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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Kriege.
Denn wenn wir unsern Bund nicht hal-
ten; so werden nicht allein unsere
Bundsgenossen ihn wieder nicht halten,
sondern wir werden auch nach diesem
nicht leicht wieder einen finden, der sich
mit uns in ein Bündnis einzulassen Lust
hat: wenigstens wird man uns nicht
viel zutrauen. Es verlieret demnach ein
grosser Herr, wenn er wieder seinen
Bund handelt, den er mit andern auf-
gerichtet, seinen Glauben. Man siehet
aber aus diesem Exempel, wie weit man
auf das Staats-Interesse zusehen hat,
nehmlich es muß niemahls wieder die na-
türliche Billigkeit befördert werden, wel-
ches auch überhaupt daraus abzunehmen,
weil sich die Potentaten und Staaten
gegen einander wie einzele Personen ver-
halten, und also auch in Beförderung
dieses Interesses diejenigen Regeln gelten
müssen, die einzele Personen unter einan-
der zubeobachten haben. Damit der
Feind, welcher uns den Krieg ankündi-
get, nicht nach gefallen gleich ins Land
eindringen und nach seinem Willkühr
brandschatzen kan, so müssen überall an den
Gräntzen Festungen erbauet werden:
auch müssen auf gleiche Weise die wich-
tigsten Städte im Lande fortificiret
werden. Endlich damit man in Krieges-

Zeiten
Q q 4

Kriege.
Denn wenn wir unſern Bund nicht hal-
ten; ſo werden nicht allein unſere
Bundsgenoſſen ihn wieder nicht halten,
ſondern wir werden auch nach dieſem
nicht leicht wieder einen finden, der ſich
mit uns in ein Buͤndnis einzulaſſen Luſt
hat: wenigſtens wird man uns nicht
viel zutrauen. Es verlieret demnach ein
groſſer Herr, wenn er wieder ſeinen
Bund handelt, den er mit andern auf-
gerichtet, ſeinen Glauben. Man ſiehet
aber aus dieſem Exempel, wie weit man
auf das Staats-Intereſſe zuſehen hat,
nehmlich es muß niemahls wieder die na-
tuͤrliche Billigkeit befoͤrdert werden, wel-
ches auch uͤberhaupt daraus abzunehmen,
weil ſich die Potentaten und Staaten
gegen einander wie einzele Perſonen ver-
halten, und alſo auch in Befoͤrderung
dieſes Intereſſes diejenigen Regeln gelten
muͤſſen, die einzele Perſonen unter einan-
der zubeobachten haben. Damit der
Feind, welcher uns den Krieg ankuͤndi-
get, nicht nach gefallen gleich ins Land
eindringen und nach ſeinem Willkuͤhr
brandſchatzen kan, ſo muͤſſen uͤberall an den
Graͤntzen Feſtungen erbauet werden:
auch muͤſſen auf gleiche Weiſe die wich-
tigſten Staͤdte im Lande fortificiret
werden. Endlich damit man in Krieges-

Zeiten
Q q 4
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[615/0633] Kriege. Denn wenn wir unſern Bund nicht hal- ten; ſo werden nicht allein unſere Bundsgenoſſen ihn wieder nicht halten, ſondern wir werden auch nach dieſem nicht leicht wieder einen finden, der ſich mit uns in ein Buͤndnis einzulaſſen Luſt hat: wenigſtens wird man uns nicht viel zutrauen. Es verlieret demnach ein groſſer Herr, wenn er wieder ſeinen Bund handelt, den er mit andern auf- gerichtet, ſeinen Glauben. Man ſiehet aber aus dieſem Exempel, wie weit man auf das Staats-Intereſſe zuſehen hat, nehmlich es muß niemahls wieder die na- tuͤrliche Billigkeit befoͤrdert werden, wel- ches auch uͤberhaupt daraus abzunehmen, weil ſich die Potentaten und Staaten gegen einander wie einzele Perſonen ver- halten, und alſo auch in Befoͤrderung dieſes Intereſſes diejenigen Regeln gelten muͤſſen, die einzele Perſonen unter einan- der zubeobachten haben. Damit der Feind, welcher uns den Krieg ankuͤndi- get, nicht nach gefallen gleich ins Land eindringen und nach ſeinem Willkuͤhr brandſchatzen kan, ſo muͤſſen uͤberall an den Graͤntzen Feſtungen erbauet werden: auch muͤſſen auf gleiche Weiſe die wich- tigſten Staͤdte im Lande fortificiret werden. Endlich damit man in Krieges- Zeiten Q q 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/633>, abgerufen am 22.11.2024.