Weil nun die Schweere eine Ursa- che von aussen hat (§. 85) und nichts anders als eine Art der Bewegung ist (§. 83); so muß sie wie alle Bewegungen aus der Bewegung einer anderen Materie entste- hen, welche die schweeren Cörper gegen den Mittel-Punct der Erde treibet (§. 653 Met.) Und also giebt es eine besondere Materie in der Natur, die in steter Bewegung ist, wel- che durch ihre Bewegung die Cörper schweer machet, das ist, auf Erden sie gegen den Mit- tel-Punct der Erde treibet. Und diese Ma- terie ist eben diejenige, welche wir die schweermachende Materie nennen. Wer die Schweere von etwas anders als von dieser Materie herleiten will, der macht eben aus ihr nichts anders als eine verbor- gene Eigenschafft, massen natürlicher Wei- se keine Bewegung anders als aus einer vorhergehenden Bewegung kommen kan (§. 664 Met.) und alles was sich in der Natur veränderliches zeiget, durch die Bewegung geschiehet (§. 615 Met.). Und ich habe erst erwiesen (§. 84), daß verborgene Eigen- schafften etwas ungereimtes sind.
Einwurff wird be- antwor- tet.
§ 87.
Vielleicht werden einige vermei- nen, da die Materie alle in steter Bewegung ist (§. 8), auch ohne Bewegung in der Welt nicht seyn kan, weil sonst die Welt ein wüster und leerer Klumpe würde, darinnen sich kein Unterscheid, noch einige Ordnung
zei-
Cap. III. Von dem Unterſcheide
Daß eine ſchweer- machende Materie vorhan- den.
§. 86.
Weil nun die Schweere eine Urſa- che von auſſen hat (§. 85) und nichts anders als eine Art der Bewegung iſt (§. 83); ſo muß ſie wie alle Bewegungen aus der Bewegung einer anderen Materie entſte- hen, welche die ſchweeren Coͤrper gegen den Mittel-Punct der Erde treibet (§. 653 Met.) Und alſo giebt es eine beſondere Materie in der Natur, die in ſteter Bewegung iſt, wel- che durch ihre Bewegung die Coͤrper ſchweer machet, das iſt, auf Erden ſie gegen den Mit- tel-Punct der Erde treibet. Und dieſe Ma- terie iſt eben diejenige, welche wir die ſchweermachende Materie nennen. Wer die Schweere von etwas anders als von dieſer Materie herleiten will, der macht eben aus ihr nichts anders als eine verbor- gene Eigenſchafft, maſſen natuͤrlicher Wei- ſe keine Bewegung anders als aus einer vorhergehenden Bewegung kommen kan (§. 664 Met.) und alles was ſich in der Natur veraͤnderliches zeiget, durch die Bewegung geſchiehet (§. 615 Met.). Und ich habe erſt erwieſen (§. 84), daß verborgene Eigen- ſchafften etwas ungereimtes ſind.
Einwurff wird be- antwor- tet.
§ 87.
Vielleicht werden einige vermei- nen, da die Materie alle in ſteter Bewegung iſt (§. 8), auch ohne Bewegung in der Welt nicht ſeyn kan, weil ſonſt die Welt ein wuͤſter und leerer Klumpe wuͤrde, darinnen ſich kein Unterſcheid, noch einige Ordnung
zei-
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Cap. III. Von dem Unterſcheide
§. 86. Weil nun die Schweere eine Urſa-
che von auſſen hat (§. 85) und nichts anders
als eine Art der Bewegung iſt (§. 83); ſo
muß ſie wie alle Bewegungen aus der
Bewegung einer anderen Materie entſte-
hen, welche die ſchweeren Coͤrper gegen den
Mittel-Punct der Erde treibet (§. 653 Met.)
Und alſo giebt es eine beſondere Materie in
der Natur, die in ſteter Bewegung iſt, wel-
che durch ihre Bewegung die Coͤrper ſchweer
machet, das iſt, auf Erden ſie gegen den Mit-
tel-Punct der Erde treibet. Und dieſe Ma-
terie iſt eben diejenige, welche wir die
ſchweermachende Materie nennen.
Wer die Schweere von etwas anders als
von dieſer Materie herleiten will, der macht
eben aus ihr nichts anders als eine verbor-
gene Eigenſchafft, maſſen natuͤrlicher Wei-
ſe keine Bewegung anders als aus einer
vorhergehenden Bewegung kommen kan (§.
664 Met.) und alles was ſich in der Natur
veraͤnderliches zeiget, durch die Bewegung
geſchiehet (§. 615 Met.). Und ich habe erſt
erwieſen (§. 84), daß verborgene Eigen-
ſchafften etwas ungereimtes ſind.
§ 87. Vielleicht werden einige vermei-
nen, da die Materie alle in ſteter Bewegung
iſt (§. 8), auch ohne Bewegung in der
Welt nicht ſeyn kan, weil ſonſt die Welt ein
wuͤſter und leerer Klumpe wuͤrde, darinnen
ſich kein Unterſcheid, noch einige Ordnung
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/158>, abgerufen am 21.11.2024.
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