Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. III. Von dem Mond.
bis drey Viertel von einer deutschen Meile
hoch und 100, bis 120 Meilen lang seyn
(§. 296). Wo es bergicht ist, da muß keine
flüßige Materie seyn: denn flüßige bleibet
nicht aufgethürmet stehen. Derowegen ist
in dem Monden festes Land, wo er helle
scheinet. Die dunckelen Flecke sind eben und
werffen weniger Licht zurücke (§. 134), und
in diesem Stücke kommen sie mit durch-
sichtigen flüßigen Cörpern überein, folgends
gleichen sie unserem Wasser, welches gleich-
falls eine flüßige durchsichtige Materie ist,
die hin und wieder zwischen den Plätzen des
festen Landes anzutreffen. Es ist demnach
die Vermuthung mehr als zu groß und einer
Gewißheit gleich zu achten, daß die Flecken
im Mond Wasser sind. Hierzu kommet,
daß wir auch in ihnen festes Land antreffen,
welches zum Theil mit dem übrigen in einem
fortgehet, zum Theil von ihm gantz abge-
sondert ist, das ist Jnseln und Halb-Jn-
seln. Denn wem ist nicht bekand, daß man
festes Land, welches rings herum von
Wasser umflossen, eine Jnsul nennet; hin-
gegen dasjenige, so nur von einer Seite
umflossen wird, eine Halb-Jnsul heisset?
Jch weiß wohl, daß Hugenius (b) die
Flecken für keine Meere halten will, weil er
durch ein grosses Fernglaß einige Vertief-

fun-
(b) Cosmotheoro lib. 2. p. m. 98.

Cap. III. Von dem Mond.
bis drey Viertel von einer deutſchen Meile
hoch und 100, bis 120 Meilen lang ſeyn
(§. 296). Wo es bergicht iſt, da muß keine
fluͤßige Materie ſeyn: denn fluͤßige bleibet
nicht aufgethuͤrmet ſtehen. Derowegen iſt
in dem Monden feſtes Land, wo er helle
ſcheinet. Die dunckelen Flecke ſind eben und
werffen weniger Licht zuruͤcke (§. 134), und
in dieſem Stuͤcke kommen ſie mit durch-
ſichtigen fluͤßigen Coͤrpern uͤberein, folgends
gleichen ſie unſerem Waſſer, welches gleich-
falls eine fluͤßige durchſichtige Materie iſt,
die hin und wieder zwiſchen den Plaͤtzen des
feſten Landes anzutreffen. Es iſt demnach
die Vermuthung mehr als zu groß und einer
Gewißheit gleich zu achten, daß die Flecken
im Mond Waſſer ſind. Hierzu kommet,
daß wir auch in ihnen feſtes Land antreffen,
welches zum Theil mit dem uͤbꝛigen in einem
fortgehet, zum Theil von ihm gantz abge-
ſondert iſt, das iſt Jnſeln und Halb-Jn-
ſeln. Denn wem iſt nicht bekand, daß man
feſtes Land, welches rings herum von
Waſſer umfloſſen, eine Jnſul nennet; hin-
gegen dasjenige, ſo nur von einer Seite
umfloſſen wird, eine Halb-Jnſul heiſſet?
Jch weiß wohl, daß Hugenius (b) die
Flecken fuͤr keine Meere halten will, weil er
durch ein groſſes Fernglaß einige Vertief-

