Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung nennet man es die Königliche Landes-Regierung, oder die Königliche Re- gierung in dieser und jener Provintz. Aus ebenmäßiger Ursache werden auch die Gerichte in Städten die Stadt-Obrig- keit und meistentheils schlechterdinges die Obrigkeit genennet, weil man den Ort, wo man lebet, dabey verstehet, und der Kürtze halber nicht erst hinzusetzet. Weil die Gesetze entweder in Kleinigkeiten, oder in wichtigen Dingen können gebrochen werden; so hat man nöthig zweyerley Ge- richte zu ordnen, wo ein Ort weitläufftig ist und viele Jnnwohner hat, nemlich ei- nes, das nur die Kleinigkeiten untersuchet und ohne Verstattung vieler Weitläuff- tigkeiten entscheidet: das andere, an wel- ches wichtigere Sachen gewiesen sind. Dieses kleine Gerichte wird an einigen Or- ten nur einer, an einem anderen hingegen mehr als einer Person aufgetragen, und bekommet daher auch verschiedene Nah- men, als z. E. bey uns in Halle heisset es das Vier Herren-Ambt, in meiner Va- ter-Stadt wird dieser Richter der Stadt- Vogt, in anderen Orten der Stadt- Richter u. s. w. genennet. Da nun aber alle Gerichte ihre Macht und Gewalt von der hohen Landes-Obrigkeit haben und in ihrem Nahmen regieren, wie erst ausge- führet worden; so siehet man leicht, daß keines
Cap. 6. Von der Regierung nennet man es die Koͤnigliche Landes-Regierung, oder die Koͤnigliche Re- gierung in dieſer und jener Provintz. Aus ebenmaͤßiger Urſache werden auch die Gerichte in Staͤdten die Stadt-Obrig- keit und meiſtentheils ſchlechterdinges die Obrigkeit genennet, weil man den Ort, wo man lebet, dabey verſtehet, und der Kuͤrtze halber nicht erſt hinzuſetzet. Weil die Geſetze entweder in Kleinigkeiten, oder in wichtigen Dingen koͤnnen gebrochen werden; ſo hat man noͤthig zweyerley Ge- richte zu ordnen, wo ein Ort weitlaͤufftig iſt und viele Jnnwohner hat, nemlich ei- nes, das nur die Kleinigkeiten unterſuchet und ohne Verſtattung vieler Weitlaͤuff- tigkeiten entſcheidet: das andere, an wel- ches wichtigere Sachen gewieſen ſind. Dieſes kleine Gerichte wird an einigen Or- ten nur einer, an einem anderen hingegen mehr als einer Perſon aufgetragen, und bekommet daher auch verſchiedene Nah- men, als z. E. bey uns in Halle heiſſet es das Vier Herren-Ambt, in meiner Va- ter-Stadt wird dieſer Richter der Stadt- Vogt, in anderen Orten der Stadt- Richter u. ſ. w. genennet. Da nun aber alle Gerichte ihre Macht und Gewalt von der hohen Landes-Obrigkeit haben und in ihrem Nahmen regieren, wie erſt ausge- fuͤhret worden; ſo ſiehet man leicht, daß keines
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Cap. 6. Von der Regierung
nennet man es die Koͤnigliche Landes-
Regierung, oder die Koͤnigliche Re-
gierung in dieſer und jener Provintz.
Aus ebenmaͤßiger Urſache werden auch die
Gerichte in Staͤdten die Stadt-Obrig-
keit und meiſtentheils ſchlechterdinges die
Obrigkeit genennet, weil man den Ort,
wo man lebet, dabey verſtehet, und der
Kuͤrtze halber nicht erſt hinzuſetzet. Weil
die Geſetze entweder in Kleinigkeiten, oder
in wichtigen Dingen koͤnnen gebrochen
werden; ſo hat man noͤthig zweyerley Ge-
richte zu ordnen, wo ein Ort weitlaͤufftig
iſt und viele Jnnwohner hat, nemlich ei-
nes, das nur die Kleinigkeiten unterſuchet
und ohne Verſtattung vieler Weitlaͤuff-
tigkeiten entſcheidet: das andere, an wel-
ches wichtigere Sachen gewieſen ſind.
Dieſes kleine Gerichte wird an einigen Or-
ten nur einer, an einem anderen hingegen
mehr als einer Perſon aufgetragen, und
bekommet daher auch verſchiedene Nah-
men, als z. E. bey uns in Halle heiſſet es
das Vier Herren-Ambt, in meiner Va-
ter-Stadt wird dieſer Richter der Stadt-
Vogt, in anderen Orten der Stadt-
Richter u. ſ. w. genennet. Da nun aber
alle Gerichte ihre Macht und Gewalt von
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