul wird. Herr Woodward ein gelehrter Medicus in Engelland und Pro- feſſor Phyſices in dem Greßhamiſchen Collegio zu Londen iſt auf die Gedancken gerathen, daß dieſe gruͤne Materie eben die- jenige ſey, welche die Pflantze naͤhret und hat zu dem Ende verſchiedene Verſuche an- geſtellet (a). Er nahm Glaͤſer von einer Figur und Groͤſſe, die enge Haͤlſe hatten, und fuͤllete ſie mit Waſſer: eines mit Brunnen-Waſſer, das andere mit Regen- Waſſer, das dritte mit Fluß-Waſſer ꝛc. o- ben verbund er die Glaͤſer mit Pergament, damit das Waſſer nicht ausdampffen moͤchte und ließ nur ein rundtes Loch, da er ohne Zwang den Stengel von einer Pflan- tze durchſtecken konnte. Er ſetzte den 20 Julii alten Calenders einerley Pflantze in verſchiedenes Waſſer, nemlich gemeine Spitz-Muͤntze, und ſtellete die Glaͤſer vor ein Fenſter in die freye Lufft, wo ſie des Ta- ges die Sonne beſcheinen konnte Die im Brunnen-Waſſer wog 27, im Regen-Waſ- ſer 28¼, im Waſſer aus der Thems 28 Gran. Als er ſie den 5 Octob. nach Ver- lauf (a) Phil. Transact. Num. 253 p. 193 conf. Mi-
ſcellanea curioſa Lond. 1705. p. 212 & ſeqq. & Acta Erud. A. 1700. p. 88 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0656" n="620"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. XI.</hi> Von dem Wachsthum</hi></fw><lb/> der an das Glaß anleget. Man ſaget ins-<lb/> gemein, wenn dieſes geſchiehet, daß das<lb/> Waſſer faul wird. Herr <hi rendition="#fr">Woodward</hi> ein<lb/> gelehrter <hi rendition="#aq">Medicus</hi> in Engelland und <hi rendition="#aq">Pro-<lb/> feſſor <hi rendition="#i">P</hi>hyſices</hi> in dem <hi rendition="#fr">Greßhamiſchen</hi><lb/><hi rendition="#aq">Collegio</hi> zu Londen iſt auf die Gedancken<lb/> gerathen, daß dieſe gruͤne Materie eben die-<lb/> jenige ſey, welche die Pflantze naͤhret und<lb/> hat zu dem Ende verſchiedene Verſuche an-<lb/> geſtellet <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Phil. Transact. Num. 253 p. 193 conf. Mi-<lb/> ſcellanea curioſa <hi rendition="#i">L</hi>ond. 1705. p. 212 & ſeqq.<lb/> & <hi rendition="#i">A</hi>cta Erud. <hi rendition="#i">A.</hi> 1700. p.</hi> 88</note>. Er nahm Glaͤſer von einer<lb/> Figur und Groͤſſe, die enge Haͤlſe hatten,<lb/> und fuͤllete ſie mit Waſſer: eines mit<lb/> Brunnen-Waſſer, das andere mit Regen-<lb/> Waſſer, das dritte mit Fluß-Waſſer ꝛc. o-<lb/> ben verbund er die Glaͤſer mit Pergament,<lb/> damit das Waſſer nicht ausdampffen<lb/> moͤchte und ließ nur ein rundtes Loch, da er<lb/> ohne Zwang den Stengel von einer Pflan-<lb/> tze durchſtecken konnte. Er ſetzte den 20<lb/> Julii alten Calenders einerley Pflantze in<lb/> verſchiedenes Waſſer, nemlich gemeine<lb/><hi rendition="#fr">Spitz-Muͤntze</hi>, und ſtellete die Glaͤſer vor<lb/> ein Fenſter in die freye Lufft, wo ſie des Ta-<lb/> ges die Sonne beſcheinen konnte Die im<lb/> Brunnen-Waſſer wog 27, im Regen-Waſ-<lb/> ſer 28¼, im Waſſer aus der Thems 28<lb/> Gran. Als er ſie den 5 Octob. nach Ver-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lauf</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [620/0656]
Cap. XI. Von dem Wachsthum
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Waſſer faul wird. Herr Woodward ein
gelehrter Medicus in Engelland und Pro-
feſſor Phyſices in dem Greßhamiſchen
Collegio zu Londen iſt auf die Gedancken
gerathen, daß dieſe gruͤne Materie eben die-
jenige ſey, welche die Pflantze naͤhret und
hat zu dem Ende verſchiedene Verſuche an-
geſtellet (a). Er nahm Glaͤſer von einer
Figur und Groͤſſe, die enge Haͤlſe hatten,
und fuͤllete ſie mit Waſſer: eines mit
Brunnen-Waſſer, das andere mit Regen-
Waſſer, das dritte mit Fluß-Waſſer ꝛc. o-
ben verbund er die Glaͤſer mit Pergament,
damit das Waſſer nicht ausdampffen
moͤchte und ließ nur ein rundtes Loch, da er
ohne Zwang den Stengel von einer Pflan-
tze durchſtecken konnte. Er ſetzte den 20
Julii alten Calenders einerley Pflantze in
verſchiedenes Waſſer, nemlich gemeine
Spitz-Muͤntze, und ſtellete die Glaͤſer vor
ein Fenſter in die freye Lufft, wo ſie des Ta-
ges die Sonne beſcheinen konnte Die im
Brunnen-Waſſer wog 27, im Regen-Waſ-
ſer 28¼, im Waſſer aus der Thems 28
Gran. Als er ſie den 5 Octob. nach Ver-
lauf
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Zitationshilfe: | Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/656>, abgerufen am 17.06.2024. |