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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 2. Von dem Ehestande.
lungen zu rechnen sind, welche bey anderen
Brunst und Geilheit erregen.

Was
Keusch-
heit ist.
§. 31.

Wer die Begierde zum Bey-
schlaffe zumäßigen weiß, so daß er nicht
darnach verlanget, als in so weit es die Er-
zeugung der Kinder erfordert, wird keusch
genennet. Und also ist die Keuschheit ei-
ne Tugend seine Begierde im Beyschlaf-
fe und andern damit verwandten Handlun-
gen zu mäßigen.

Wer
züchtig
und wer
unzüch-
tig ist.
§. 32.

Man nennet aber einen insonder-
heit züchtig, wer sich von solchen Hand-
lungen enthält, die zur Brunst und Geil-
heit reitzen, oder auch aus Geilheit herkom-
men: hingegen unzüchtig, wer derglei-
chen Handlungen ergeben, die entweder zur
Brunst und Geilheit reitzen, oder aus ei-
nem geilen Gemüthe herrühren.

Auch Ehe-
leute sol-
len keusch
und züch-
tig seyn.
§. 33.

Weil auch im Ehestande der Bey-
schlaff nicht aus blosser Lust geschehen sol
(§. 23); so kan man auch daselbst seine
Begierde darnach mäßigen, und demnach
sollen auch Eheleute keusch (§. 31), keines-
weges aber der Geilheit ergeben seyn (§.
28), folgends sollen auch sie vermeiden,
was die Brunst zu unrechter Zeit erregen
und sie zur Geilheit antreiben kan (§. 30),
und demnach züchtig seyn sowohl in Wor-
ten, Geberden und Wercken.

Was für
Laster
ein Keu-
scher flie-
hat.
§. 34.

Weil ein keuscher Mensch nach
dem Beyschlaffe weiter nicht fraget, als er

zu

Cap. 2. Von dem Eheſtande.
lungen zu rechnen ſind, welche bey anderen
Brunſt und Geilheit erregen.

Was
Keuſch-
heit iſt.
§. 31.

Wer die Begierde zum Bey-
ſchlaffe zumaͤßigen weiß, ſo daß er nicht
darnach verlanget, als in ſo weit es die Er-
zeugung der Kinder erfordert, wird keuſch
genennet. Und alſo iſt die Keuſchheit ei-
ne Tugend ſeine Begierde im Beyſchlaf-
fe und andern damit verwandten Handlun-
gen zu maͤßigen.

Wer
zuͤchtig
und wer
unzuͤch-
tig iſt.
§. 32.

Man nennet aber einen inſonder-
heit zuͤchtig, wer ſich von ſolchen Hand-
lungen enthaͤlt, die zur Brunſt und Geil-
heit reitzen, oder auch aus Geilheit herkom-
men: hingegen unzuͤchtig, wer derglei-
chen Handlungen ergeben, die entweder zur
Brunſt und Geilheit reitzen, oder aus ei-
nem geilen Gemuͤthe herruͤhren.

Auch Ehe-
leute ſol-
len keuſch
und zuͤch-
tig ſeyn.
§. 33.

Weil auch im Eheſtande der Bey-
ſchlaff nicht aus bloſſer Luſt geſchehen ſol
(§. 23); ſo kan man auch daſelbſt ſeine
Begierde darnach maͤßigen, und demnach
ſollen auch Eheleute keuſch (§. 31), keines-
weges aber der Geilheit ergeben ſeyn (§.
28), folgends ſollen auch ſie vermeiden,
was die Brunſt zu unrechter Zeit erregen
und ſie zur Geilheit antreiben kan (§. 30),
und demnach zuͤchtig ſeyn ſowohl in Wor-
ten, Geberden und Wercken.

Was fuͤr
Laſter
ein Keu-
ſcher flie-
hat.
§. 34.

Weil ein keuſcher Menſch nach
dem Beyſchlaffe weiter nicht fraget, als er

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[18/0036] Cap. 2. Von dem Eheſtande. lungen zu rechnen ſind, welche bey anderen Brunſt und Geilheit erregen. §. 31.Wer die Begierde zum Bey- ſchlaffe zumaͤßigen weiß, ſo daß er nicht darnach verlanget, als in ſo weit es die Er- zeugung der Kinder erfordert, wird keuſch genennet. Und alſo iſt die Keuſchheit ei- ne Tugend ſeine Begierde im Beyſchlaf- fe und andern damit verwandten Handlun- gen zu maͤßigen. §. 32.Man nennet aber einen inſonder- heit zuͤchtig, wer ſich von ſolchen Hand- lungen enthaͤlt, die zur Brunſt und Geil- heit reitzen, oder auch aus Geilheit herkom- men: hingegen unzuͤchtig, wer derglei- chen Handlungen ergeben, die entweder zur Brunſt und Geilheit reitzen, oder aus ei- nem geilen Gemuͤthe herruͤhren. §. 33.Weil auch im Eheſtande der Bey- ſchlaff nicht aus bloſſer Luſt geſchehen ſol (§. 23); ſo kan man auch daſelbſt ſeine Begierde darnach maͤßigen, und demnach ſollen auch Eheleute keuſch (§. 31), keines- weges aber der Geilheit ergeben ſeyn (§. 28), folgends ſollen auch ſie vermeiden, was die Brunſt zu unrechter Zeit erregen und ſie zur Geilheit antreiben kan (§. 30), und demnach zuͤchtig ſeyn ſowohl in Wor- ten, Geberden und Wercken. §. 34.Weil ein keuſcher Menſch nach dem Beyſchlaffe weiter nicht fraget, als er zu

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/36>, abgerufen am 25.04.2024.