digsten Exempeln, so wir hier geben können, ist wohl dieses, daß in dem Haafen zu Tun- quin in China in 24 Stunden nur einmal Eb- be und Fluth ist und zweymahl im Monath gar keine, nemlich wenn der Mond nahe bey dem AEquatore stehet. Es sind über dieses nachfolgende besondere Umstände da- bey. Mit der Declination des Monds o- der seiner Abweichung von dem AEquatore nimmet die Fluth zu bis an den Tropi- cum, zu welcher Zeit dieselbe am grösten ist. Und zwar wenn der Mond im Tropico cancri ist, so ist die Fluth, indem derselbe ü- ber der Erde ist, und die Ebbe, wenn er un- ter der Erde ist, dergestalt daß die gröste Fluth mit dem Untergange und die gröste Ebbe, da das Wasser am niedrigsten stehet, mit dem Aufgange desselben zusammen trifft: hingegen wenn der Mond den Tro- picum capricorni erreichet, ist die Fluth, wenn er unter der Erde ist, und die Ebbe, wenn er sich über ihr befindet, dergestalt daß die Fluth am grösten ist, wenn er aufgehet, und die Ebbe am grösten, wenn er unterge- het (a). Es hat aber Herr Newton(b) schon erinnert, daß dieses davon komme, weil in demselben Haafen das Wasser aus
digſten Exempeln, ſo wir hier geben koͤnnen, iſt wohl dieſes, daß in dem Haafen zu Tun- quin in China in 24 Stunden nur einmal Eb- be und Fluth iſt und zweymahl im Monath gar keine, nemlich wenn der Mond nahe bey dem Æquatore ſtehet. Es ſind uͤber dieſes nachfolgende beſondere Umſtaͤnde da- bey. Mit der Declination des Monds o- der ſeiner Abweichung von dem Æquatore nimmet die Fluth zu bis an den Tropi- cum, zu welcher Zeit dieſelbe am groͤſten iſt. Und zwar wenn der Mond im Tropico cancri iſt, ſo iſt die Fluth, indem derſelbe uͤ- ber der Erde iſt, und die Ebbe, wenn er un- ter der Erde iſt, dergeſtalt daß die groͤſte Fluth mit dem Untergange und die groͤſte Ebbe, da das Waſſer am niedrigſten ſtehet, mit dem Aufgange deſſelben zuſammen trifft: hingegen wenn der Mond den Tro- picum capricorni erreichet, iſt die Fluth, wenn er unter der Erde iſt, und die Ebbe, wenn er ſich uͤber ihr befindet, dergeſtalt daß die Fluth am groͤſten iſt, wenn er aufgehet, und die Ebbe am groͤſten, wenn er unterge- het (a). Es hat aber Herr Newton(b) ſchon erinnert, daß dieſes davon komme, weil in demſelben Haafen das Waſſer aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0585"n="549"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">auf dem Erdboden.</hi></fw><lb/>
digſten Exempeln, ſo wir hier geben koͤnnen,<lb/>
iſt wohl dieſes, daß in dem Haafen zu Tun-<lb/>
quin in China in 24 Stunden nur einmal Eb-<lb/>
be und Fluth iſt und zweymahl im Monath<lb/>
gar keine, nemlich wenn der Mond nahe<lb/>
bey dem <hirendition="#aq">Æquatore</hi>ſtehet. Es ſind uͤber<lb/>
dieſes nachfolgende beſondere Umſtaͤnde da-<lb/>
bey. Mit der Declination des Monds o-<lb/>
der ſeiner Abweichung von dem <hirendition="#aq">Æquatore</hi><lb/>
nimmet die Fluth zu bis an den <hirendition="#aq">Tropi-<lb/>
cum,</hi> zu welcher Zeit dieſelbe am groͤſten iſt.<lb/>
Und zwar wenn der Mond im <hirendition="#aq">Tropico<lb/>
cancri</hi> iſt, ſo iſt die Fluth, indem derſelbe uͤ-<lb/>
ber der Erde iſt, und die Ebbe, wenn er un-<lb/>
ter der Erde iſt, dergeſtalt daß die groͤſte<lb/>
Fluth mit dem Untergange und die groͤſte<lb/>
Ebbe, da das Waſſer am niedrigſten ſtehet,<lb/>
mit dem Aufgange deſſelben zuſammen<lb/>
trifft: hingegen wenn der Mond den <hirendition="#aq">Tro-<lb/>
picum capricorni</hi> erreichet, iſt die Fluth,<lb/>
wenn er unter der Erde iſt, und die Ebbe,<lb/>
wenn er ſich uͤber ihr befindet, dergeſtalt daß<lb/>
die Fluth am groͤſten iſt, wenn er aufgehet,<lb/>
und die Ebbe am groͤſten, wenn er unterge-<lb/>
het <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">P</hi>hil. Transact. Num. 162. p.</hi> 677</note>. Es hat aber Herr <hirendition="#fr">Newton</hi><noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq">in <hirendition="#i">P</hi>rinc. Phil. Nat. Math. lib. 3. prop. 24.<lb/>
p.</hi> 394.</note><lb/>ſchon erinnert, daß dieſes davon komme,<lb/>
weil in demſelben Haafen das Waſſer aus<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M m 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">zwey</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[549/0585]
auf dem Erdboden.
digſten Exempeln, ſo wir hier geben koͤnnen,
iſt wohl dieſes, daß in dem Haafen zu Tun-
quin in China in 24 Stunden nur einmal Eb-
be und Fluth iſt und zweymahl im Monath
gar keine, nemlich wenn der Mond nahe
bey dem Æquatore ſtehet. Es ſind uͤber
dieſes nachfolgende beſondere Umſtaͤnde da-
bey. Mit der Declination des Monds o-
der ſeiner Abweichung von dem Æquatore
nimmet die Fluth zu bis an den Tropi-
cum, zu welcher Zeit dieſelbe am groͤſten iſt.
Und zwar wenn der Mond im Tropico
cancri iſt, ſo iſt die Fluth, indem derſelbe uͤ-
ber der Erde iſt, und die Ebbe, wenn er un-
ter der Erde iſt, dergeſtalt daß die groͤſte
Fluth mit dem Untergange und die groͤſte
Ebbe, da das Waſſer am niedrigſten ſtehet,
mit dem Aufgange deſſelben zuſammen
trifft: hingegen wenn der Mond den Tro-
picum capricorni erreichet, iſt die Fluth,
wenn er unter der Erde iſt, und die Ebbe,
wenn er ſich uͤber ihr befindet, dergeſtalt daß
die Fluth am groͤſten iſt, wenn er aufgehet,
und die Ebbe am groͤſten, wenn er unterge-
het (a). Es hat aber Herr Newton (b)
ſchon erinnert, daß dieſes davon komme,
weil in demſelben Haafen das Waſſer aus
zwey
(a) Phil. Transact. Num. 162. p. 677
(b) in Princ. Phil. Nat. Math. lib. 3. prop. 24.
p. 394.
M m 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/585>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.