Raube zugleich eine sehr gewaltsame Er- brechung geschiehet, indem man in Kirchen alles wohl und mit starcken Schlössern verwahret; so verdienet auch deswegen ein Kirchen Raub mehrere Straffe als ein ge- meiner Diebstahl. Ja es kommet bey dem Kirchen-Raube auch noch dieses hinzu. Kirchen sind Gebäude, die zum öffentlichen Gottesdienste aufgeführet werden (§. 322), und demnach müssen sie uns GOttes und der Religion erinnern, wenn man darin- nen was vornimmet (§. 238 Met.). Da nun ein Kirchen-Räuber GOtt und die Religion nicht achtet; so ist er geschickt al- les Unheil anzurichten, wenn er nur ver- meinet, daß es werde verschwiegen blei- ben. Und daher ist abermahls auf Kir- Raub eine schwerere Straffe zu setzen, als auf einen gemeinen Diebstahl.
§. 345.
Weil nun aber die StrassenWarum über Straffen fest zu halten. von keiner Würckung sind, als in so weit diejenigen, so böses im Sinne haben, da- durch aus Furcht für ihnen abgeschrecket werden (§. 8 Met.); niemand aber für ei- ner Straffe sich fürchtet, als der sich der- selben gewiß versichert, woferne er das Verbrechen vollbringet (§. 476 Met.); so ist sehr viel daran gelegen, daß man in sich ereignenden Fällen die gesetzte Straf- fe an den Verbrechern vollstrecket. Wie- drigen Falles machet sich ein jeder Hoff-
nung,
des gemeinen Weſens.
Raube zugleich eine ſehr gewaltſame Er- brechung geſchiehet, indem man in Kirchen alles wohl und mit ſtarcken Schloͤſſern verwahret; ſo verdienet auch deswegen ein Kirchen Raub mehrere Straffe als ein ge- meiner Diebſtahl. Ja es kommet bey dem Kirchen-Raube auch noch dieſes hinzu. Kirchen ſind Gebaͤude, die zum oͤffentlichen Gottesdienſte aufgefuͤhret werden (§. 322), und demnach muͤſſen ſie uns GOttes und der Religion erinnern, wenn man darin- nen was vornimmet (§. 238 Met.). Da nun ein Kirchen-Raͤuber GOtt und die Religion nicht achtet; ſo iſt er geſchickt al- les Unheil anzurichten, wenn er nur ver- meinet, daß es werde verſchwiegen blei- ben. Und daher iſt abermahls auf Kir- Raub eine ſchwerere Straffe zu ſetzen, als auf einen gemeinen Diebſtahl.
§. 345.
Weil nun aber die StraſſenWarum uͤber Straffen feſt zu halten. von keiner Wuͤrckung ſind, als in ſo weit diejenigen, ſo boͤſes im Sinne haben, da- durch aus Furcht fuͤr ihnen abgeſchrecket werden (§. 8 Met.); niemand aber fuͤr ei- ner Straffe ſich fuͤrchtet, als der ſich der- ſelben gewiß verſichert, woferne er das Verbrechen vollbringet (§. 476 Met.); ſo iſt ſehr viel daran gelegen, daß man in ſich ereignenden Faͤllen die geſetzte Straf- fe an den Verbrechern vollſtrecket. Wie- drigen Falles machet ſich ein jeder Hoff-
nung,
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des gemeinen Weſens.
Raube zugleich eine ſehr gewaltſame Er-
brechung geſchiehet, indem man in Kirchen
alles wohl und mit ſtarcken Schloͤſſern
verwahret; ſo verdienet auch deswegen ein
Kirchen Raub mehrere Straffe als ein ge-
meiner Diebſtahl. Ja es kommet bey dem
Kirchen-Raube auch noch dieſes hinzu.
Kirchen ſind Gebaͤude, die zum oͤffentlichen
Gottesdienſte aufgefuͤhret werden (§. 322),
und demnach muͤſſen ſie uns GOttes und
der Religion erinnern, wenn man darin-
nen was vornimmet (§. 238 Met.). Da
nun ein Kirchen-Raͤuber GOtt und die
Religion nicht achtet; ſo iſt er geſchickt al-
les Unheil anzurichten, wenn er nur ver-
meinet, daß es werde verſchwiegen blei-
ben. Und daher iſt abermahls auf Kir-
Raub eine ſchwerere Straffe zu ſetzen, als
auf einen gemeinen Diebſtahl.
§. 345.Weil nun aber die Straſſen
von keiner Wuͤrckung ſind, als in ſo weit
diejenigen, ſo boͤſes im Sinne haben, da-
durch aus Furcht fuͤr ihnen abgeſchrecket
werden (§. 8 Met.); niemand aber fuͤr ei-
ner Straffe ſich fuͤrchtet, als der ſich der-
ſelben gewiß verſichert, woferne er das
Verbrechen vollbringet (§. 476 Met.); ſo
iſt ſehr viel daran gelegen, daß man in
ſich ereignenden Faͤllen die geſetzte Straf-
fe an den Verbrechern vollſtrecket. Wie-
drigen Falles machet ſich ein jeder Hoff-
nung,
Warum
uͤber
Straffen
feſt zu
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/303>, abgerufen am 22.11.2024.
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