und das Wasser daselbst um so viel erhöhet wird, so müssen allerdings auch die Ufer, folgends das feste Land höher seyn als wei- ter gegen die Pole, massen sonst das Was- ser alles überschwemmen würde. Da nun aber auch die Erde dergleichen Figur hat, so ist daraus zu schliessen, daß sie einesmahls über und über flüßig gewesen sey.
§. 183.
Man hat sich vor diesem ein-Warumb die Be- wegung der Erde umb ihre Axe sie nicht zer- nichtet. gebildet, daß, wenn sich die Erde um ihre Axe bewegen sollte, das Wasser sich verschütten und ein Theil der Erde hieher, das andere dort hin fliegen müste, folgends daß die gantze Erde zu drümmern gehen würde. Al- lein diese Furcht ist vergebens. Denn die Schweere ist grösser als die Krafft sich von von der Erde zu entfernen, und solcherge- stalt hält sie sowohl das Wasser zurücke, daß es nicht verschüttet wird, als auch die feste Materie, daß sie nicht wegfliegen und sich loßreissen kan.
§. 184.
Da auch die übrigen Welt-Ursache der rund- ten Figur in den ü- brigen Welt- Cörpern. Cörper eine rundte Figur haben; so siehet man daraus, daß auch daselbst die Mate- rie rings herum gegen ihren Mittel-Punct getrieben wird, folgends eine Schweere hat. Und weil sie sich auch um ihre Axe bewegen (§. 117. 146), so muß auch ihre Figur von der Kugel etwas abweichen und die Schweere grösser seyn als die Krafft, wel- che durch die Bewegung um die Axe entste-
het
uͤberhaupt.
und das Waſſer daſelbſt um ſo viel erhoͤhet wird, ſo muͤſſen allerdings auch die Ufer, folgends das feſte Land hoͤher ſeyn als wei- ter gegen die Pole, maſſen ſonſt das Waſ- ſer alles uͤberſchwemmen wuͤrde. Da nun aber auch die Erde dergleichen Figur hat, ſo iſt daraus zu ſchlieſſen, daß ſie einesmahls uͤber und uͤber fluͤßig geweſen ſey.
§. 183.
Man hat ſich vor dieſem ein-Warumb die Be- wegung der Erde umb ihre Axe ſie nicht zer- nichtet. gebildet, daß, wenn ſich die Erde um ihre Axe bewegen ſollte, das Waſſer ſich verſchuͤtten und ein Theil der Erde hieher, das andere dort hin fliegen muͤſte, folgends daß die gantze Erde zu druͤmmern gehen wuͤrde. Al- lein dieſe Furcht iſt vergebens. Denn die Schweere iſt groͤſſer als die Krafft ſich von von der Erde zu entfernen, und ſolcherge- ſtalt haͤlt ſie ſowohl das Waſſer zuruͤcke, daß es nicht verſchuͤttet wird, als auch die feſte Materie, daß ſie nicht wegfliegen und ſich loßreiſſen kan.
§. 184.
Da auch die uͤbrigen Welt-Urſache der rund- ten Figur in den uͤ- brigen Welt- Coͤrpern. Coͤrper eine rundte Figur haben; ſo ſiehet man daraus, daß auch daſelbſt die Mate- rie rings herum gegen ihren Mittel-Punct getrieben wird, folgends eine Schweere hat. Und weil ſie ſich auch um ihre Axe bewegen (§. 117. 146), ſo muß auch ihre Figur von der Kugel etwas abweichen und die Schweere groͤſſer ſeyn als die Krafft, wel- che durch die Bewegung um die Axe entſte-
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uͤberhaupt.
und das Waſſer daſelbſt um ſo viel erhoͤhet
wird, ſo muͤſſen allerdings auch die Ufer,
folgends das feſte Land hoͤher ſeyn als wei-
ter gegen die Pole, maſſen ſonſt das Waſ-
ſer alles uͤberſchwemmen wuͤrde. Da nun
aber auch die Erde dergleichen Figur hat, ſo
iſt daraus zu ſchlieſſen, daß ſie einesmahls
uͤber und uͤber fluͤßig geweſen ſey.
§. 183. Man hat ſich vor dieſem ein-
gebildet, daß, wenn ſich die Erde um ihre Axe
bewegen ſollte, das Waſſer ſich verſchuͤtten
und ein Theil der Erde hieher, das andere
dort hin fliegen muͤſte, folgends daß die
gantze Erde zu druͤmmern gehen wuͤrde. Al-
lein dieſe Furcht iſt vergebens. Denn die
Schweere iſt groͤſſer als die Krafft ſich von
von der Erde zu entfernen, und ſolcherge-
ſtalt haͤlt ſie ſowohl das Waſſer zuruͤcke, daß
es nicht verſchuͤttet wird, als auch die feſte
Materie, daß ſie nicht wegfliegen und ſich
loßreiſſen kan.
Warumb
die Be-
wegung
der Erde
umb ihre
Axe ſie
nicht zer-
nichtet.
§. 184. Da auch die uͤbrigen Welt-
Coͤrper eine rundte Figur haben; ſo ſiehet
man daraus, daß auch daſelbſt die Mate-
rie rings herum gegen ihren Mittel-Punct
getrieben wird, folgends eine Schweere hat.
Und weil ſie ſich auch um ihre Axe bewegen
(§. 117. 146), ſo muß auch ihre Figur von
der Kugel etwas abweichen und die
Schweere groͤſſer ſeyn als die Krafft, wel-
che durch die Bewegung um die Axe entſte-
het
Urſache
der rund-
ten Figur
in den uͤ-
brigen
Welt-
Coͤrpern.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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