Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung die Meistbietenden verkauffet werden, oderauch eine Weibes-Person zur Zulage be- kommen, die einem verständigen und ge- schickten Manne zu heyrathen nicht anste- het. Denn nicht allemahl ist derjenige der geschickteste, der viel geben kan. Wir finden vielmehr, daß Leute von Vermögen sich seltener so qualificiren, wie andere, die von unvermögenden, oder doch wenigstens nicht reichen Eltern erzogen werden. Es ist freylich unmöglich, daß ein Landes-Herr alle Leute, die umb Bedienungen anhal- ten, oder die ihm vorgeschlagen werden, kennet, und demnach entstehet die Frage, wie er sich in diesem Stücke genung vor- sehen könne, damit er nicht von denen hin- tergangen werde, die andere in Vorschlag bringen und recommendiren. Für al- len Dingen ist nöthig, daß er ein Gesetze gebe niemanden zu einer Bedienung vor- zuschlagen, als der durch genungsame Proben dazu geschickt befunden worden, und jedermann dasselbe steif und feste zu halten verbinde. Weil nun keine andere Verbindlichkeit hier statt findet als die Straffe (§. 342.), so müssen nach Wich- tigkeit der Aembter schweere Straffen dar- auf gesetzet werden, woferne von denen, welche die Gewalt haben einige vorzu- schlage, oder auch vor sich sich unterstehen sie zu recommendiren, ungeschickte Leute als
Cap. 6. Von der Regierung die Meiſtbietenden verkauffet werden, oderauch eine Weibes-Perſon zur Zulage be- kommen, die einem verſtaͤndigen und ge- ſchickten Manne zu heyrathen nicht anſte- het. Denn nicht allemahl iſt derjenige der geſchickteſte, der viel geben kan. Wir finden vielmehr, daß Leute von Vermoͤgen ſich ſeltener ſo qualificiren, wie andere, die von unvermoͤgenden, oder doch wenigſtens nicht reichen Eltern erzogen werden. Es iſt freylich unmoͤglich, daß ein Landes-Herr alle Leute, die umb Bedienungen anhal- ten, oder die ihm vorgeſchlagen werden, kennet, und demnach entſtehet die Frage, wie er ſich in dieſem Stuͤcke genung vor- ſehen koͤnne, damit er nicht von denen hin- tergangen werde, die andere in Vorſchlag bringen und recommendiren. Fuͤr al- len Dingen iſt noͤthig, daß er ein Geſetze gebe niemanden zu einer Bedienung vor- zuſchlagen, als der durch genungſame Proben dazu geſchickt befunden worden, und jedermann daſſelbe ſteif und feſte zu halten verbinde. Weil nun keine andere Verbindlichkeit hier ſtatt findet als die Straffe (§. 342.), ſo muͤſſen nach Wich- tigkeit der Aembter ſchweere Straffen dar- auf geſetzet werden, woferne von denen, welche die Gewalt haben einige vorzu- ſchlagë, oder auch vor ſich ſich unterſtehen ſie zu recommendiren, ungeſchickte Leute als
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Cap. 6. Von der Regierung
die Meiſtbietenden verkauffet werden, oder
auch eine Weibes-Perſon zur Zulage be-
kommen, die einem verſtaͤndigen und ge-
ſchickten Manne zu heyrathen nicht anſte-
het. Denn nicht allemahl iſt derjenige
der geſchickteſte, der viel geben kan. Wir
finden vielmehr, daß Leute von Vermoͤgen
ſich ſeltener ſo qualificiren, wie andere, die
von unvermoͤgenden, oder doch wenigſtens
nicht reichen Eltern erzogen werden. Es
iſt freylich unmoͤglich, daß ein Landes-Herr
alle Leute, die umb Bedienungen anhal-
ten, oder die ihm vorgeſchlagen werden,
kennet, und demnach entſtehet die Frage,
wie er ſich in dieſem Stuͤcke genung vor-
ſehen koͤnne, damit er nicht von denen hin-
tergangen werde, die andere in Vorſchlag
bringen und recommendiren. Fuͤr al-
len Dingen iſt noͤthig, daß er ein Geſetze
gebe niemanden zu einer Bedienung vor-
zuſchlagen, als der durch genungſame
Proben dazu geſchickt befunden worden,
und jedermann daſſelbe ſteif und feſte zu
halten verbinde. Weil nun keine andere
Verbindlichkeit hier ſtatt findet als die
Straffe (§. 342.), ſo muͤſſen nach Wich-
tigkeit der Aembter ſchweere Straffen dar-
auf geſetzet werden, woferne von denen,
welche die Gewalt haben einige vorzu-
ſchlagë, oder auch vor ſich ſich unterſtehen ſie
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