dieses geschehen; so müß man ferner auch den Zustand des gemeinen Wesens an sei- nem Orte wohl erwegen und vernünfftig beurtheilen, ob eben dieser Grund sich auch darinnen befinde, oder wenigstens ein an- derer, der so tüchtig ist als jener. Wo keines von beyden stat findet, da ist nicht zu rathen, daß man dieselben Gesetze ein- führe, indem man vorher sehen kan, daß sie sich nicht schicken und daher viel Un- ordnung erfolgen werde.
Was die Acade- mie der Wissen- schaffren hierbey zu thun hat.
§. 414.
Es wäre dannenhero eine sehr nützliche Arbeit für die Academie der Wis- senschafften (§. 300), wenn sie die Gese- tze, welche an allerhand Orten und bey allerhand Völckern üblich sind, auf eine solche Art untersuchte; so würde sich nach diesem bald zeigen, was man davon an einem jeden Orte zum gemeinen Besten an- nehmen könnte. Und würde man hierdurch nach und nach die Gesetze immer vollstän- diger machen und ein Ort mit dem, was er gutes hat, dem andern dienen können.
Wie die Gesetze bekandt zu ma- chen.
§. 415.
Es ist aber auch nöthig, daß die Gesetze, sonderlich diejenigen, durch deren Ubertretung einem viel Schaden zuwachsen kan, jedermann kund werden nebst denen Straffen, die auf deren Ubertretung gese- tzet sind. Denn wie kan man verlangen, daß einen die Straffe von der Ubertretung des Gesetzes abhalten sol, wenn man we-
der
Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
dieſes geſchehen; ſo muͤß man ferner auch den Zuſtand des gemeinen Weſens an ſei- nem Orte wohl erwegen und vernuͤnfftig beurtheilen, ob eben dieſer Grund ſich auch darinnen befinde, oder wenigſtens ein an- derer, der ſo tuͤchtig iſt als jener. Wo keines von beyden ſtat findet, da iſt nicht zu rathen, daß man dieſelben Geſetze ein- fuͤhre, indem man vorher ſehen kan, daß ſie ſich nicht ſchicken und daher viel Un- ordnung erfolgen werde.
Was die Acade- mie der Wiſſen- ſchaffren hierbey zu thun hat.
§. 414.
Es waͤre dannenhero eine ſehr nuͤtzliche Arbeit fuͤr die Academie der Wiſ- ſenſchafften (§. 300), wenn ſie die Geſe- tze, welche an allerhand Orten und bey allerhand Voͤlckern uͤblich ſind, auf eine ſolche Art unterſuchte; ſo wuͤrde ſich nach dieſem bald zeigen, was man davon an einem jeden Orte zum gemeinen Beſten an- nehmen koͤnnte. Und wuͤrde man hierdurch nach und nach die Geſetze immer vollſtaͤn- diger machen und ein Ort mit dem, was er gutes hat, dem andern dienen koͤnnen.
Wie die Geſetze bekandt zu ma- chen.
§. 415.
Es iſt aber auch noͤthig, daß die Geſetze, ſonderlich diejenigen, durch deren Ubertretung einem viel Schaden zuwachſen kan, jedermann kund werden nebſt denen Straffen, die auf deren Ubertretung geſe- tzet ſind. Denn wie kan man verlangen, daß einen die Straffe von der Ubertretung des Geſetzes abhalten ſol, wenn man we-
der
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Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
dieſes geſchehen; ſo muͤß man ferner auch
den Zuſtand des gemeinen Weſens an ſei-
nem Orte wohl erwegen und vernuͤnfftig
beurtheilen, ob eben dieſer Grund ſich auch
darinnen befinde, oder wenigſtens ein an-
derer, der ſo tuͤchtig iſt als jener. Wo
keines von beyden ſtat findet, da iſt nicht
zu rathen, daß man dieſelben Geſetze ein-
fuͤhre, indem man vorher ſehen kan, daß
ſie ſich nicht ſchicken und daher viel Un-
ordnung erfolgen werde.
§. 414.Es waͤre dannenhero eine ſehr
nuͤtzliche Arbeit fuͤr die Academie der Wiſ-
ſenſchafften (§. 300), wenn ſie die Geſe-
tze, welche an allerhand Orten und bey
allerhand Voͤlckern uͤblich ſind, auf eine
ſolche Art unterſuchte; ſo wuͤrde ſich nach
dieſem bald zeigen, was man davon an
einem jeden Orte zum gemeinen Beſten an-
nehmen koͤnnte. Und wuͤrde man hierdurch
nach und nach die Geſetze immer vollſtaͤn-
diger machen und ein Ort mit dem, was
er gutes hat, dem andern dienen koͤnnen.
§. 415.Es iſt aber auch noͤthig, daß die
Geſetze, ſonderlich diejenigen, durch deren
Ubertretung einem viel Schaden zuwachſen
kan, jedermann kund werden nebſt denen
Straffen, die auf deren Ubertretung geſe-
tzet ſind. Denn wie kan man verlangen,
daß einen die Straffe von der Ubertretung
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/442>, abgerufen am 22.11.2024.
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