dien und Tragödien mehr hinderlich und schädlich, als nützlich.
Warumb nicht alle Comödi- en gebil- liget wer -den.
§. 329.
Man kan schon hieraus abneh- men, warum man nicht alle Comödien und Tragödien ohne Unterscheid billigen und im gemeinen Wesen dulden kan. Jedoch sind auch noch andere Ursachen vorhanden. Nemlich wenn sie so beschaffen sind, daß sie den Zuschauern zu den Lastern Anlaß geben, sie von der Tugend abführen und die bösen Begierden in ihnen rege machen: so erhellet aus den vorhin (§. 328) ange- führten Gründen, daß man sie zn verbie- ten hat. So können auch noch andere Neben-Ursachen dazu kommen, die sie verwerflich machen. Als wenn damit z. E. das Geld depensiret wird, welches man nöthiger an andern Orten brauchet; ingleichen wenn man damit die Zeit ver- derbet, welche man zu andern Verrich- tungen anwenden sol. Damit nun da- durch kein Schaden erwachsen kan, so hat man bey den Anstalten der Comödien und Tragödien im gemeinen Wesen zu- gleich mit darauf zu sehen.
Daß man einem ie- dem zu seinem Rechte verhelf- fen sol.
§. 330.
Das Gesetze der Natur erfor- dert, daß man niemanden beleidigen (§. 819 Mor.), auch den durch seine Schuld zugefügten Schaden ersetzen sol (§. 825 Mor.). Derowegen da das gemeine We- sen deßwegen eingeführet wird, damit der
Mensch
Cap. 3. Von der Einrichtung
dien und Tragoͤdien mehr hinderlich und ſchaͤdlich, als nuͤtzlich.
Warumb nicht alle Comoͤdi- en gebil- liget weꝛ -den.
§. 329.
Man kan ſchon hieraus abneh- men, warum man nicht alle Comoͤdien und Tragoͤdien ohne Unterſcheid billigen und im gemeinen Weſen dulden kan. Jedoch ſind auch noch andere Urſachen vorhanden. Nemlich wenn ſie ſo beſchaffen ſind, daß ſie den Zuſchauern zu den Laſtern Anlaß geben, ſie von der Tugend abfuͤhren und die boͤſen Begierden in ihnen rege machen: ſo erhellet aus den vorhin (§. 328) ange- fuͤhrten Gruͤnden, daß man ſie zn verbie- ten hat. So koͤnnen auch noch andere Neben-Urſachen dazu kommen, die ſie verwerflich machen. Als wenn damit z. E. das Geld depenſiret wird, welches man noͤthiger an andern Orten brauchet; ingleichen wenn man damit die Zeit ver- derbet, welche man zu andern Verrich- tungen anwenden ſol. Damit nun da- durch kein Schaden erwachſen kan, ſo hat man bey den Anſtalten der Comoͤdien und Tragoͤdien im gemeinen Weſen zu- gleich mit darauf zu ſehen.
Daß man einem ie- dem zu ſeinem Rechte verhelf- fen ſol.
§. 330.
Das Geſetze der Natur erfor- dert, daß man niemanden beleidigen (§. 819 Mor.), auch den durch ſeine Schuld zugefuͤgten Schaden erſetzen ſol (§. 825 Mor.). Derowegen da das gemeine We- ſen deßwegen eingefuͤhret wird, damit der
Menſch
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Cap. 3. Von der Einrichtung
dien und Tragoͤdien mehr hinderlich und
ſchaͤdlich, als nuͤtzlich.
§. 329.Man kan ſchon hieraus abneh-
men, warum man nicht alle Comoͤdien und
Tragoͤdien ohne Unterſcheid billigen und
im gemeinen Weſen dulden kan. Jedoch
ſind auch noch andere Urſachen vorhanden.
Nemlich wenn ſie ſo beſchaffen ſind, daß
ſie den Zuſchauern zu den Laſtern Anlaß
geben, ſie von der Tugend abfuͤhren und
die boͤſen Begierden in ihnen rege machen:
ſo erhellet aus den vorhin (§. 328) ange-
fuͤhrten Gruͤnden, daß man ſie zn verbie-
ten hat. So koͤnnen auch noch andere
Neben-Urſachen dazu kommen, die ſie
verwerflich machen. Als wenn damit z.
E. das Geld depenſiret wird, welches
man noͤthiger an andern Orten brauchet;
ingleichen wenn man damit die Zeit ver-
derbet, welche man zu andern Verrich-
tungen anwenden ſol. Damit nun da-
durch kein Schaden erwachſen kan, ſo
hat man bey den Anſtalten der Comoͤdien
und Tragoͤdien im gemeinen Weſen zu-
gleich mit darauf zu ſehen.
§. 330.Das Geſetze der Natur erfor-
dert, daß man niemanden beleidigen (§.
819 Mor.), auch den durch ſeine Schuld
zugefuͤgten Schaden erſetzen ſol (§. 825
Mor.). Derowegen da das gemeine We-
ſen deßwegen eingefuͤhret wird, damit der
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/290>, abgerufen am 25.11.2024.
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