fun-
(b) Coſmotheoro lib. 2. p. m. 98.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0238" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. III.</hi> Von dem Mond.</hi></fw><lb/>
bis drey Viertel von einer deut&#x017F;chen Meile<lb/>
hoch und 100, bis 120 Meilen lang &#x017F;eyn<lb/>
(§. 296). Wo es bergicht i&#x017F;t, da muß keine<lb/>
flu&#x0364;ßige Materie &#x017F;eyn: denn flu&#x0364;ßige bleibet<lb/>
nicht aufgethu&#x0364;rmet &#x017F;tehen. Derowegen i&#x017F;t<lb/>
in dem Monden fe&#x017F;tes Land, wo er helle<lb/>
&#x017F;cheinet. Die dunckelen Flecke &#x017F;ind eben und<lb/>
werffen weniger Licht zuru&#x0364;cke (§. 134), und<lb/>
in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke kommen &#x017F;ie mit durch-<lb/>
&#x017F;ichtigen flu&#x0364;ßigen Co&#x0364;rpern u&#x0364;berein, folgends<lb/>
gleichen &#x017F;ie un&#x017F;erem Wa&#x017F;&#x017F;er, welches gleich-<lb/>
falls eine flu&#x0364;ßige durch&#x017F;ichtige Materie i&#x017F;t,<lb/>
die hin und wieder zwi&#x017F;chen den Pla&#x0364;tzen des<lb/>
fe&#x017F;ten Landes anzutreffen. Es i&#x017F;t demnach<lb/>
die Vermuthung mehr als zu groß und einer<lb/>
Gewißheit gleich zu achten, daß die Flecken<lb/>
im Mond Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ind. Hierzu kommet,<lb/>
daß wir auch in ihnen fe&#x017F;tes Land antreffen,<lb/>
welches zum Theil mit dem u&#x0364;b&#xA75B;igen in einem<lb/>
fortgehet, zum Theil von ihm gantz abge-<lb/>
&#x017F;ondert i&#x017F;t, das i&#x017F;t Jn&#x017F;eln und Halb-Jn-<lb/>
&#x017F;eln. Denn wem i&#x017F;t nicht bekand, daß man<lb/>
fe&#x017F;tes Land, welches rings herum von<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er umflo&#x017F;&#x017F;en, eine Jn&#x017F;ul nennet; hin-<lb/>
gegen dasjenige, &#x017F;o nur von einer Seite<lb/>
umflo&#x017F;&#x017F;en wird, eine Halb-Jn&#x017F;ul hei&#x017F;&#x017F;et?<lb/>
Jch weiß wohl, daß <hi rendition="#aq">Hugenius</hi> <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Co&#x017F;motheoro lib. 2. p. m.</hi> 98.</note> die<lb/>
Flecken fu&#x0364;r keine Meere halten will, weil er<lb/>
durch ein gro&#x017F;&#x017F;es Fernglaß einige Vertief-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fun-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0238] Cap. III. Von dem Mond. bis drey Viertel von einer deutſchen Meile hoch und 100, bis 120 Meilen lang ſeyn (§. 296). Wo es bergicht iſt, da muß keine fluͤßige Materie ſeyn: denn fluͤßige bleibet nicht aufgethuͤrmet ſtehen. Derowegen iſt in dem Monden feſtes Land, wo er helle ſcheinet. Die dunckelen Flecke ſind eben und werffen weniger Licht zuruͤcke (§. 134), und in dieſem Stuͤcke kommen ſie mit durch- ſichtigen fluͤßigen Coͤrpern uͤberein, folgends gleichen ſie unſerem Waſſer, welches gleich- falls eine fluͤßige durchſichtige Materie iſt, die hin und wieder zwiſchen den Plaͤtzen des feſten Landes anzutreffen. Es iſt demnach die Vermuthung mehr als zu groß und einer Gewißheit gleich zu achten, daß die Flecken im Mond Waſſer ſind. Hierzu kommet, daß wir auch in ihnen feſtes Land antreffen, welches zum Theil mit dem uͤbꝛigen in einem fortgehet, zum Theil von ihm gantz abge- ſondert iſt, das iſt Jnſeln und Halb-Jn- ſeln. Denn wem iſt nicht bekand, daß man feſtes Land, welches rings herum von Waſſer umfloſſen, eine Jnſul nennet; hin- gegen dasjenige, ſo nur von einer Seite umfloſſen wird, eine Halb-Jnſul heiſſet? Jch weiß wohl, daß Hugenius (b) die Flecken fuͤr keine Meere halten will, weil er durch ein groſſes Fernglaß einige Vertief- fun- (b) Coſmotheoro lib. 2. p. m. 98.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/238
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/238>, abgerufen am 03.05.2024.