Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Schnee und Hagel.
daß so grosse Tropffen im Regen anzutref-
fen; so ist kein Zweiffel daß die Tropffen
sich schon in der oberen Lufft formiren und
nach diesem gefrieren. Wenn aber ein
grosser Hagel fället, so siehet man leicht, daß
die Hagel Steine nach und nach erzeuget
werden, indem über die kleineren Körner
neue Schaalen gefrieren und nach diesem
viele kleinere zusammen gefrieren. Das
letztere wird durch die vorhergehende Obser-
vationen (§. 286) bestetiget: das andere
ist daraus klar, weil die Hagel-Stei-
ne mit einem starcken Platz-Regen hernie-
der fallen, woraus man siehet, daß sie von
den Winden mit den Regen-Wolcken fort-
getrieben werden. Wolte man deswegen
Schwierigkeiten machen, weil die Regen-
Tropffen in den Regen-Wolcken nicht ge-
frieren: so sehen wir nicht allein, daß es
hier keine grössere Schwierigkeit hat, als
wenn Regen und Schnee unter einander fäl-
let, welches doch aber der Erfahrung gemäß
ist (§. 283); sondern wir haben auch zuer-
wegen, daß die Hagel-Körner sehr kalt sind
und daher dem Wasser, welches sie umb-
fleußt, leichtlich vollends so viel Wärme be-
nehmen, als nöthig ist wenn es gefrieren
soll. Derowegen kan wohl eine dünne
Schaale um das kleine Hagel-Korn ge-
frieren (§. 120 T. II. Exper.) und dieses
dadurch vergrössert werden, unerachtet die

übri-
(Physick) B b

Schnee und Hagel.
daß ſo groſſe Tropffen im Regen anzutref-
fen; ſo iſt kein Zweiffel daß die Tropffen
ſich ſchon in der oberen Lufft formiren und
nach dieſem gefrieren. Wenn aber ein
groſſer Hagel faͤllet, ſo ſiehet man leicht, daß
die Hagel Steine nach und nach erzeuget
werden, indem uͤber die kleineren Koͤrner
neue Schaalen gefrieren und nach dieſem
viele kleinere zuſammen gefrieren. Das
letztere wird durch die vorhergehende Obſer-
vationen (§. 286) beſtetiget: das andere
iſt daraus klar, weil die Hagel-Stei-
ne mit einem ſtarcken Platz-Regen hernie-
der fallen, woraus man ſiehet, daß ſie von
den Winden mit den Regen-Wolcken fort-
getrieben werden. Wolte man deswegen
Schwierigkeiten machen, weil die Regen-
Tropffen in den Regen-Wolcken nicht ge-
frieren: ſo ſehen wir nicht allein, daß es
hier keine groͤſſere Schwierigkeit hat, als
weñ Regen und Schnee unter einander faͤl-
let, welches doch aber der Erfahrung gemaͤß
iſt (§. 283); ſondern wir haben auch zuer-
wegen, daß die Hagel-Koͤrner ſehr kalt ſind
und daher dem Waſſer, welches ſie umb-
fleußt, leichtlich vollends ſo viel Waͤrme be-
nehmen, als noͤthig iſt wenn es gefrieren
ſoll. Derowegen kan wohl eine duͤnne
Schaale um das kleine Hagel-Korn ge-
frieren (§. 120 T. II. Exper.) und dieſes
dadurch vergroͤſſert werden, unerachtet die

