Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung ben zu bringen. Unterdessen da im erstenFalle mehr Vorsatz ist als im andern, so ist auch billich in jenem die Straffe grös- ser als in diesem (§. 343). Man pfleget auch deßwegen beyde Verbrechen von ein- ander durch besondere Nahmen zu unter- scheiden. Nemlich es heisset ein Mord o- der auch eine Mord-That, wenn man den andern mit Wissen und Willen um das Leben bringet, als wenn ein Eheweib ihren Mann mit Giffte vergiebet, daß sie seiner los werden will, oder ein Stras- sen-Räuber einen Reisenden erschläget, daß er ihn sicher berauben kan, und nicht von ihm angegeben wird. Hingegen nen- net man es einen Todschlag, wenn man dem andern nur Schaden an seinem Leibe zufügen wollen durch Schläge und Ver- wundung, aber aus einem Unglück ihn gar um das Leben gebracht. Wer Mord-Thaten begehet, heisset ein Mör- der: hingegen wer den andern erschläget, ersticht, zn tode hauet oder auf eine ande- re Art umb das Leben bringet, in blosser Absicht ihm einigen Schaden an seinem Leibe zuzufügen, oder einigen Schmertz zu verursachen, wird ein Todschläger ge- nennet. Deswegen pfleget man auch zu sagen, wenn man den Vorsatz des andern andeuten wil, er habe ihn recht mörderi- scher Weise umgebracht. Wenn man a- ber
Cap. 3. Von der Einrichtung ben zu bringen. Unterdeſſen da im erſtenFalle mehr Vorſatz iſt als im andern, ſo iſt auch billich in jenem die Straffe groͤſ- ſer als in dieſem (§. 343). Man pfleget auch deßwegen beyde Verbrechen von ein- ander durch beſondere Nahmen zu unter- ſcheiden. Nemlich es heiſſet ein Mord o- der auch eine Mord-That, wenn man den andern mit Wiſſen und Willen um das Leben bringet, als wenn ein Eheweib ihren Mann mit Giffte vergiebet, daß ſie ſeiner los werden will, oder ein Straſ- ſen-Raͤuber einen Reiſenden erſchlaͤget, daß er ihn ſicher berauben kan, und nicht von ihm angegeben wird. Hingegen nen- net man es einen Todſchlag, wenn man dem andern nur Schaden an ſeinem Leibe zufuͤgen wollen durch Schlaͤge und Ver- wundung, aber aus einem Ungluͤck ihn gar um das Leben gebracht. Wer Mord-Thaten begehet, heiſſet ein Moͤr- der: hingegen wer den andern erſchlaͤget, erſticht, zn tode hauet oder auf eine ande- re Art umb das Leben bringet, in bloſſer Abſicht ihm einigen Schaden an ſeinem Leibe zuzufuͤgen, oder einigen Schmertz zu verurſachen, wird ein Todſchlaͤger ge- nennet. Deswegen pfleget man auch zu ſagen, wenn man den Vorſatz des andern andeuten wil, er habe ihn recht moͤrderi- ſcher Weiſe umgebracht. Wenn man a- ber
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Cap. 3. Von der Einrichtung
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iſt auch billich in jenem die Straffe groͤſ-
ſer als in dieſem (§. 343). Man pfleget
auch deßwegen beyde Verbrechen von ein-
ander durch beſondere Nahmen zu unter-
ſcheiden. Nemlich es heiſſet ein Mord o-
der auch eine Mord-That, wenn man
den andern mit Wiſſen und Willen um
das Leben bringet, als wenn ein Eheweib
ihren Mann mit Giffte vergiebet, daß ſie
ſeiner los werden will, oder ein Straſ-
ſen-Raͤuber einen Reiſenden erſchlaͤget,
daß er ihn ſicher berauben kan, und nicht
von ihm angegeben wird. Hingegen nen-
net man es einen Todſchlag, wenn man
dem andern nur Schaden an ſeinem Leibe
zufuͤgen wollen durch Schlaͤge und Ver-
wundung, aber aus einem Ungluͤck
ihn gar um das Leben gebracht. Wer
Mord-Thaten begehet, heiſſet ein Moͤr-
der: hingegen wer den andern erſchlaͤget,
erſticht, zn tode hauet oder auf eine ande-
re Art umb das Leben bringet, in bloſſer
Abſicht ihm einigen Schaden an ſeinem
Leibe zuzufuͤgen, oder einigen Schmertz zu
verurſachen, wird ein Todſchlaͤger ge-
nennet. Deswegen pfleget man auch zu
ſagen, wenn man den Vorſatz des andern
andeuten wil, er habe ihn recht moͤrderi-
ſcher Weiſe umgebracht. Wenn man a-
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