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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Väterlichen Gesellschafft.
(§. 372. Mor.), folgends eine Liebe zur
Tugend (§. 450. Met. & §. 9. 64. Mor.)
und einen Haß an den Lastern (§. 4. 55.
Met. & §. 9. 64. Mor.) bey Zeiten ein-
pflantzen, auch alle Begierde zum Bösen
und allen Wiederwillen für dem Guten
ausrotten.

§. 96.

So lange die Kinder keinen Ge-Wie El-
tern die
Kinder
zum Gu-
ten ver-
binden.

brauch der Vernunfft haben, lässet sich
auch durch vernünfftige Vorstellungen des
Guten und Bösen bey ihnen nichts aus-
richten. Da nun in diesem Falle die na-
türliche Verbindlichkeit zum Guten und
wieder das Böse nicht zureichend ist (§. 9.
Mor.); so müssen die Eltern sie auf eine
andere Art verbinden, indem sie nemlich
ihnen empfindliche Straffen mit den bö-
sen, hingegen Belohnungen mit den guten
Handlungen verknüpffen (§. 8. 36 Mor.).
Und wird hierdurch das Gesetze der Natur
zu einem Natürlichen Gesetze (§. 18.
Mor.).

§. 97.

Gleichwie man aber überhauptWie die-
se Ver-
bindlich-
keit ein-
zurich-
ten.

sich nach den natürlichen Neigungen des
Menschen richten muß, wenn man ihn ge-
schwinde lencken wil (§. 240 Mor.); so hat
man am allermeisten dieses bey Kindern zu
beobachten, bey welchen man anfangs
nichts als die natürlichen Neigungen findet,
auch diesen zu wiederstehen sich nicht so
gleich Mittel zeigen. Derowegen hat man

darauf
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Vaͤterlichen Geſellſchafft.
(§. 372. Mor.), folgends eine Liebe zur
Tugend (§. 450. Met. & §. 9. 64. Mor.)
und einen Haß an den Laſtern (§. 4. 55.
Met. & §. 9. 64. Mor.) bey Zeiten ein-
pflantzen, auch alle Begierde zum Boͤſen
und allen Wiederwillen fuͤr dem Guten
ausrotten.

§. 96.

So lange die Kinder keinen Ge-Wie El-
tern die
Kinder
zum Gu-
ten ver-
binden.

brauch der Vernunfft haben, laͤſſet ſich
auch durch vernuͤnfftige Vorſtellungen des
Guten und Boͤſen bey ihnen nichts aus-
richten. Da nun in dieſem Falle die na-
tuͤrliche Verbindlichkeit zum Guten und
wieder das Boͤſe nicht zureichend iſt (§. 9.
Mor.); ſo muͤſſen die Eltern ſie auf eine
andere Art verbinden, indem ſie nemlich
ihnen empfindliche Straffen mit den boͤ-
ſen, hingegen Belohnungen mit den guten
Handlungen verknuͤpffen (§. 8. 36 Mor.).
Und wird hierdurch das Geſetze der Natur
zu einem Natuͤrlichen Geſetze (§. 18.
Mor.).

§. 97.

Gleichwie man aber uͤberhauptWie die-
ſe Ver-
bindlich-
keit ein-
zurich-
ten.

ſich nach den natuͤrlichen Neigungen des
Menſchen richten muß, wenn man ihn ge-
ſchwinde lencken wil (§. 240 Mor.); ſo hat
man am allermeiſten dieſes bey Kindern zu
beobachten, bey welchen man anfangs
nichts als die natuͤrlichen Neigungen findet,
auch dieſen zu wiederſtehen ſich nicht ſo
gleich Mittel zeigen. Derowegen hat man

darauf
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[69/0087] Vaͤterlichen Geſellſchafft. (§. 372. Mor.), folgends eine Liebe zur Tugend (§. 450. Met. & §. 9. 64. Mor.) und einen Haß an den Laſtern (§. 4. 55. Met. & §. 9. 64. Mor.) bey Zeiten ein- pflantzen, auch alle Begierde zum Boͤſen und allen Wiederwillen fuͤr dem Guten ausrotten. §. 96.So lange die Kinder keinen Ge- brauch der Vernunfft haben, laͤſſet ſich auch durch vernuͤnfftige Vorſtellungen des Guten und Boͤſen bey ihnen nichts aus- richten. Da nun in dieſem Falle die na- tuͤrliche Verbindlichkeit zum Guten und wieder das Boͤſe nicht zureichend iſt (§. 9. Mor.); ſo muͤſſen die Eltern ſie auf eine andere Art verbinden, indem ſie nemlich ihnen empfindliche Straffen mit den boͤ- ſen, hingegen Belohnungen mit den guten Handlungen verknuͤpffen (§. 8. 36 Mor.). Und wird hierdurch das Geſetze der Natur zu einem Natuͤrlichen Geſetze (§. 18. Mor.). Wie El- tern die Kinder zum Gu- ten ver- binden. §. 97.Gleichwie man aber uͤberhaupt ſich nach den natuͤrlichen Neigungen des Menſchen richten muß, wenn man ihn ge- ſchwinde lencken wil (§. 240 Mor.); ſo hat man am allermeiſten dieſes bey Kindern zu beobachten, bey welchen man anfangs nichts als die natuͤrlichen Neigungen findet, auch dieſen zu wiederſtehen ſich nicht ſo gleich Mittel zeigen. Derowegen hat man darauf Wie die- ſe Ver- bindlich- keit ein- zurich- ten. E 3

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/87>, abgerufen am 04.05.2024.