Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 3. Von der Einrichtung
in dem Stande mehr auszurichten als vie-
le andere, die unter so vielen Verrichtun-
gen des menschlichen Lebens nur dann und
wann Gelegenheit bekommen an etwas zu
gedencken: welches ich umständlicher aus-
zuführen vor unnöthig erachte.

Beschaf-
fenheit
des Prä-
stdenten
der Aca-
demie
der Wis-
senschaf-
ten.
§. 308.

Ob nun aber gleich nicht ein je-
des Mittglied der Academie der Wissen-
schafften in allen Arten der Wahrheit darf
geübet seyn, sondern es viel rathsamer ist,
daß ein jedes sich hauptsächlich auf eine ge-
wisse Art der Wahrheiten lege, damit
man es darinnnn weiter bringe, als sich
sonst thun lässet: so ist doch dienlich, daß
diejenige Person, welche über die Acade-
mie der Wissenschafften Aufsicht hat, und
der Präsident genennet wird, in allen Ar-
ten der Wissenschafft wohl geübet ist, da-
mit sie nicht allein alles wohl anordnen kan,
was von einem jeden vorzunehmen, son-
dern auch dasjenige, was von den Mitt-
gliedern eingebracht wird, gründlich zu un-
tersuchen geschickt ist, wo einige Schwie-
rigkeiten sich noch finden, dieselbe anzei-
gen, und sie zu heben geschickte Anschlä-
ge geben kan. Uber dieses da alle Wahr-
heiten mit einander verknüpffet sind (§. 143
Met.); so muß derjenige in allen Arten
derselben geübet seyn, der sie mit einander
verbinden und in eine gründliche Ordnung
bringen wil. Und dieses könnte demnach

dem

Cap. 3. Von der Einrichtung
in dem Stande mehr auszurichten als vie-
le andere, die unter ſo vielen Verrichtun-
gen des menſchlichen Lebens nur dann und
wann Gelegenheit bekommen an etwas zu
gedencken: welches ich umſtaͤndlicher aus-
zufuͤhren vor unnoͤthig erachte.

Beſchaf-
fenheit
des Praͤ-
ſtdenten
der Aca-
demie
der Wiſ-
ſenſchaf-
ten.
§. 308.

Ob nun aber gleich nicht ein je-
des Mittglied der Academie der Wiſſen-
ſchafften in allen Arten der Wahrheit darf
geuͤbet ſeyn, ſondern es viel rathſamer iſt,
daß ein jedes ſich hauptſaͤchlich auf eine ge-
wiſſe Art der Wahrheiten lege, damit
man es darinnnn weiter bringe, als ſich
ſonſt thun laͤſſet: ſo iſt doch dienlich, daß
diejenige Perſon, welche uͤber die Acade-
mie der Wiſſenſchafften Aufſicht hat, und
der Praͤſident genennet wird, in allen Ar-
ten der Wiſſenſchafft wohl geuͤbet iſt, da-
mit ſie nicht allein alles wohl anordnen kan,
was von einem jeden vorzunehmen, ſon-
dern auch dasjenige, was von den Mitt-
gliedern eingebracht wird, gruͤndlich zu un-
terſuchen geſchickt iſt, wo einige Schwie-
rigkeiten ſich noch finden, dieſelbe anzei-
gen, und ſie zu heben geſchickte Anſchlaͤ-
ge geben kan. Uber dieſes da alle Wahr-
heiten mit einander verknuͤpffet ſind (§. 143
Met.); ſo muß derjenige in allen Arten
derſelben geuͤbet ſeyn, der ſie mit einander
verbinden und in eine gruͤndliche Ordnung
bringen wil. Und dieſes koͤnnte demnach

