fahrung stimmet auch damit überein. Wirindie Cör- per drin- gen. wissen z. E. daß allerhand Materien durch das Wasser können flüßig werden, das Wasser aber gehöret vor sich auch unter die flüßigen Materien. Es ist demnach klar, daß eine flüßige Materie die andere flüßig machen kan. Wärme ist ei- ne flüßige Materie und sie machet das Was- ser flüßig (§. 55). Das Wasser ist eine flüßige Materie, und sie machet Kalck und andere dergleichen Materien flüßig. Ohne Zweiffel ist auch noch eine subtilere Mate- rie als die Wärme, welche dieselbe flüßig machet, weil wegen der unendlichen Subti- lität der Materie die Wärme noch nicht die subtileste ist (§. 3), ja auch eine andere sich durch sie bewegen muß, wenn sie getheilet seyn soll (§. 5. 8. 9).
§. 64.
Wir finden in der Erfahrung, daßWoher es kom- met, daß die Cör- per weich sind. die Materien erst weich werden, ehe sie fliessen und eben, was sie flüßig machet, die- selben erst weich machet: jedoch trifft dieses nicht durchgehends ein. Wachs schmel- tzet von der Wärme und fliesset; aber die Wärme machet es auch weich und zwar wird es eher weich als es fliesset, und von einem geringeren Grade der Wärme. Hin- gegen schmeltzet das Eis gleich und fliesset in Wasser, ohne daß man mercken kan, daß es vorher weich würde. Man siehet ohne mein Erinnern, daß die Wärme die Ursache von der Weiche des Wachses ist. Unterdessen
da
wegen der veraͤnderlichen Materie.
fahrung ſtimmet auch damit uͤberein. Wirindie Coͤr- per drin- gen. wiſſen z. E. daß allerhand Materien durch das Waſſer koͤnnen fluͤßig werden, das Waſſer aber gehoͤret vor ſich auch unter die fluͤßigen Materien. Es iſt demnach klar, daß eine fluͤßige Materie die andere fluͤßig machen kan. Waͤrme iſt ei- ne fluͤßige Materie und ſie machet das Waſ- ſer fluͤßig (§. 55). Das Waſſer iſt eine fluͤßige Materie, und ſie machet Kalck und andere dergleichen Materien fluͤßig. Ohne Zweiffel iſt auch noch eine ſubtilere Mate- rie als die Waͤrme, welche dieſelbe fluͤßig machet, weil wegen der unendlichen Subti- litaͤt der Materie die Waͤrme noch nicht die ſubtileſte iſt (§. 3), ja auch eine andere ſich durch ſie bewegen muß, wenn ſie getheilet ſeyn ſoll (§. 5. 8. 9).
§. 64.
Wir finden in der Erfahrung, daßWoher es kom- met, daß die Coͤr- per weich ſind. die Materien erſt weich werden, ehe ſie flieſſen und eben, was ſie fluͤßig machet, die- ſelben erſt weich machet: jedoch trifft dieſes nicht durchgehends ein. Wachs ſchmel- tzet von der Waͤrme und flieſſet; aber die Waͤrme machet es auch weich und zwar wird es eher weich als es flieſſet, und von einem geringeren Grade der Waͤrme. Hin- gegen ſchmeltzet das Eis gleich und flieſſet in Waſſer, ohne daß man mercken kan, daß es vorher weich wuͤrde. Man ſiehet ohne mein Erinnern, daß die Waͤrme die Urſache von der Weiche des Wachſes iſt. Unterdeſſen
da
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0129"n="93"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wegen der veraͤnderlichen Materie.</hi></fw><lb/>
fahrung ſtimmet auch damit uͤberein. Wir<noteplace="right">indie Coͤr-<lb/>
per drin-<lb/>
gen.</note><lb/>
wiſſen z. E. daß allerhand Materien<lb/>
durch das Waſſer koͤnnen fluͤßig werden,<lb/>
