Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. IX. Von dem Wasser den gar leicht zeigen lässet; dadurch aber,was Hugenius durch Experimente von der Geschwindigkeit des Falles schweerer Cör- per erfunden (§. 13 T. II. Exp.) und New- ton von der veränderlichen Schweere in verschiedener Weite von der Erde erwiesen, sich zeigen lässet, daß in der weite von der Er- de die der Mond hat, ein Cörper von seiner Schweere gleichfalls innerhalb einer Mi- nute 151/2 Schuhe fallen müsse. Es hat a- ber Newton erwiesen, daß die Schweere abnimmet in der Proportion, wie das Quadrat von der Weite von der Erde zu- nimmet, und die Geschwindigkeit des Falles auf eben die Weise abnimmet, wie die Schweere. Wenn man dieses einräumet, so siehet man gleich, daß der Fall eines schweeren Cörpers in einer Weite von dem Mittel-Puncte der Erde, die 60 mahl so groß ist als der halbe Diameter der Erde, in einer Minute so viel fallen muß, wie hier bey uns an der Fläche der Erde in einer Se- cunde. Derowegen da der Mond nach seiner mittleren Entfernung 60 halbe Dia- meters der Erde von dem Mittel-Puncte weg ist; so fället er in einer Minute so viel gegen die Erde, wie bey uns ein Cörper in einer Secunde. Damit man nun desto Tab. VI. Fig. 21besser begreiffe, wie diese abnehmende Krafft der Schweere Ebbe und Fluth hervorbrin- ge; so stelle man sich vor, T sey die Erde, L der
Cap. IX. Von dem Waſſer den gar leicht zeigen laͤſſet; dadurch aber,was Hugenius durch Experimente von der Geſchwindigkeit des Falles ſchweerer Coͤr- per erfunden (§. 13 T. II. Exp.) und New- ton von der veraͤnderlichen Schweere in verſchiedener Weite von der Erde erwieſen, ſich zeigen laͤſſet, daß in der weite von der Er- de die der Mond hat, ein Coͤrper von ſeiner Schweere gleichfalls innerhalb einer Mi- nute 15½ Schuhe fallen muͤſſe. Es hat a- ber Newton erwieſen, daß die Schweere abnimmet in der Proportion, wie das Quadrat von der Weite von der Erde zu- nimmet, und die Geſchwindigkeit des Falles auf eben die Weiſe abnimmet, wie die Schweere. Wenn man dieſes einraͤumet, ſo ſiehet man gleich, daß der Fall eines ſchweeren Coͤrpers in einer Weite von dem Mittel-Puncte der Erde, die 60 mahl ſo groß iſt als der halbe Diameter der Erde, in einer Minute ſo viel fallen muß, wie hier bey uns an der Flaͤche der Erde in einer Se- cunde. Derowegen da der Mond nach ſeiner mittleren Entfernung 60 halbe Dia- meters der Erde von dem Mittel-Puncte weg iſt; ſo faͤllet er in einer Minute ſo viel gegen die Erde, wie bey uns ein Coͤrper in einer Secunde. Damit man nun deſto Tab. VI. Fig. 21beſſer begreiffe, wie dieſe abnehmende Krafft der Schweere Ebbe und Fluth hervorbrin- ge; ſo ſtelle man ſich vor, T ſey die Erde, L der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0574" n="538"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. IX.</hi> Von dem Waſſer</hi></fw><lb/> den gar leicht zeigen laͤſſet; dadurch aber,<lb/> was <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hugenius</hi></hi> durch Experimente von der<lb/> Geſchwindigkeit des Falles ſchweerer Coͤr-<lb/> per erfunden (§. 13 <hi rendition="#aq">T. II. Exp.</hi>) und <hi rendition="#fr">New-<lb/> ton</hi> von der veraͤnderlichen Schweere in<lb/> verſchiedener Weite von der Erde erwieſen,<lb/> ſich zeigen laͤſſet, daß in der weite von der Er-<lb/> de die der Mond hat, ein Coͤrper von ſeiner<lb/> Schweere gleichfalls innerhalb einer Mi-<lb/> nute 15½ Schuhe fallen muͤſſe. Es hat a-<lb/> ber <hi rendition="#fr">Newton</hi> erwieſen, daß die Schweere<lb/> abnimmet in der Proportion, wie das<lb/> Quadrat von der Weite von der Erde zu-<lb/> nimmet, und die Geſchwindigkeit des Falles<lb/> auf eben die Weiſe abnimmet, wie die<lb/> Schweere. Wenn man dieſes einraͤumet,<lb/> ſo ſiehet man gleich, daß der Fall eines<lb/> ſchweeren Coͤrpers in einer Weite von dem<lb/> Mittel-Puncte der Erde, die 60 mahl ſo<lb/> groß iſt als der halbe Diameter der Erde,<lb/> in einer Minute ſo viel fallen muß, wie hier<lb/> bey uns an der Flaͤche der Erde in einer Se-<lb/> cunde. Derowegen da der Mond nach<lb/> ſeiner mittleren Entfernung 60 halbe Dia-<lb/> meters der Erde von dem Mittel-Puncte<lb/> weg iſt; ſo faͤllet er in einer Minute ſo viel<lb/> gegen die Erde, wie bey uns ein Coͤrper in<lb/> einer Secunde. Damit man nun deſto<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Tab. VI.<lb/> Fig.</hi> 21</note>beſſer begreiffe, wie dieſe abnehmende Krafft<lb/> der Schweere Ebbe und Fluth hervorbrin-<lb/> ge; ſo ſtelle man ſich vor, <hi rendition="#aq">T</hi> ſey die Erde, <hi rendition="#aq">L</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [538/0574]
Cap. IX. Von dem Waſſer
den gar leicht zeigen laͤſſet; dadurch aber,
was Hugenius durch Experimente von der
Geſchwindigkeit des Falles ſchweerer Coͤr-
per erfunden (§. 13 T. II. Exp.) und New-
ton von der veraͤnderlichen Schweere in
verſchiedener Weite von der Erde erwieſen,
ſich zeigen laͤſſet, daß in der weite von der Er-
de die der Mond hat, ein Coͤrper von ſeiner
Schweere gleichfalls innerhalb einer Mi-
nute 15½ Schuhe fallen muͤſſe. Es hat a-
ber Newton erwieſen, daß die Schweere
abnimmet in der Proportion, wie das
Quadrat von der Weite von der Erde zu-
nimmet, und die Geſchwindigkeit des Falles
auf eben die Weiſe abnimmet, wie die
Schweere. Wenn man dieſes einraͤumet,
ſo ſiehet man gleich, daß der Fall eines
ſchweeren Coͤrpers in einer Weite von dem
Mittel-Puncte der Erde, die 60 mahl ſo
groß iſt als der halbe Diameter der Erde,
in einer Minute ſo viel fallen muß, wie hier
bey uns an der Flaͤche der Erde in einer Se-
cunde. Derowegen da der Mond nach
ſeiner mittleren Entfernung 60 halbe Dia-
meters der Erde von dem Mittel-Puncte
weg iſt; ſo faͤllet er in einer Minute ſo viel
gegen die Erde, wie bey uns ein Coͤrper in
einer Secunde. Damit man nun deſto
beſſer begreiffe, wie dieſe abnehmende Krafft
der Schweere Ebbe und Fluth hervorbrin-
ge; ſo ſtelle man ſich vor, T ſey die Erde, L
der
Tab. VI.
Fig. 21
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/574 |
Zitationshilfe: | Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/574>, abgerufen am 28.07.2024. |