Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 2. Von dem Ehestande. schafft aber ein Vertrag ist (§. 2), einVertrag hingegen bestehet, so bald bey- de Partheyen ihr Versprechen und Gegen- Versprechen gethan (§. 1008. Mor:); so ist die Ehe richtig, so bald sich eine Manns- und Weibs-Person gegen einander erklä- ren, daß sie einander zu heyrathen geson- nen. Derowegen da man verbunden ist sein Versprechen zu halten (§. 1905 Mor); so kan als denn auch keine Persohn ohne der andern Willen wieder zurücke treten, es sey denn bey dem Versprechen etwas vorge- gangen, dadurch dasselbe für Unrecht sich erklären lässet. Und demnach sind beyde Personen als denn gehalten sich zusammen zubegeben und das jenige zuthun, was Eheleuten (§. 16) oblieget, und zwar ent- weder zu der Zeit, die sie bey dem Verspre- chen mit einander abgeredet, oder wenn keine abgeredet worden, so bald es bey- der Umstände füglich leiden. Wenn das Versprechen von beyden Seiten geschie- het, so saget man, daß sie sich verloben. Und ist demnach die Verlöbnis ein Ver- sprechen einander zu heyrathen, folgends klar, daß Verlobte die Ehe zu vollziehen schuldig sind, und keinem von beyden erlau- bet ist, wieder des andern seinen Willen wieder zurücke zu treten. Verlobte einander §. 47. Da man nicht verbunden ist in durch
Cap. 2. Von dem Eheſtande. ſchafft aber ein Vertrag iſt (§. 2), einVertrag hingegen beſtehet, ſo bald bey- de Partheyen ihr Verſprechen und Gegen- Verſprechen gethan (§. 1008. Mor:); ſo iſt die Ehe richtig, ſo bald ſich eine Manns- und Weibs-Perſon gegen einander erklaͤ- ren, daß ſie einander zu heyrathen geſon- nen. Derowegen da man verbunden iſt ſein Verſprechen zu halten (§. 1905 Mor); ſo kan als denn auch keine Perſohn ohne der andern Willen wieder zuruͤcke treten, es ſey denn bey dem Verſprechen etwas vorge- gangen, dadurch daſſelbe fuͤr Unrecht ſich erklaͤren laͤſſet. Und demnach ſind beyde Perſonen als denn gehalten ſich zuſammen zubegeben und das jenige zuthun, was Eheleuten (§. 16) oblieget, und zwar ent- weder zu der Zeit, die ſie bey dem Verſpre- chen mit einander abgeredet, oder wenn keine abgeredet worden, ſo bald es bey- der Umſtaͤnde fuͤglich leiden. Wenn das Verſprechen von beyden Seiten geſchie- het, ſo ſaget man, daß ſie ſich verloben. Und iſt demnach die Verloͤbnis ein Ver- ſprechen einander zu heyrathen, folgends klar, daß Verlobte die Ehe zu vollziehen ſchuldig ſind, und keinem von beyden erlau- bet iſt, wieder des andern ſeinen Willen wieder zuruͤcke zu treten. Verlobte einander §. 47. Da man nicht verbunden iſt in durch
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Cap. 2. Von dem Eheſtande.
ſchafft aber ein Vertrag iſt (§. 2), ein
Vertrag hingegen beſtehet, ſo bald bey-
de Partheyen ihr Verſprechen und Gegen-
Verſprechen gethan (§. 1008. Mor:); ſo
iſt die Ehe richtig, ſo bald ſich eine Manns-
und Weibs-Perſon gegen einander erklaͤ-
ren, daß ſie einander zu heyrathen geſon-
nen. Derowegen da man verbunden iſt ſein
Verſprechen zu halten (§. 1905 Mor); ſo
kan als denn auch keine Perſohn ohne der
andern Willen wieder zuruͤcke treten, es ſey
denn bey dem Verſprechen etwas vorge-
gangen, dadurch daſſelbe fuͤr Unrecht ſich
erklaͤren laͤſſet. Und demnach ſind beyde
Perſonen als denn gehalten ſich zuſammen
zubegeben und das jenige zuthun, was
Eheleuten (§. 16) oblieget, und zwar ent-
weder zu der Zeit, die ſie bey dem Verſpre-
chen mit einander abgeredet, oder wenn
keine abgeredet worden, ſo bald es bey-
der Umſtaͤnde fuͤglich leiden. Wenn das
Verſprechen von beyden Seiten geſchie-
het, ſo ſaget man, daß ſie ſich verloben.
Und iſt demnach die Verloͤbnis ein Ver-
ſprechen einander zu heyrathen, folgends
klar, daß Verlobte die Ehe zu vollziehen
ſchuldig ſind, und keinem von beyden erlau-
bet iſt, wieder des andern ſeinen Willen
wieder zuruͤcke zu treten.
§. 47.Da man nicht verbunden iſt in
einer Geſellſchafft zu verbleiben, darein man
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