Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 7. Von dem chert sind, daß der andere einen Krieg mitihnen anfangen will und sie solches zu hin- tertreiben nicht vermögend sind, ihm zu- vorkommen und den Anfang machen dörf- fen: also ist es auch nicht unrecht, daß ein Landes-Herr, wenn er siehet, wie man ihn bekriegen will, und solches zu hinter- tertreiben nicht in seinem Vermögen fin- det, dem andern zuvorkommet und den Anfang machet. Es wird dadurch wohl freylich der Krieg dem Lande nicht zuträg- licher als vorhin: allein es ist alsdenn ein Unglück, das zu vermeiden nicht in un- seren Kräfften stehet (§. 1002. Met.). Und in solchem Falle muß man keine Klagen führen, wenn der Landes-Herr die zum Kriege nöthige Kosten von den Untertha- nen eintreibet, auch von ihnen junge Mannschafft zu Soldaten anwirbet. Und dieses findet noch mehr statt, wenn man gegen den andern, der uns bekrieget, sich wehren muß. Denn gleichwie im natür- lichen Stande eintzelen Personen es er- laubet ist, sich gegen den Feind zu wehren, auch wenn es mit Verlust seines Lebens geschehen solte (§. 868. 869. Mor.): also haben auch Potentaten jederzeit das Recht, ja sie sind gar verbunden sich zu wehren, so gut als es ihnen immer möglich ist, wenn sie von andern bekrieget werden. Es werden auch die Unterthanen die Noth- wen-
Cap. 7. Von dem chert ſind, daß der andere einen Krieg mitihnen anfangen will und ſie ſolches zu hin- tertreiben nicht vermoͤgend ſind, ihm zu- vorkommen und den Anfang machen doͤrf- fen: alſo iſt es auch nicht unrecht, daß ein Landes-Herr, wenn er ſiehet, wie man ihn bekriegen will, und ſolches zu hinter- tertreiben nicht in ſeinem Vermoͤgen fin- det, dem andern zuvorkommet und den Anfang machet. Es wird dadurch wohl freylich der Krieg dem Lande nicht zutraͤg- licher als vorhin: allein es iſt alsdenn ein Ungluͤck, das zu vermeiden nicht in un- ſeren Kraͤfften ſtehet (§. 1002. Met.). Und in ſolchem Falle muß man keine Klagen fuͤhren, wenn der Landes-Herr die zum Kriege noͤthige Koſten von den Untertha- nen eintreibet, auch von ihnen junge Mannſchafft zu Soldaten anwirbet. Und dieſes findet noch mehr ſtatt, wenn man gegen den andern, der uns bekrieget, ſich wehren muß. Denn gleichwie im natuͤr- lichen Stande eintzelen Perſonen es er- laubet iſt, ſich gegen den Feind zu wehren, auch wenn es mit Verluſt ſeines Lebens geſchehen ſolte (§. 868. 869. Mor.): alſo haben auch Potentaten jederzeit das Recht, ja ſie ſind gar verbunden ſich zu wehren, ſo gut als es ihnen immer moͤglich iſt, wenn ſie von andern bekrieget werden. Es werden auch die Unterthanen die Noth- wen-
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Cap. 7. Von dem
chert ſind, daß der andere einen Krieg mit
ihnen anfangen will und ſie ſolches zu hin-
tertreiben nicht vermoͤgend ſind, ihm zu-
vorkommen und den Anfang machen doͤrf-
fen: alſo iſt es auch nicht unrecht, daß
ein Landes-Herr, wenn er ſiehet, wie man
ihn bekriegen will, und ſolches zu hinter-
tertreiben nicht in ſeinem Vermoͤgen fin-
det, dem andern zuvorkommet und den
Anfang machet. Es wird dadurch wohl
freylich der Krieg dem Lande nicht zutraͤg-
licher als vorhin: allein es iſt alsdenn
ein Ungluͤck, das zu vermeiden nicht in un-
ſeren Kraͤfften ſtehet (§. 1002. Met.). Und
in ſolchem Falle muß man keine Klagen
fuͤhren, wenn der Landes-Herr die zum
Kriege noͤthige Koſten von den Untertha-
nen eintreibet, auch von ihnen junge
Mannſchafft zu Soldaten anwirbet. Und
dieſes findet noch mehr ſtatt, wenn man
gegen den andern, der uns bekrieget, ſich
wehren muß. Denn gleichwie im natuͤr-
lichen Stande eintzelen Perſonen es er-
laubet iſt, ſich gegen den Feind zu wehren,
auch wenn es mit Verluſt ſeines Lebens
geſchehen ſolte (§. 868. 869. Mor.): alſo
haben auch Potentaten jederzeit das Recht,
ja ſie ſind gar verbunden ſich zu wehren,
ſo gut als es ihnen immer moͤglich iſt,
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