Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. III. Von dem Mond. umb den Mond herum war (e). Es istdemnach ausser allem Zweiffel, daß in grossen Sonnen-Finsternissen um den Mond her- um ein solcher Ring zusehen ist, wie wir ihn beschrieben. Wo man Licht siehet, da muß etwas vorhanden seyn, welches das Licht zurücke wirfft. Derowegen ist klar, daß dieser helle Ring nicht anders hat entste- hen können, als durch die Reflexion des Sonnen-Lichtes in einer flüßigen Materie. Diese Materie kan nicht umb die Sonne seyn, denn sonst wäre der Ring mit der Pe- ripherie der Sonne und nicht des Monds parallel. Man kan auch nicht unsere Lufft davor annehmen: denn da der Zustand un- serer Lufft nicht zu allen Zeiten an verschie- denen Orten einerley ist, so könnte man auch nicht den Ring jedesmahl an allen Orten, wo die gäntzliche Verfinsterung gesehen wird, erblicken. Derowegen muß sie umb den Mond seyn. Es erhellet demnach aus gegenwärtiger Observation, daß den Mond eine flüßige Materie umgiebet, wel- che das Sonnen-Licht reflectiret. Und zwar da derselbe Ring nahe an dem Mon- den dichte ist, nach diesem immerzu nach und nach abnimmet; so muß die Monds-Lufft an dem Monden dichte seyn, und von dar an immer zu nach und nach abnehmen, bis sie (e) Philosoph. Transact. Num. 343 p. 249
Cap. III. Von dem Mond. umb den Mond herum war (e). Es iſtdemnach auſſer allem Zweiffel, daß in groſſen Sonnen-Finſterniſſen um den Mond her- um ein ſolcher Ring zuſehen iſt, wie wir ihn beſchrieben. Wo man Licht ſiehet, da muß etwas vorhanden ſeyn, welches das Licht zuruͤcke wirfft. Derowegen iſt klar, daß dieſer helle Ring nicht anders hat entſte- hen koͤnnen, als durch die Reflexion des Sonnen-Lichtes in einer fluͤßigen Materie. Dieſe Materie kan nicht umb die Sonne ſeyn, denn ſonſt waͤre der Ring mit der Pe- ripherie der Sonne und nicht des Monds parallel. Man kan auch nicht unſere Lufft davor annehmen: denn da der Zuſtand un- ſerer Lufft nicht zu allen Zeiten an verſchie- denen Orten einerley iſt, ſo koͤnnte man auch nicht den Ring jedesmahl an allen Orten, wo die gaͤntzliche Verfinſterung geſehen wird, erblicken. Derowegen muß ſie umb den Mond ſeyn. Es erhellet demnach aus gegenwaͤrtiger Obſervation, daß den Mond eine fluͤßige Materie umgiebet, wel- che das Sonnen-Licht reflectiret. Und zwar da derſelbe Ring nahe an dem Mon- den dichte iſt, nach dieſem immerzu nach und nach abnimmet; ſo muß die Monds-Lufft an dem Monden dichte ſeyn, und von dar an immer zu nach und nach abnehmen, bis ſie (e) Philoſoph. Transact. Num. 343 p. 249
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Cap. III. Von dem Mond.
umb den Mond herum war (e). Es iſt
demnach auſſer allem Zweiffel, daß in groſſen
Sonnen-Finſterniſſen um den Mond her-
um ein ſolcher Ring zuſehen iſt, wie wir
ihn beſchrieben. Wo man Licht ſiehet, da
muß etwas vorhanden ſeyn, welches das
Licht zuruͤcke wirfft. Derowegen iſt klar,
daß dieſer helle Ring nicht anders hat entſte-
hen koͤnnen, als durch die Reflexion des
Sonnen-Lichtes in einer fluͤßigen Materie.
Dieſe Materie kan nicht umb die Sonne
ſeyn, denn ſonſt waͤre der Ring mit der Pe-
ripherie der Sonne und nicht des Monds
parallel. Man kan auch nicht unſere Lufft
davor annehmen: denn da der Zuſtand un-
ſerer Lufft nicht zu allen Zeiten an verſchie-
denen Orten einerley iſt, ſo koͤnnte man auch
nicht den Ring jedesmahl an allen Orten,
wo die gaͤntzliche Verfinſterung geſehen
wird, erblicken. Derowegen muß ſie umb
den Mond ſeyn. Es erhellet demnach aus
gegenwaͤrtiger Obſervation, daß den
Mond eine fluͤßige Materie umgiebet, wel-
che das Sonnen-Licht reflectiret. Und
zwar da derſelbe Ring nahe an dem Mon-
den dichte iſt, nach dieſem immerzu nach und
nach abnimmet; ſo muß die Monds-Lufft
an dem Monden dichte ſeyn, und von dar
an immer zu nach und nach abnehmen, bis
ſie
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