das Waſſer aber gehoͤret vor ſich auch<lb/>
unter die fluͤßigen Materien. Es iſt<lb/>
demnach klar, daß eine fluͤßige Materie die<lb/>
andere fluͤßig machen kan. Waͤrme iſt ei-<lb/>
ne fluͤßige Materie und ſie machet das Waſ-<lb/>ſer fluͤßig (§. 55). Das Waſſer iſt eine<lb/>
fluͤßige Materie, und ſie machet Kalck und<lb/>
andere dergleichen Materien fluͤßig. Ohne<lb/>
Zweiffel iſt auch noch eine ſubtilere Mate-<lb/>
rie als die Waͤrme, welche dieſelbe fluͤßig<lb/>
machet, weil wegen der unendlichen Subti-<lb/>
litaͤt der Materie die Waͤrme noch nicht die<lb/>ſubtileſte iſt (§. 3), ja auch eine andere ſich<lb/>
durch ſie bewegen muß, wenn ſie getheilet<lb/>ſeyn ſoll (§. 5. 8. 9).</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 64.</head><p>Wir finden in der Erfahrung, daß<noteplace="right">Woher<lb/>
es kom-<lb/>
met, daß<lb/>
die Coͤr-<lb/>
per weich<lb/>ſind.</note><lb/>
die Materien erſt weich werden, ehe ſie<lb/>
flieſſen und eben, was ſie fluͤßig machet, die-<lb/>ſelben erſt weich machet: jedoch trifft dieſes<lb/>
nicht durchgehends ein. Wachs ſchmel-<lb/>
tzet von der Waͤrme und flieſſet; aber die<lb/>
Waͤrme machet es auch weich und zwar<lb/>
wird es eher weich als es flieſſet, und von<lb/>
einem geringeren Grade der Waͤrme. Hin-<lb/>
gegen ſchmeltzet das Eis gleich und flieſſet in<lb/>
Waſſer, ohne daß man mercken kan, daß es<lb/>
vorher weich wuͤrde. Man ſiehet ohne mein<lb/>
Erinnern, daß die Waͤrme die Urſache von<lb/>
der Weiche des Wachſes iſt. Unterdeſſen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">da</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[93/0129]
wegen der veraͤnderlichen Materie.
fahrung ſtimmet auch damit uͤberein. Wir
wiſſen z. E. daß allerhand Materien
durch das Waſſer koͤnnen fluͤßig werden,
das Waſſer aber gehoͤret vor ſich auch
unter die fluͤßigen Materien. Es iſt
demnach klar, daß eine fluͤßige Materie die
andere fluͤßig machen kan. Waͤrme iſt ei-
ne fluͤßige Materie und ſie machet das Waſ-
ſer fluͤßig (§. 55). Das Waſſer iſt eine
fluͤßige Materie, und ſie machet Kalck und
andere dergleichen Materien fluͤßig. Ohne
Zweiffel iſt auch noch eine ſubtilere Mate-
rie als die Waͤrme, welche dieſelbe fluͤßig
machet, weil wegen der unendlichen Subti-
litaͤt der Materie die Waͤrme noch nicht die
ſubtileſte iſt (§. 3), ja auch eine andere ſich
durch ſie bewegen muß, wenn ſie getheilet
ſeyn ſoll (§. 5. 8. 9).
indie Coͤr-
per drin-
gen.
§. 64. Wir finden in der Erfahrung, daß
die Materien erſt weich werden, ehe ſie
flieſſen und eben, was ſie fluͤßig machet, die-
ſelben erſt weich machet: jedoch trifft dieſes
nicht durchgehends ein. Wachs ſchmel-
tzet von der Waͤrme und flieſſet; aber die
Waͤrme machet es auch weich und zwar
wird es eher weich als es flieſſet, und von
einem geringeren Grade der Waͤrme. Hin-
gegen ſchmeltzet das Eis gleich und flieſſet in
Waſſer, ohne daß man mercken kan, daß es
vorher weich wuͤrde. Man ſiehet ohne mein
Erinnern, daß die Waͤrme die Urſache von
der Weiche des Wachſes iſt. Unterdeſſen
da
Woher
es kom-
met, daß
die Coͤr-
per weich
ſind.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/129>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.