Was sie bey den Staats- Wissen- schafften zu thun hat.
§. 306.
Aus eben der Ursache, weil die Academie der Wissenschaften alle Wahr- heit sammlen, und durch neue Erfindungen vermehren sol (§. 300); so muß sie al- le Einrichtungen, die man in einem Staa- te hat, sie mögen Policey-Cammer- oder andere Sachen betreffen, so sorgfältig als andere Wahrheiten untersuchen und durch genaue Uberlegung erwegen, was das be- ste ist, und zwar um so vielmehr, je gewis- ser man aus der Erfahrung weiß, daß nicht allezeit mit gnungsamem Bedacht derglei- chen Einrichtungen geschehen, theils weil diejenigen, welche davor zu sorgen haben, zu grossen und weitläufftigen Uberlegungen entweder nicht geschickt sind, oder wegen vielfältiger anderer Verrichtungen nicht Zeit dazu haben; theils weil sie insgemein nur nachthun, was sie bey andern gesehen, wobey aber gar leicht gefehlet wird, wenn man nicht die Vernunfft mit zu Rathe zie- het (§. 376. Met.). Es hat demnach die A- cademie der Wissenschafften sich in Auflö- sung solcher Aufgaben, die zum Nutzen des Staats gereichen, mit Fleiß zu üben.
Einwurf wird be- antwor- tet.
§. 307.
Jch achte es für unnöthig meh- rere Sachen zu erzehlen, damit die Acade- mie der Wissenschaften beschäftiget seyn sol. Denn da ich überhaupt erinnert, sie sol alle Wahrheiten sammlen, untersuchen und durch neue Erfindungen vermehren,
auch
Cap 3. Von der Einrichtung
Was ſie bey den Staats- Wiſſen- ſchafften zu thun hat.
§. 306.
Aus eben der Urſache, weil die Academie der Wiſſenſchaften alle Wahr- heit ſammlen, und durch neue Erfindungen vermehren ſol (§. 300); ſo muß ſie al- le Einrichtungen, die man in einem Staa- te hat, ſie moͤgen Policey-Cammer- oder andere Sachen betreffen, ſo ſorgfaͤltig als andere Wahrheiten unterſuchen und durch genaue Uberlegung erwegen, was das be- ſte iſt, und zwar um ſo vielmehr, je gewiſ- ſer man aus der Erfahrung weiß, daß nicht allezeit mit gnungſamem Bedacht derglei- chen Einrichtungen geſchehen, theils weil diejenigen, welche davor zu ſorgen haben, zu groſſen und weitlaͤufftigen Uberlegungen entweder nicht geſchickt ſind, oder wegen vielfaͤltiger anderer Verrichtungen nicht Zeit dazu haben; theils weil ſie insgemein nur nachthun, was ſie bey andern geſehen, wobey aber gar leicht gefehlet wird, wenn man nicht die Vernunfft mit zu Rathe zie- het (§. 376. Met.). Es hat demnach die A- cademie der Wiſſenſchafften ſich in Aufloͤ- ſung ſolcher Aufgaben, die zum Nutzen des Staats gereichen, mit Fleiß zu uͤben.
Einwuꝛf wird be- antwor- tet.
§. 307.
Jch achte es fuͤr unnoͤthig meh- rere Sachen zu erzehlen, damit die Acade- mie der Wiſſenſchaften beſchaͤftiget ſeyn ſol. Denn da ich uͤberhaupt erinnert, ſie ſol alle Wahrheiten ſammlen, unterſuchen und durch neue Erfindungen vermehren,
auch
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Cap 3. Von der Einrichtung
§. 306.Aus eben der Urſache, weil die
Academie der Wiſſenſchaften alle Wahr-
heit ſammlen, und durch neue Erfindungen
vermehren ſol (§. 300); ſo muß ſie al-
le Einrichtungen, die man in einem Staa-
te hat, ſie moͤgen Policey-Cammer- oder
andere Sachen betreffen, ſo ſorgfaͤltig als
andere Wahrheiten unterſuchen und durch
genaue Uberlegung erwegen, was das be-
ſte iſt, und zwar um ſo vielmehr, je gewiſ-
ſer man aus der Erfahrung weiß, daß nicht
allezeit mit gnungſamem Bedacht derglei-
chen Einrichtungen geſchehen, theils weil
diejenigen, welche davor zu ſorgen haben,
zu groſſen und weitlaͤufftigen Uberlegungen
entweder nicht geſchickt ſind, oder wegen
vielfaͤltiger anderer Verrichtungen nicht
Zeit dazu haben; theils weil ſie insgemein
nur nachthun, was ſie bey andern geſehen,
wobey aber gar leicht gefehlet wird, wenn
man nicht die Vernunfft mit zu Rathe zie-
het (§. 376. Met.). Es hat demnach die A-
cademie der Wiſſenſchafften ſich in Aufloͤ-
ſung ſolcher Aufgaben, die zum Nutzen des
Staats gereichen, mit Fleiß zu uͤben.
§. 307.Jch achte es fuͤr unnoͤthig meh-
rere Sachen zu erzehlen, damit die Acade-
mie der Wiſſenſchaften beſchaͤftiget ſeyn
ſol. Denn da ich uͤberhaupt erinnert, ſie
ſol alle Wahrheiten ſammlen, unterſuchen
und durch neue Erfindungen vermehren,
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/260>, abgerufen am 22.11.2024.
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