jestät gehandelt, wo man wieder die höch- ste Macht und Gewalt etwas unternimmet. Und demnach findet die Beleidigung der Majestät nicht allein in einem Staate Platz, wo nur einer herrschet, sondern ü- berhaupt in einem jeden, wo auch keine Person anzutreffen, der man den Nahmen der Majestät beylegen könnte (§. 454). Es ist wohl freylich der Unterscheid, daß in je- nem Falle die Majestät in einem, im an- deren Falle aber in vielen beleidiget wird- allein dieser Unterscheid thut bey der Be- leidigung nichts und kan sie weder grösser noch kleiner machen.
Grade der Belei- digung der Ma- jestät.
§. 462.
Unterdessen hat die Beleidigung der Majestät aus anderen Ursachen ihre Grade und kan eine nicht so hoch als die andere angesehen, und folgends auch nicht so schweer gestraffet werden (§. 343.). Da- her man auch selbst in einigen Fällen einen härteren Nahmen erdacht und es nicht mehr Beleidigungen, sondern Schändungen der Majestät, oder Majestärs-Schändun- gen, und die Verbrecher Majestären- Schänder nennet. Nemlich die Gewalt und Macht in einem Staate gehet auß vieles (§. 435. 444.) und kan daher auf mehr als eine Weise dawieder gehandelt wer- den Allein auf alle Weise wird nicht gleicher Schade im gemeinen Wesen angerichtet, und daher haben auch alle diese Verbre-
chen
Cap. 5. Von der Macht
jeſtaͤt gehandelt, wo man wieder die hoͤch- ſte Macht und Gewalt etwas unternimmet. Und demnach findet die Beleidigung der Majeſtaͤt nicht allein in einem Staate Platz, wo nur einer herrſchet, ſondern uͤ- berhaupt in einem jeden, wo auch keine Perſon anzutreffen, der man den Nahmen der Majeſtaͤt beylegen koͤnnte (§. 454). Es iſt wohl freylich der Unterſcheid, daß in je- nem Falle die Majeſtaͤt in einem, im an- deren Falle aber in vielen beleidiget wird- allein dieſer Unterſcheid thut bey der Be- leidigung nichts und kan ſie weder groͤſſer noch kleiner machen.
Grade der Belei- digung der Ma- jeſtaͤt.
§. 462.
Unterdeſſen hat die Beleidigung der Majeſtaͤt aus anderen Urſachen ihre Grade und kan eine nicht ſo hoch als die andere angeſehen, und folgends auch nicht ſo ſchweer geſtraffet werden (§. 343.). Da- her man auch ſelbſt in einigen Faͤllen einen haͤrteren Nahmen erdacht und es nicht mehr Beleidigungen, ſondern Schaͤndungen der Majeſtaͤt, oder Majeſtaͤrs-Schaͤndun- gen, und die Verbrecher Majeſtaͤren- Schaͤnder nennet. Nemlich die Gewalt und Macht in einem Staate gehet auß vieles (§. 435. 444.) und kan daher auf mehr als eine Weiſe dawieder gehandelt wer- den Allein auf alle Weiſe wird nicht gleicher Schade im gemeinen Weſen angerichtet, und daher haben auch alle dieſe Verbre-
chen
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Cap. 5. Von der Macht
jeſtaͤt gehandelt, wo man wieder die hoͤch-
ſte Macht und Gewalt etwas unternimmet.
Und demnach findet die Beleidigung der
Majeſtaͤt nicht allein in einem Staate
Platz, wo nur einer herrſchet, ſondern uͤ-
berhaupt in einem jeden, wo auch keine
Perſon anzutreffen, der man den Nahmen
der Majeſtaͤt beylegen koͤnnte (§. 454). Es
iſt wohl freylich der Unterſcheid, daß in je-
nem Falle die Majeſtaͤt in einem, im an-
deren Falle aber in vielen beleidiget wird-
allein dieſer Unterſcheid thut bey der Be-
leidigung nichts und kan ſie weder groͤſſer
noch kleiner machen.
§. 462.Unterdeſſen hat die Beleidigung
der Majeſtaͤt aus anderen Urſachen ihre
Grade und kan eine nicht ſo hoch als die
andere angeſehen, und folgends auch nicht
ſo ſchweer geſtraffet werden (§. 343.). Da-
her man auch ſelbſt in einigen Faͤllen einen
haͤrteren Nahmen erdacht und es nicht mehr
Beleidigungen, ſondern Schaͤndungen der
Majeſtaͤt, oder Majeſtaͤrs-Schaͤndun-
gen, und die Verbrecher Majeſtaͤren-
Schaͤnder nennet. Nemlich die Gewalt
und Macht in einem Staate gehet auß
vieles (§. 435. 444.) und kan daher auf mehr
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den Allein auf alle Weiſe wird nicht gleicher
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/508>, abgerufen am 22.11.2024.
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