Man siehet aber hieraus, ohneWas ein Weib nicht wieder fordern kan. mein Erinnern, daß das Weib nichts wieder fordern kan, als was der Mann von ihrem Vermögen in Empfang genommen, u. zum gemeinen Besten des Ehestandes genutzet. Derowegen wenn sie etwas vor sich behal- ten und nach ihrem eigenen Gefallen verwal- tet, auch entweder durchgebracht, oder sich darum betrügen laßen; so kan sie mit kei- nem Grunde nach des Mannes Tode sol- ches aus seinem Vermögen wieder for- dern.
§. 76.
Gleicher gestalt wenn ein WeibEben der- gleichen Fall. Schulden machet, oder auch sonst bloß nach ihrem Gefallen ausgiebet, worein der Mann zu willigen nach den Regeln der Sit- tenlehre nicht befugt ist; so hat sie so viel, als dieses austräget, von dem ihrigen ver- than, und kan es nach des Mannes Tode nicht noch einmahl wieder fodern.
§. 77.
Uber die unbeweglichen GütterDas Weib hat den Scha- den von ihren Güttern zu tra- gen. des Weibes hat der Mann kein weiterers Recht, als daß er sie brauchen kan (§. 55) und also eben das Recht, was ein Pachter hat (§. 926 Mor.). Derowegen wenn es sich zutrüge, daß sie durch einen Unglücks-Fall, daran er keine Schuld hat, entweder ver- dorben oder verschlimmert würde; so triefft der Schaden das Weib, und kan sie nicht verlangen, daß er ihr nach des Mannes Tode aus seinem Vermögen ersetzet werde.
§.
(§. 959 Mor.) D 3
Cap. 2. Von dem Eheſtande.
§. 75.
Man ſiehet aber hieraus, ohneWas ein Weib nicht wieder fordern kan. mein Erinnern, daß das Weib nichts wieder fordern kan, als was der Mann von ihrem Vermoͤgen in Empfang genommen, u. zum gemeinen Beſten des Eheſtandes genutzet. Derowegen wenn ſie etwas vor ſich behal- ten und nach ihrem eigenen Gefallen verwal- tet, auch entweder durchgebracht, oder ſich darum betruͤgen laßen; ſo kan ſie mit kei- nem Grunde nach des Mannes Tode ſol- ches aus ſeinem Vermoͤgen wieder for- dern.
§. 76.
Gleicher geſtalt wenn ein WeibEben der- gleichen Fall. Schulden machet, oder auch ſonſt bloß nach ihrem Gefallen ausgiebet, worein der Mann zu willigen nach den Regeln der Sit- tenlehre nicht befugt iſt; ſo hat ſie ſo viel, als dieſes austraͤget, von dem ihrigen ver- than, und kan es nach des Mannes Tode nicht noch einmahl wieder fodern.
§. 77.
Uber die unbeweglichen GuͤtterDas Weib hat den Scha- den von ihren Guͤttern zu tra- gen. des Weibes hat der Mann kein weiterers Recht, als daß er ſie brauchen kan (§. 55) und alſo eben das Recht, was ein Pachter hat (§. 926 Mor.). Derowegen wenn es ſich zutruͤge, daß ſie durch einen Ungluͤcks-Fall, daran er keine Schuld hat, entweder ver- dorben oder verſchlimmert wuͤrde; ſo triefft der Schaden das Weib, und kan ſie nicht verlangen, daß er ihr nach des Mannes Tode aus ſeinem Vermoͤgen erſetzet werde.
§.
