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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Gesetzen.
nen Wesen beobachten kan, ohne weit-
läufftige Streitigkeiten zu verursachen. Je-
doch muß man auch dieses noch erwegen,
daß, da man im gemeinen Wesen auch auf
Ruhe und Sicherheit sehen (§. 215), und
folgends alles abwenden sol, wodurch die
Gemüther in Haß und Feindschafft gegen
einander gesetzt werden, man zugleich auch
hierauf seine Gedancken mit richten müsse.
Bey dem grossen Unterschiede der Menschen
muß man auf dasjenige Acht haben, was
bey den meisten geschiehet.

§. 429.

Nach den natürlichen RechtenVon der
Minder-
jährig-
keit.

bleiben die Kinder so lange unter der Vä-
terlichen Gewalt, biß sie sich selbst versor-
gen und regieren können (§. 122.). Da
nun in besonderen Fällen der Beweis öff-
ters schweer fallen würde, ob einer sich selbst
zu regieren geschickt sey, oder nicht, und
gleichwohl die Kinder, so lange sie in der
Väterlichen Gewalt bleiben, keinen Ver-
trag und Vergleich im Bestande Rechtens
machen können (§. 121); so würden öffters
in Gerichten darüber viele Weitläufftigkei-
ten entstehen, wenn man die natürliche
Billigkeit in allem genau beobachten woll-
te. Derowegen ist nöthig, daß die bür-
gerliche Gesetze es auf eine leichtere Art de-
termini
ren, wenn einer mündig werden
sol, da dergleichen Streit vermieden, und
doch in den meisten Fällen der natürlichen

Bil-
(Politick) F f

Geſetzen.
nen Weſen beobachten kan, ohne weit-
laͤufftige Streitigkeiten zu verurſachen. Je-
doch muß man auch dieſes noch erwegen,
daß, da man im gemeinen Weſen auch auf
Ruhe und Sicherheit ſehen (§. 215), und
folgends alles abwenden ſol, wodurch die
Gemuͤther in Haß und Feindſchafft gegen
einander geſetzt werden, man zugleich auch
hierauf ſeine Gedancken mit richten muͤſſe.
Bey dem groſſen Unterſchiede der Menſchen
muß man auf dasjenige Acht haben, was
bey den meiſten geſchiehet.

§. 429.

Nach den natuͤrlichen RechtenVon der
Minder-
jaͤhrig-
keit.

bleiben die Kinder ſo lange unter der Vaͤ-
terlichen Gewalt, biß ſie ſich ſelbſt verſor-
gen und regieren koͤnnen (§. 122.). Da
nun in beſonderen Faͤllen der Beweis oͤff-
ters ſchweer fallen wuͤrde, ob einer ſich ſelbſt
zu regieren geſchickt ſey, oder nicht, und
gleichwohl die Kinder, ſo lange ſie in der
Vaͤterlichen Gewalt bleiben, keinen Ver-
trag und Vergleich im Beſtande Rechtens
machen koͤnnen (§. 121); ſo wuͤrden oͤffters
in Gerichten daruͤber viele Weitlaͤufftigkei-
ten entſtehen, wenn man die natuͤrliche
Billigkeit in allem genau beobachten woll-
te. Derowegen iſt noͤthig, daß die buͤr-
gerliche Geſetze es auf eine leichtere Art de-
termini
ren, wenn einer muͤndig werden
ſol, da dergleichen Streit vermieden, und
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Bil-
(Politick) F f
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[449/0467] Geſetzen. nen Weſen beobachten kan, ohne weit- laͤufftige Streitigkeiten zu verurſachen. Je- doch muß man auch dieſes noch erwegen, daß, da man im gemeinen Weſen auch auf Ruhe und Sicherheit ſehen (§. 215), und folgends alles abwenden ſol, wodurch die Gemuͤther in Haß und Feindſchafft gegen einander geſetzt werden, man zugleich auch hierauf ſeine Gedancken mit richten muͤſſe. Bey dem groſſen Unterſchiede der Menſchen muß man auf dasjenige Acht haben, was bey den meiſten geſchiehet. §. 429.Nach den natuͤrlichen Rechten bleiben die Kinder ſo lange unter der Vaͤ- terlichen Gewalt, biß ſie ſich ſelbſt verſor- gen und regieren koͤnnen (§. 122.). Da nun in beſonderen Faͤllen der Beweis oͤff- ters ſchweer fallen wuͤrde, ob einer ſich ſelbſt zu regieren geſchickt ſey, oder nicht, und gleichwohl die Kinder, ſo lange ſie in der Vaͤterlichen Gewalt bleiben, keinen Ver- trag und Vergleich im Beſtande Rechtens machen koͤnnen (§. 121); ſo wuͤrden oͤffters in Gerichten daruͤber viele Weitlaͤufftigkei- ten entſtehen, wenn man die natuͤrliche Billigkeit in allem genau beobachten woll- te. Derowegen iſt noͤthig, daß die buͤr- gerliche Geſetze es auf eine leichtere Art de- terminiren, wenn einer muͤndig werden ſol, da dergleichen Streit vermieden, und doch in den meiſten Faͤllen der natuͤrlichen Bil- Von der Minder- jaͤhrig- keit. (Politick) F f

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/467>, abgerufen am 25.11.2024.