uͤbri-
(Phyſick) B b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0421" n="385"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schnee und Hagel.</hi></fw><lb/>
daß &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Tropffen im Regen anzutref-<lb/>
fen; &#x017F;o i&#x017F;t kein Zweiffel daß die Tropffen<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chon in der oberen Lufft formiren und<lb/>
nach die&#x017F;em gefrieren. Wenn aber ein<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Hagel fa&#x0364;llet, &#x017F;o &#x017F;iehet man leicht, daß<lb/>
die Hagel Steine nach und nach erzeuget<lb/>
werden, indem u&#x0364;ber die kleineren Ko&#x0364;rner<lb/>
neue Schaalen gefrieren und nach die&#x017F;em<lb/>
viele kleinere zu&#x017F;ammen gefrieren. Das<lb/>
letztere wird durch die vorhergehende Ob&#x017F;er-<lb/>
vationen (§. 286) be&#x017F;tetiget: das andere<lb/>
i&#x017F;t daraus klar, weil die Hagel-Stei-<lb/>
ne mit einem &#x017F;tarcken Platz-Regen hernie-<lb/>
der fallen, woraus man &#x017F;iehet, daß &#x017F;ie von<lb/>
den Winden mit den Regen-Wolcken fort-<lb/>
getrieben werden. Wolte man deswegen<lb/>
Schwierigkeiten machen, weil die Regen-<lb/>
Tropffen in den Regen-Wolcken nicht ge-<lb/>
frieren: &#x017F;o &#x017F;ehen wir nicht allein, daß es<lb/>
hier keine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Schwierigkeit hat, als<lb/>
weñ Regen und Schnee unter einander fa&#x0364;l-<lb/>
let, welches doch aber der Erfahrung gema&#x0364;ß<lb/>
i&#x017F;t (§. 283); &#x017F;ondern wir haben auch zuer-<lb/>
wegen, daß die Hagel-Ko&#x0364;rner &#x017F;ehr kalt &#x017F;ind<lb/>
und daher dem Wa&#x017F;&#x017F;er, welches &#x017F;ie umb-<lb/>
fleußt, leichtlich vollends &#x017F;o viel Wa&#x0364;rme be-<lb/>
nehmen, als no&#x0364;thig i&#x017F;t wenn es gefrieren<lb/>
&#x017F;oll. Derowegen kan wohl eine du&#x0364;nne<lb/>
Schaale um das kleine Hagel-Korn ge-<lb/>
frieren (§. 120 <hi rendition="#aq">T. II. Exper.</hi>) und die&#x017F;es<lb/>
dadurch vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert werden, unerachtet die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Phy&#x017F;ick</hi></hi>) B b</fw><fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;bri-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0421] Schnee und Hagel. daß ſo groſſe Tropffen im Regen anzutref- fen; ſo iſt kein Zweiffel daß die Tropffen ſich ſchon in der oberen Lufft formiren und nach dieſem gefrieren. Wenn aber ein groſſer Hagel faͤllet, ſo ſiehet man leicht, daß die Hagel Steine nach und nach erzeuget werden, indem uͤber die kleineren Koͤrner neue Schaalen gefrieren und nach dieſem viele kleinere zuſammen gefrieren. Das letztere wird durch die vorhergehende Obſer- vationen (§. 286) beſtetiget: das andere iſt daraus klar, weil die Hagel-Stei- ne mit einem ſtarcken Platz-Regen hernie- der fallen, woraus man ſiehet, daß ſie von den Winden mit den Regen-Wolcken fort- getrieben werden. Wolte man deswegen Schwierigkeiten machen, weil die Regen- Tropffen in den Regen-Wolcken nicht ge- frieren: ſo ſehen wir nicht allein, daß es hier keine groͤſſere Schwierigkeit hat, als weñ Regen und Schnee unter einander faͤl- let, welches doch aber der Erfahrung gemaͤß iſt (§. 283); ſondern wir haben auch zuer- wegen, daß die Hagel-Koͤrner ſehr kalt ſind und daher dem Waſſer, welches ſie umb- fleußt, leichtlich vollends ſo viel Waͤrme be- nehmen, als noͤthig iſt wenn es gefrieren ſoll. Derowegen kan wohl eine duͤnne Schaale um das kleine Hagel-Korn ge- frieren (§. 120 T. II. Exper.) und dieſes dadurch vergroͤſſert werden, unerachtet die uͤbri- (Phyſick) B b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/421
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/421>, abgerufen am 25.11.2024.