(§. 959 Mor.) D 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0071"n="53"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 2. Von dem Eheſtande.</hi></fw><lb/><divn="4"><head>§. 75.</head><p>Man ſiehet aber hieraus, ohne<noteplace="right">Was ein<lb/>
Weib<lb/>
nicht<lb/>
wieder<lb/>
fordern<lb/>
kan.</note><lb/>
mein Erinnern, daß das Weib nichts wieder<lb/>
fordern kan, als was der Mann von ihrem<lb/>
Vermoͤgen in Empfang genommen, u. zum<lb/>
gemeinen Beſten des Eheſtandes genutzet.<lb/>
Derowegen wenn ſie etwas vor ſich behal-<lb/>
ten und nach ihrem eigenen Gefallen verwal-<lb/>
tet, auch entweder durchgebracht, oder ſich<lb/>
darum betruͤgen laßen; ſo kan ſie mit kei-<lb/>
nem Grunde nach des Mannes Tode ſol-<lb/>
ches aus ſeinem Vermoͤgen wieder for-<lb/>
dern.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 76.</head><p>Gleicher geſtalt wenn ein Weib<noteplace="right">Eben der-<lb/>
gleichen<lb/>
Fall.</note><lb/>
Schulden machet, oder auch ſonſt bloß<lb/>
nach ihrem Gefallen ausgiebet, worein der<lb/>
Mann zu willigen nach den Regeln der Sit-<lb/>
tenlehre nicht befugt iſt; ſo hat ſie ſo viel,<lb/>
als dieſes austraͤget, von dem ihrigen ver-<lb/>
than, und kan es nach des Mannes Tode<lb/>
nicht noch einmahl wieder fodern.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 77.</head><p>Uber die unbeweglichen Guͤtter<noteplace="right">Das<lb/>
Weib hat<lb/>
den Scha-<lb/>
den von<lb/>
ihren<lb/>
Guͤttern<lb/>
zu tra-<lb/>
gen.</note><lb/>
des Weibes hat der Mann kein weiterers<lb/>
Recht, als daß er ſie brauchen kan (§. 55)<lb/>
und alſo eben das Recht, was ein Pachter<lb/>
hat (§. 926 <hirendition="#aq">Mor.</hi>). Derowegen wenn es ſich<lb/>
zutruͤge, daß ſie durch einen Ungluͤcks-Fall,<lb/>
daran er keine Schuld hat, entweder ver-<lb/>
dorben oder verſchlimmert wuͤrde; ſo triefft<lb/>
der Schaden das Weib, und kan ſie nicht<lb/>
verlangen, daß er ihr nach des Mannes<lb/>
Tode aus ſeinem Vermoͤgen erſetzet werde.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">(§. 959 <hirendition="#aq">Mor.</hi>) D 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">§.</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[53/0071]
Cap. 2. Von dem Eheſtande.
§. 75.Man ſiehet aber hieraus, ohne
mein Erinnern, daß das Weib nichts wieder
fordern kan, als was der Mann von ihrem
Vermoͤgen in Empfang genommen, u. zum
gemeinen Beſten des Eheſtandes genutzet.
Derowegen wenn ſie etwas vor ſich behal-
ten und nach ihrem eigenen Gefallen verwal-
tet, auch entweder durchgebracht, oder ſich
darum betruͤgen laßen; ſo kan ſie mit kei-
nem Grunde nach des Mannes Tode ſol-
ches aus ſeinem Vermoͤgen wieder for-
dern.
Was ein
Weib
nicht
wieder
fordern
kan.
§. 76.Gleicher geſtalt wenn ein Weib
Schulden machet, oder auch ſonſt bloß
nach ihrem Gefallen ausgiebet, worein der
Mann zu willigen nach den Regeln der Sit-
tenlehre nicht befugt iſt; ſo hat ſie ſo viel,
als dieſes austraͤget, von dem ihrigen ver-
than, und kan es nach des Mannes Tode
nicht noch einmahl wieder fodern.
Eben der-
gleichen
Fall.
§. 77.Uber die unbeweglichen Guͤtter
des Weibes hat der Mann kein weiterers
Recht, als daß er ſie brauchen kan (§. 55)
und alſo eben das Recht, was ein Pachter
hat (§. 926 Mor.). Derowegen wenn es ſich
zutruͤge, daß ſie durch einen Ungluͤcks-Fall,
daran er keine Schuld hat, entweder ver-
dorben oder verſchlimmert wuͤrde; ſo triefft
der Schaden das Weib, und kan ſie nicht
verlangen, daß er ihr nach des Mannes
Tode aus ſeinem Vermoͤgen erſetzet werde.
Das
Weib hat
den Scha-
den von
ihren
Guͤttern
zu tra-
gen.
§.
(§. 959 Mor.) D 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/71>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.