Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. dem sie sehen, daß ihnen das Glück nichtso günstig ist wie andern, die es weniger als sie verdienen. Damit aber niemand Ursache hat nach vielen Bedienungen zu streben, auch niemand darneben sich zu- viel Arbeit auf den Hals laden darf; so sollen bey denen Bedienungen hinlängli- che Besoldungen seyn. Es kommen dazu noch andere Ursachen, welche eben dieses rathen. Wo Bediente wenige Besol- dung haben, daß sie dabey nicht ihr gehö- riges Auskommen finden; da befleißigen sie sich nach diesem durch allerhand unge- rechte Künste Vortheile zu machen: wor- aus öffters vieles Unheil für das gemeine Wesen erwächset. Hieher gehöret auch, was schon oben (§. 280. 282) erinnert wor- den, daß man den Lohn der Arbeit der- gestalt setzen sol, damit ein Arbeiter dabey sein nöthiges Auskommen finde, auch in einem jeden Stande die Anzahl deter- miniren, auf daß nicht einer dem andern ohne Noth seinen Verdienst sauer mache. Damit ferner unbarmhertzige und unbilli- che Leute weder dem Gesinde/ noch an- dern Arbeitern mehr Arbeit zumuthen kön- nen, als sie auszustehen vermögend sind: so muß man nicht allein die Zeit bestim- men, welche diejenigen anfangen und auf- hören sollen, die um Tage-Lohn arbei- ten, und daher Tagelöhner genennet wer- den, Y 2
des gemeinen Weſens. dem ſie ſehen, daß ihnen das Gluͤck nichtſo guͤnſtig iſt wie andern, die es weniger als ſie verdienen. Damit aber niemand Urſache hat nach vielen Bedienungen zu ſtreben, auch niemand darneben ſich zu- viel Arbeit auf den Hals laden darf; ſo ſollen bey denen Bedienungen hinlaͤngli- che Beſoldungen ſeyn. Es kommen dazu noch andere Urſachen, welche eben dieſes rathen. Wo Bediente wenige Beſol- dung haben, daß ſie dabey nicht ihr gehoͤ- riges Auskommen finden; da befleißigen ſie ſich nach dieſem durch allerhand unge- rechte Kuͤnſte Vortheile zu machen: wor- aus oͤffters vieles Unheil fuͤr das gemeine Weſen erwaͤchſet. Hieher gehoͤret auch, was ſchon oben (§. 280. 282) erinnert wor- den, daß man den Lohn der Arbeit der- geſtalt ſetzen ſol, damit ein Arbeiter dabey ſein noͤthiges Auskommen finde, auch in einem jeden Stande die Anzahl deter- miniren, auf daß nicht einer dem andern ohne Noth ſeinen Verdienſt ſauer mache. Damit ferner unbarmhertzige und unbilli- che Leute weder dem Geſinde/ noch an- dern Arbeitern mehr Arbeit zumuthen koͤn- nen, als ſie auszuſtehen vermoͤgend ſind: ſo muß man nicht allein die Zeit beſtim- men, welche diejenigen anfangen und auf- hoͤren ſollen, die um Tage-Lohn arbei- ten, und daher Tageloͤhner genennet wer- den, Y 2
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des gemeinen Weſens.
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ſo guͤnſtig iſt wie andern, die es weniger
als ſie verdienen. Damit aber niemand
Urſache hat nach vielen Bedienungen zu
ſtreben, auch niemand darneben ſich zu-
viel Arbeit auf den Hals laden darf; ſo
ſollen bey denen Bedienungen hinlaͤngli-
che Beſoldungen ſeyn. Es kommen dazu
noch andere Urſachen, welche eben dieſes
rathen. Wo Bediente wenige Beſol-
dung haben, daß ſie dabey nicht ihr gehoͤ-
riges Auskommen finden; da befleißigen
ſie ſich nach dieſem durch allerhand unge-
rechte Kuͤnſte Vortheile zu machen: wor-
aus oͤffters vieles Unheil fuͤr das gemeine
Weſen erwaͤchſet. Hieher gehoͤret auch,
was ſchon oben (§. 280. 282) erinnert wor-
den, daß man den Lohn der Arbeit der-
geſtalt ſetzen ſol, damit ein Arbeiter dabey
ſein noͤthiges Auskommen finde, auch in
einem jeden Stande die Anzahl deter-
miniren, auf daß nicht einer dem andern
ohne Noth ſeinen Verdienſt ſauer mache.
Damit ferner unbarmhertzige und unbilli-
che Leute weder dem Geſinde/ noch an-
dern Arbeitern mehr Arbeit zumuthen koͤn-
nen, als ſie auszuſtehen vermoͤgend ſind:
ſo muß man nicht allein die Zeit beſtim-
men, welche diejenigen anfangen und auf-
hoͤren ſollen, die um Tage-Lohn arbei-
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