Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung dienste gehörige Handlungen zu sehen, sin-temahl die Gebäude so auf zu führen sind, daß man alle Verrichtungen, die man dar- innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung und Verdruß bewerckstelligen kan (§. 7. 17. Arehit. civil.). Es sind solcher gestalt die Kirchen Gebäude, die zum öffentlichen Gottesdienste aufgeführet werden. Ehe demnach gezeiget werden kan, wie die Kir- chen sollen erbauet werden; muß man die Beschaffenheit des Gottesdienstes vor al- len Dingen verstehen. Und demnach müs- sen die Regeln des Kirchen-Baues theils aus der allgemeinen Bau-Kunst, theils aus der Beschaffenheit des Gottesdienstes, genommen werden. Folgends ist kein Bau- meister in dem Stande von einer Kirche vernünfftig zu urtheilen, viel weniger vor sich sie mit Verstande anzugeben, als der die Art des Gottesdienstes völlig verstehet, der darinnen verrichtet wird. die Kir- chen prachtig sollen er- bauet und aus- gezieret werden. §. 323. Diejenigen Gebäude, welche wer-
Cap. 3. Von der Einrichtung dienſte gehoͤrige Handlungen zu ſehen, ſin-temahl die Gebaͤude ſo auf zu fuͤhren ſind, daß man alle Verrichtungen, die man dar- innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung und Verdruß bewerckſtelligen kan (§. 7. 17. Arehit. civil.). Es ſind ſolcher geſtalt die Kirchen Gebaͤude, die zum oͤffentlichen Gottesdienſte aufgefuͤhret werden. Ehe demnach gezeiget werden kan, wie die Kir- chen ſollen erbauet werden; muß man die Beſchaffenheit des Gottesdienſtes vor al- len Dingen verſtehen. Und demnach muͤſ- ſen die Regeln des Kirchen-Baues theils aus der allgemeinen Bau-Kunſt, theils aus der Beſchaffenheit des Gottesdienſtes, genommen werden. Folgends iſt kein Bau- meiſter in dem Stande von einer Kirche vernuͤnfftig zu urtheilen, viel weniger vor ſich ſie mit Verſtande anzugeben, als der die Art des Gottesdienſtes voͤllig verſtehet, der darinnen verrichtet wird. die Kir- chen prachtig ſollen er- bauet und aus- gezieret werden. §. 323. Diejenigen Gebaͤude, welche wer-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0280" n="262"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi></fw><lb/> dienſte gehoͤrige Handlungen zu ſehen, ſin-<lb/> temahl die Gebaͤude ſo auf zu fuͤhren ſind,<lb/> daß man alle Verrichtungen, die man dar-<lb/> innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung<lb/> und Verdruß bewerckſtelligen kan (§. 7. 17.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Arehit. civil.</hi></hi>). Es ſind ſolcher geſtalt die<lb/><hi rendition="#fr">Kirchen</hi> Gebaͤude, die zum oͤffentlichen<lb/> Gottesdienſte aufgefuͤhret werden. Ehe<lb/> demnach gezeiget werden kan, wie die Kir-<lb/> chen ſollen erbauet werden; muß man die<lb/> Beſchaffenheit des Gottesdienſtes vor al-<lb/> len Dingen verſtehen. Und demnach muͤſ-<lb/> ſen die Regeln des Kirchen-Baues theils<lb/> aus der allgemeinen Bau-Kunſt, theils<lb/> aus der Beſchaffenheit des Gottesdienſtes,<lb/> genommen werden. Folgends iſt kein Bau-<lb/> meiſter in dem Stande von einer Kirche<lb/> vernuͤnfftig zu urtheilen, viel weniger vor<lb/> ſich ſie mit Verſtande anzugeben, als der<lb/> die Art des Gottesdienſtes voͤllig verſtehet,<lb/> der darinnen verrichtet wird.</p><lb/> <note place="left">Warum<lb/> die Kir-<lb/> chen<lb/> prachtig<lb/> ſollen er-<lb/> bauet<lb/> und aus-<lb/> gezieret<lb/> werden.</note> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 323.</head> <p>Diejenigen Gebaͤude, welche<lb/> man im gemeinen Weſen zum gemeinen<lb/> Gebrauch zu erbauen pfleget, werden <hi rendition="#fr">oͤf-<lb/> fentliche Gebaͤude</hi> genennet. Derowe-<lb/> gen da die Kirchen zum oͤffentlichen Got-<lb/> tesdienſte (§. 322) und alſo zum gemeinen<lb/> Gebrauche erbauet werden; ſo gehoͤren<lb/> auch ſie unter die oͤffentliche Gebaͤude.<lb/> Weil nun der Wohlſtand erfordert (wie<lb/> nach dieſem umbſtaͤndlicher ſoll erwieſen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [262/0280]
Cap. 3. Von der Einrichtung
dienſte gehoͤrige Handlungen zu ſehen, ſin-
temahl die Gebaͤude ſo auf zu fuͤhren ſind,
daß man alle Verrichtungen, die man dar-
innen vorzunehmen hat, ohne Hinderung
und Verdruß bewerckſtelligen kan (§. 7. 17.
Arehit. civil.). Es ſind ſolcher geſtalt die
Kirchen Gebaͤude, die zum oͤffentlichen
Gottesdienſte aufgefuͤhret werden. Ehe
demnach gezeiget werden kan, wie die Kir-
chen ſollen erbauet werden; muß man die
Beſchaffenheit des Gottesdienſtes vor al-
len Dingen verſtehen. Und demnach muͤſ-
ſen die Regeln des Kirchen-Baues theils
aus der allgemeinen Bau-Kunſt, theils
aus der Beſchaffenheit des Gottesdienſtes,
genommen werden. Folgends iſt kein Bau-
meiſter in dem Stande von einer Kirche
vernuͤnfftig zu urtheilen, viel weniger vor
ſich ſie mit Verſtande anzugeben, als der
die Art des Gottesdienſtes voͤllig verſtehet,
der darinnen verrichtet wird.
§. 323.Diejenigen Gebaͤude, welche
man im gemeinen Weſen zum gemeinen
Gebrauch zu erbauen pfleget, werden oͤf-
fentliche Gebaͤude genennet. Derowe-
gen da die Kirchen zum oͤffentlichen Got-
tesdienſte (§. 322) und alſo zum gemeinen
Gebrauche erbauet werden; ſo gehoͤren
auch ſie unter die oͤffentliche Gebaͤude.
Weil nun der Wohlſtand erfordert (wie
nach dieſem umbſtaͤndlicher ſoll erwieſen
wer-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |