Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

des gemeines Wesens.
terricht ertheilen, als zu dieser Kunst nö-
thig ist. Wiederumb ein Mahler muß
aus der Anatomie so viel verstehen, als
die äusserliche Gestalt des Menschen und
ihre Veränderung in den gar verschiede-
nen Stellungen zu beurtheilen nöthig ist.
Derowegen muß man die Anatomie, so
viel hierzu nöthig, auf Mahler-Academi-
en lehren. Ein Mahler muß aus der
Bau-Kunst so viel verstehen, als zu ei-
nem persvectivischen Risse eines Gebäu-
des dazu erfordert wird. Dervwegen
muß man auf der Mahler-Academie so
viel von der Bau-Kunst lehren, als dazu
erfordert wird. Ein Mahler muß die Pro-
portion der Glieder des menschlichen Lei-
bes wohl verstehen. Derowegen muß
man auf der Mahler-Academie davon
Unterricht ertheilen, und so weiter fort.
Dieses wird bey der Zubereitung erfor-
dert. Hingegen was die Ubung betrifft,
so muß man daselbst nicht allein gute
Zeichnungen von allerhand Arten der Din-
ge zum Nachzeichnen vorlegen; sondern
auch nach diesem die Sache selbst, als ab-
sonderlich Menschen, in ihren verschiede-
nen Stellungen, zum abzeichnen vorstellen.
Dadurch wird ein Mahler geschickt an
andern Orten, wo man dergleichen Aca-
demien nicht haben kan, mit gründlichem
Unterrichte andern zu dienen, nicht allein

vor
Q 5

des gemeines Weſens.
terricht ertheilen, als zu dieſer Kunſt noͤ-
thig iſt. Wiederumb ein Mahler muß
aus der Anatomie ſo viel verſtehen, als
die aͤuſſerliche Geſtalt des Menſchen und
ihre Veraͤnderung in den gar verſchiede-
nen Stellungen zu beurtheilen noͤthig iſt.
Derowegen muß man die Anatomie, ſo
viel hierzu noͤthig, auf Mahler-Academi-
en lehren. Ein Mahler muß aus der
Bau-Kunſt ſo viel verſtehen, als zu ei-
nem perſvectiviſchen Riſſe eines Gebaͤu-
des dazu erfordert wird. Dervwegen
muß man auf der Mahler-Academie ſo
viel von der Bau-Kunſt lehren, als dazu
erfordert wird. Ein Mahler muß die Pro-
portion der Glieder des menſchlichen Lei-
bes wohl verſtehen. Derowegen muß
man auf der Mahler-Academie davon
Unterricht ertheilen, und ſo weiter fort.
Dieſes wird bey der Zubereitung erfor-
dert. Hingegen was die Ubung betrifft,
ſo muß man daſelbſt nicht allein gute
Zeichnungen von allerhand Arten der Din-
ge zum Nachzeichnen vorlegen; ſondern
auch nach dieſem die Sache ſelbſt, als ab-
ſonderlich Menſchen, in ihren verſchiede-
nen Stellungen, zum abzeichnen vorſtellen.
Dadurch wird ein Mahler geſchickt an
andern Orten, wo man dergleichen Aca-
demien nicht haben kan, mit gruͤndlichem
Unterrichte andern zu dienen, nicht allein

vor
Q 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0267" n="249"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeines We&#x017F;ens.</hi></fw><lb/>
terricht ertheilen, als zu die&#x017F;er Kun&#x017F;t no&#x0364;-<lb/>
thig i&#x017F;t. Wiederumb ein Mahler muß<lb/>
aus der Anatomie &#x017F;o viel ver&#x017F;tehen, als<lb/>
die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Ge&#x017F;talt des Men&#x017F;chen und<lb/>
ihre Vera&#x0364;nderung in den gar ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen Stellungen zu beurtheilen no&#x0364;thig i&#x017F;t.<lb/>
Derowegen muß man die Anatomie, &#x017F;o<lb/>
viel hierzu no&#x0364;thig, auf Mahler-Academi-<lb/>
en lehren. Ein Mahler muß aus der<lb/>
Bau-Kun&#x017F;t &#x017F;o viel ver&#x017F;tehen, als zu ei-<lb/>
nem per&#x017F;vectivi&#x017F;chen Ri&#x017F;&#x017F;e eines Geba&#x0364;u-<lb/>
des dazu erfordert wird. Dervwegen<lb/>
muß man auf der Mahler-Academie &#x017F;o<lb/>
viel von der Bau-Kun&#x017F;t lehren, als dazu<lb/>
erfordert wird. Ein Mahler muß die Pro-<lb/>
portion der Glieder des men&#x017F;chlichen Lei-<lb/>
bes wohl ver&#x017F;tehen. Derowegen muß<lb/>
man auf der Mahler-Academie davon<lb/>
Unterricht ertheilen, und &#x017F;o weiter fort.<lb/>
Die&#x017F;es wird bey der Zubereitung erfor-<lb/>
dert. Hingegen was die Ubung betrifft,<lb/>
&#x017F;o muß man da&#x017F;elb&#x017F;t nicht allein gute<lb/>
Zeichnungen von allerhand Arten der Din-<lb/>
ge zum Nachzeichnen vorlegen; &#x017F;ondern<lb/>
auch nach die&#x017F;em die Sache &#x017F;elb&#x017F;t, als ab-<lb/>
&#x017F;onderlich Men&#x017F;chen, in ihren ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen Stellungen, zum abzeichnen vor&#x017F;tellen.<lb/>
Dadurch wird ein Mahler ge&#x017F;chickt an<lb/>
andern Orten, wo man dergleichen Aca-<lb/>
demien nicht haben kan, mit gru&#x0364;ndlichem<lb/>
Unterrichte andern zu dienen, nicht allein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 5</fw><fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0267] des gemeines Weſens. terricht ertheilen, als zu dieſer Kunſt noͤ- thig iſt. Wiederumb ein Mahler muß aus der Anatomie ſo viel verſtehen, als die aͤuſſerliche Geſtalt des Menſchen und ihre Veraͤnderung in den gar verſchiede- nen Stellungen zu beurtheilen noͤthig iſt. Derowegen muß man die Anatomie, ſo viel hierzu noͤthig, auf Mahler-Academi- en lehren. Ein Mahler muß aus der Bau-Kunſt ſo viel verſtehen, als zu ei- nem perſvectiviſchen Riſſe eines Gebaͤu- des dazu erfordert wird. Dervwegen muß man auf der Mahler-Academie ſo viel von der Bau-Kunſt lehren, als dazu erfordert wird. Ein Mahler muß die Pro- portion der Glieder des menſchlichen Lei- bes wohl verſtehen. Derowegen muß man auf der Mahler-Academie davon Unterricht ertheilen, und ſo weiter fort. Dieſes wird bey der Zubereitung erfor- dert. Hingegen was die Ubung betrifft, ſo muß man daſelbſt nicht allein gute Zeichnungen von allerhand Arten der Din- ge zum Nachzeichnen vorlegen; ſondern auch nach dieſem die Sache ſelbſt, als ab- ſonderlich Menſchen, in ihren verſchiede- nen Stellungen, zum abzeichnen vorſtellen. Dadurch wird ein Mahler geſchickt an andern Orten, wo man dergleichen Aca- demien nicht haben kan, mit gruͤndlichem Unterrichte andern zu dienen, nicht allein vor Q 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/267
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/267>, abgerufen am 07.05.2024.