Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung gleichen Verbrechen sich zu hüten, und ei-einen Abscheu davor bekommen; so müs- sen die Zuschauer dabey Gelegenheit fin- den, nicht weniger die Schändlichkeit des Verbrechens, als den Ernst der Obrigkeit es zu bestraffen, ihnen lebhafft vorzustel- len. Da nun hierzu Ceremonien dienlich sind (§. 176 Mor.); so müssen auch so wohl für die Ausführung, als Verurthei- lung und Vollziehung des Urtheils ge- schickte Ceremonien erfunden werden. Es lassen sich aber eben daraus die Ceremoni- en beurtheilen, ob sie geschickt sind, oder nicht, wenn sie uns auf die Schändlichkeit der Ubelthat und den Ernst der Obrigkeit sie zu straffen führen (§. 177 Mor.). Ja eben dadurch lassen sich beqveme Ceremo- nien erdencken (§. 178 Mor.): von wel- chen wir aber hier umständlicher zu reden keines weges für nöthig erachten. Z. E. Es werden an einigen Orten die Diebe be- sonders angekleidet, indem man sie aus- führet, damit sie durch den Diebs-Habit denen Zusehern abgebildet werden, wie das Gemüthe bey ihnen beschaffen gewesen, das ist, daß sie tückisch und betrügrisch, und begierig das gestohlene zu verbergen aussehen. Viele würden dieses für eine Comödie halten, die sich bey einer so ernst- hafften Straffe, dergleichen der Strang ist, nicht schickte: wer es aber nach den vor-
Cap. 3. Von der Einrichtung gleichen Verbrechen ſich zu huͤten, und ei-einen Abſcheu davor bekommen; ſo muͤſ- ſen die Zuſchauer dabey Gelegenheit fin- den, nicht weniger die Schaͤndlichkeit des Verbrechens, als den Ernſt der Obrigkeit es zu beſtraffen, ihnen lebhafft vorzuſtel- len. Da nun hierzu Ceremonien dienlich ſind (§. 176 Mor.); ſo muͤſſen auch ſo wohl fuͤr die Ausfuͤhrung, als Verurthei- lung und Vollziehung des Urtheils ge- ſchickte Ceremonien erfunden werden. Es laſſen ſich aber eben daraus die Ceremoni- en beurtheilen, ob ſie geſchickt ſind, oder nicht, wenn ſie uns auf die Schaͤndlichkeit der Ubelthat und den Ernſt der Obrigkeit ſie zu ſtraffen fuͤhren (§. 177 Mor.). Ja eben dadurch laſſen ſich beqveme Ceremo- nien erdencken (§. 178 Mor.): von wel- chen wir aber hier umſtaͤndlicher zu reden keines weges fuͤr noͤthig erachten. Z. E. Es werden an einigen Orten die Diebe be- ſonders angekleidet, indem man ſie aus- fuͤhret, damit ſie durch den Diebs-Habit denen Zuſehern abgebildet werden, wie das Gemuͤthe bey ihnen beſchaffen geweſen, das iſt, daß ſie tuͤckiſch und betruͤgriſch, und begierig das geſtohlene zu verbergen ausſehen. Viele wuͤrden dieſes fuͤr eine Comoͤdie halten, die ſich bey einer ſo ernſt- hafften Straffe, dergleichen der Strang iſt, nicht ſchickte: wer es aber nach den vor-
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Cap. 3. Von der Einrichtung
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einen Abſcheu davor bekommen; ſo muͤſ-
ſen die Zuſchauer dabey Gelegenheit fin-
den, nicht weniger die Schaͤndlichkeit des
Verbrechens, als den Ernſt der Obrigkeit
es zu beſtraffen, ihnen lebhafft vorzuſtel-
len. Da nun hierzu Ceremonien dienlich
ſind (§. 176 Mor.); ſo muͤſſen auch ſo
wohl fuͤr die Ausfuͤhrung, als Verurthei-
lung und Vollziehung des Urtheils ge-
ſchickte Ceremonien erfunden werden. Es
laſſen ſich aber eben daraus die Ceremoni-
en beurtheilen, ob ſie geſchickt ſind, oder
nicht, wenn ſie uns auf die Schaͤndlichkeit
der Ubelthat und den Ernſt der Obrigkeit
ſie zu ſtraffen fuͤhren (§. 177 Mor.). Ja
eben dadurch laſſen ſich beqveme Ceremo-
nien erdencken (§. 178 Mor.): von wel-
chen wir aber hier umſtaͤndlicher zu reden
keines weges fuͤr noͤthig erachten. Z. E.
Es werden an einigen Orten die Diebe be-
ſonders angekleidet, indem man ſie aus-
fuͤhret, damit ſie durch den Diebs-Habit
denen Zuſehern abgebildet werden, wie das
Gemuͤthe bey ihnen beſchaffen geweſen, das
iſt, daß ſie tuͤckiſch und betruͤgriſch,
und begierig das geſtohlene zu verbergen
ausſehen. Viele wuͤrden dieſes fuͤr eine
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hafften Straffe, dergleichen der Strang
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