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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 3. Von der Einrichtung
so muß man damit einen hohen Rang
verknüpffen; wovon auch nach diesem mit
mehrerem soll gehandelt werden. Da doch
aber ein jeder seiner Bedienung recht vor-
stehen muß, wenn anders dadurch die ge-
meine Wohlfahrt befördert werden soll;
so hat man wohl zu überlegen, was für
Geschicklichkeit zu einem jeden Amte er-
fordert wird, wenn man das seinige, wie
sichs gebühret, verrichten soll, und nach die-
sem zu untersuchen/ ob die Person, welche
man dazu erwehlen will, auch die Geschick-
lichkeit besitzet, oder nicht. Es ist besser,
daß im gemeinen Wesen einer von bloßen
Renten lebet, als daß ihm eine Bedie-
nung anvertrauet wird, welcher er nicht
auf gehörige Weise vorstehen kan. Jm
ersten Falle träget er zum gemeinen be-
sten nichts bey, als in so weit er andern Geld
zu lösen giebet, und diejenigen versorget, so
in seinen Diensten leben: hingegen in dem
andern Falle verabsäumet er entweder das
gemeine Beste, oder verhindert es gar. Also
ist er im ersten Falle ein grösten Theils
unnützes; hingegen im andern ein schäd-
liches Mitglied. Wer wolte zweiffeln, daß
das erstere besser, als das letztere sey?

Was
man bey
dem Lei-
hen und
Vorschu-
be zu ver-
anstalten
§. 335.

Was so wohl bey dem Verlei-
hen der Sachen, wenn sie verderbet oder
sonst verunglücket worden (§. 927. & seq.
Mor.
), als auch dem Vorschube wegen

der

Cap. 3. Von der Einrichtung
ſo muß man damit einen hohen Rang
verknuͤpffen; wovon auch nach dieſem mit
mehrerem ſoll gehandelt werden. Da doch
aber ein jeder ſeiner Bedienung recht vor-
ſtehen muß, wenn anders dadurch die ge-
meine Wohlfahrt befoͤrdert werden ſoll;
ſo hat man wohl zu uͤberlegen, was fuͤr
Geſchicklichkeit zu einem jeden Amte er-
fordert wird, wenn man das ſeinige, wie
ſichs gebuͤhret, verrichten ſoll, und nach die-
ſem zu unterſuchen/ ob die Perſon, welche
man dazu erwehlen will, auch die Geſchick-
lichkeit beſitzet, oder nicht. Es iſt beſſer,
daß im gemeinen Weſen einer von bloßen
Renten lebet, als daß ihm eine Bedie-
nung anvertrauet wird, welcher er nicht
auf gehoͤrige Weiſe vorſtehen kan. Jm
erſten Falle traͤget er zum gemeinen be-
ſten nichts bey, als in ſo weit er andern Geld
zu loͤſen giebet, und diejenigen verſorget, ſo
in ſeinen Dienſten leben: hingegen in dem
andern Falle verabſaͤumet er entweder das
gemeine Beſte, oder verhindert es gar. Alſo
iſt er im erſten Falle ein groͤſten Theils
unnuͤtzes; hingegen im andern ein ſchaͤd-
liches Mitglied. Wer wolte zweiffeln, daß
das erſtere beſſer, als das letztere ſey?

Was
man bey
dem Lei-
hen und
Vorſchu-
be zu ver-
anſtalten
§. 335.

Was ſo wohl bey dem Verlei-
hen der Sachen, wenn ſie verderbet oder
ſonſt verungluͤcket worden (§. 927. & ſeq.
Mor.
), als auch dem Vorſchube wegen

der
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[276/0294] Cap. 3. Von der Einrichtung ſo muß man damit einen hohen Rang verknuͤpffen; wovon auch nach dieſem mit mehrerem ſoll gehandelt werden. Da doch aber ein jeder ſeiner Bedienung recht vor- ſtehen muß, wenn anders dadurch die ge- meine Wohlfahrt befoͤrdert werden ſoll; ſo hat man wohl zu uͤberlegen, was fuͤr Geſchicklichkeit zu einem jeden Amte er- fordert wird, wenn man das ſeinige, wie ſichs gebuͤhret, verrichten ſoll, und nach die- ſem zu unterſuchen/ ob die Perſon, welche man dazu erwehlen will, auch die Geſchick- lichkeit beſitzet, oder nicht. Es iſt beſſer, daß im gemeinen Weſen einer von bloßen Renten lebet, als daß ihm eine Bedie- nung anvertrauet wird, welcher er nicht auf gehoͤrige Weiſe vorſtehen kan. Jm erſten Falle traͤget er zum gemeinen be- ſten nichts bey, als in ſo weit er andern Geld zu loͤſen giebet, und diejenigen verſorget, ſo in ſeinen Dienſten leben: hingegen in dem andern Falle verabſaͤumet er entweder das gemeine Beſte, oder verhindert es gar. Alſo iſt er im erſten Falle ein groͤſten Theils unnuͤtzes; hingegen im andern ein ſchaͤd- liches Mitglied. Wer wolte zweiffeln, daß das erſtere beſſer, als das letztere ſey? §. 335.Was ſo wohl bey dem Verlei- hen der Sachen, wenn ſie verderbet oder ſonſt verungluͤcket worden (§. 927. & ſeq. Mor.), als auch dem Vorſchube wegen der

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/294>, abgerufen am 07.05.2024.