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0262" n="244"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi></fw><lb/>
in dem Stande mehr auszurichten als vie-<lb/>
le andere, die unter &#x017F;o vielen Verrichtun-<lb/>
gen des men&#x017F;chlichen Lebens nur dann und<lb/>
wann Gelegenheit bekommen an etwas zu<lb/>
gedencken: welches ich um&#x017F;ta&#x0364;ndlicher aus-<lb/>
zufu&#x0364;hren vor unno&#x0364;thig erachte.</p><lb/>
              <note place="left">Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit<lb/>
des Pra&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tdenten<lb/>
der Aca-<lb/>
demie<lb/>
der Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaf-<lb/>
ten.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 308.</head>
              <p>Ob nun aber gleich nicht ein je-<lb/>
des Mittglied der Academie der Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafften in allen Arten der Wahrheit darf<lb/>
geu&#x0364;bet &#x017F;eyn, &#x017F;ondern es viel rath&#x017F;amer i&#x017F;t,<lb/>
daß ein jedes &#x017F;ich haupt&#x017F;a&#x0364;chlich auf eine ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Art der Wahrheiten lege, damit<lb/>
man es darinnnn weiter bringe, als &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t thun la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et: &#x017F;o i&#x017F;t doch dienlich, daß<lb/>
diejenige Per&#x017F;on, welche u&#x0364;ber die Acade-<lb/>
mie der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften Auf&#x017F;icht hat, und<lb/>
der <hi rendition="#fr">Pra&#x0364;&#x017F;ident</hi> genennet wird, in allen Ar-<lb/>
ten der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft wohl geu&#x0364;bet i&#x017F;t, da-<lb/>
mit &#x017F;ie nicht allein alles wohl anordnen kan,<lb/>
was von einem jeden vorzunehmen, &#x017F;on-<lb/>
dern auch dasjenige, was von den Mitt-<lb/>
gliedern eingebracht wird, gru&#x0364;ndlich zu un-<lb/>
ter&#x017F;uchen ge&#x017F;chickt i&#x017F;t, wo einige Schwie-<lb/>
rigkeiten &#x017F;ich noch finden, die&#x017F;elbe anzei-<lb/>
gen, und &#x017F;ie zu heben ge&#x017F;chickte An&#x017F;chla&#x0364;-<lb/>
ge geben kan. Uber die&#x017F;es da alle Wahr-<lb/>
heiten mit einander verknu&#x0364;pffet &#x017F;ind (§. 143<lb/><hi rendition="#aq">Met.</hi>); &#x017F;o muß derjenige in allen Arten<lb/>
der&#x017F;elben geu&#x0364;bet &#x017F;eyn, der &#x017F;ie mit einander<lb/>
verbinden und in eine gru&#x0364;ndliche Ordnung<lb/>
bringen wil. Und die&#x017F;es ko&#x0364;nnte demnach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0262] Cap. 3. Von der Einrichtung in dem Stande mehr auszurichten als vie- le andere, die unter ſo vielen Verrichtun- gen des menſchlichen Lebens nur dann und wann Gelegenheit bekommen an etwas zu gedencken: welches ich umſtaͤndlicher aus- zufuͤhren vor unnoͤthig erachte. §. 308.Ob nun aber gleich nicht ein je- des Mittglied der Academie der Wiſſen- ſchafften in allen Arten der Wahrheit darf geuͤbet ſeyn, ſondern es viel rathſamer iſt, daß ein jedes ſich hauptſaͤchlich auf eine ge- wiſſe Art der Wahrheiten lege, damit man es darinnnn weiter bringe, als ſich ſonſt thun laͤſſet: ſo iſt doch dienlich, daß diejenige Perſon, welche uͤber die Acade- mie der Wiſſenſchafften Aufſicht hat, und der Praͤſident genennet wird, in allen Ar- ten der Wiſſenſchafft wohl geuͤbet iſt, da- mit ſie nicht allein alles wohl anordnen kan, was von einem jeden vorzunehmen, ſon- dern auch dasjenige, was von den Mitt- gliedern eingebracht wird, gruͤndlich zu un- terſuchen geſchickt iſt, wo einige Schwie- rigkeiten ſich noch finden, dieſelbe anzei- gen, und ſie zu heben geſchickte Anſchlaͤ- ge geben kan. Uber dieſes da alle Wahr- heiten mit einander verknuͤpffet ſind (§. 143 Met.); ſo muß derjenige in allen Arten derſelben geuͤbet ſeyn, der ſie mit einander verbinden und in eine gruͤndliche Ordnung bringen wil. Und dieſes koͤnnte demnach dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/262
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/262>, abgerufen am 07.05.2024.