(§. 454. Met.); so sollen Lernende nicht allzu scharff gehalten werden, das ist, man soll ihre Freyheit nicht mehr einschräncken als nöthig ist, und, wo man solches zu thun nöthig befindet, ihnen zugleich klare und deutliche Gründe beybringen, war- umb es geschiehet, damit sie erkennen, wie es zu ihrem Besten gereichet, und ü- berdieses sie nicht eher straffen, bis sie er- kennen, daß sie es verdienet, auch sie auf eine beqveme Art überführen, wie sie dergleichen Grad der Straffen sehr wohl verdienet, und man dadurch ihre und an- derer Besserung suchet. Lehrer vertreten die Stelle derer Väter (§. 87); Väter aber suchen ihre Kinder nicht zu verder- ben, sondern durch Züchtigungen zu bes- sern.
Noth- wendig- keit der Aeademie der Wis- senschaff- ten.
§. 299.
Da es nicht möglich ist, daß diejenigen, welche mit andern Verrich- tungen Ambtes wegen ihre Zeit zubrin- gen müssen, die Wissenschafften und Kün- ste durch neue Erfindungen vermehren und ihre Aufnahme besorgen können, ob sie gleich dazu geschickt sind, auch es ihnen an Lust solches zu vollbringen gar nicht fehlet, indem man nicht zweyerley zu einer Zeit auf einmahl thun kan, auch da der Kopf mit andern die Ambts-Ver- richtungen betreffende Dinge eingenom- men ist, man nicht einmahl Anlaß bekom-
met,
Cap. 3. Von der Einrichtung
(§. 454. Met.); ſo ſollen Lernende nicht allzu ſcharff gehalten werden, das iſt, man ſoll ihre Freyheit nicht mehr einſchraͤncken als noͤthig iſt, und, wo man ſolches zu thun noͤthig befindet, ihnen zugleich klare und deutliche Gruͤnde beybringen, war- umb es geſchiehet, damit ſie erkennen, wie es zu ihrem Beſten gereichet, und uͤ- berdieſes ſie nicht eher ſtraffen, bis ſie er- kennen, daß ſie es verdienet, auch ſie auf eine beqveme Art uͤberfuͤhren, wie ſie dergleichen Grad der Straffen ſehr wohl verdienet, und man dadurch ihre und an- derer Beſſerung ſuchet. Lehrer vertreten die Stelle derer Vaͤter (§. 87); Vaͤter aber ſuchen ihre Kinder nicht zu verder- ben, ſondern durch Zuͤchtigungen zu beſ- ſern.
Noth- wendig- keit der Aeademie der Wiſ- ſenſchaff- ten.
§. 299.
Da es nicht moͤglich iſt, daß diejenigen, welche mit andern Verrich- tungen Ambtes wegen ihre Zeit zubrin- gen muͤſſen, die Wiſſenſchafften und Kuͤn- ſte durch neue Erfindungen vermehren und ihre Aufnahme beſorgen koͤnnen, ob ſie gleich dazu geſchickt ſind, auch es ihnen an Luſt ſolches zu vollbringen gar nicht fehlet, indem man nicht zweyerley zu einer Zeit auf einmahl thun kan, auch da der Kopf mit andern die Ambts-Ver- richtungen betreffende Dinge eingenom- men iſt, man nicht einmahl Anlaß bekom-
met,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0252"n="234"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi></fw><lb/>
(§. 454. <hirendition="#aq">Met.</hi>); ſo ſollen Lernende nicht<lb/>
allzu ſcharff gehalten werden, das iſt, man<lb/>ſoll ihre Freyheit nicht mehr einſchraͤncken<lb/>
als noͤthig iſt, und, wo man ſolches zu<lb/>
thun noͤthig befindet, ihnen zugleich klare<lb/>
und deutliche Gruͤnde beybringen, war-<lb/>
umb es geſchiehet, damit ſie erkennen,<lb/>
wie es zu ihrem Beſten gereichet, und uͤ-<lb/>
berdieſes ſie nicht eher ſtraffen, bis ſie er-<lb/>
kennen, daß ſie es verdienet, auch ſie<lb/>
auf eine beqveme Art uͤberfuͤhren, wie ſie<lb/>
dergleichen Grad der Straffen ſehr wohl<lb/>
verdienet, und man dadurch ihre und an-<lb/>
derer Beſſerung ſuchet. Lehrer vertreten<lb/>
die Stelle derer Vaͤter (§. 87); Vaͤter<lb/>
aber ſuchen ihre Kinder nicht zu verder-<lb/>
ben, ſondern durch Zuͤchtigungen zu beſ-<lb/>ſern.</p><lb/><noteplace="left">Noth-<lb/>
wendig-<lb/>
keit der<lb/>
Aeademie<lb/>
der Wiſ-<lb/>ſenſchaff-<lb/>
ten.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 299.</head><p>Da es nicht moͤglich iſt, daß<lb/>
diejenigen, welche mit andern Verrich-<lb/>
tungen Ambtes wegen ihre Zeit zubrin-<lb/>
gen muͤſſen, die Wiſſenſchafften und Kuͤn-<lb/>ſte durch neue Erfindungen vermehren<lb/>
und ihre Aufnahme beſorgen koͤnnen, ob<lb/>ſie gleich dazu geſchickt ſind, auch es<lb/>
ihnen an Luſt ſolches zu vollbringen gar<lb/>
nicht fehlet, indem man nicht zweyerley zu<lb/>
einer Zeit auf einmahl thun kan, auch<lb/>
da der Kopf mit andern die Ambts-Ver-<lb/>
richtungen betreffende Dinge eingenom-<lb/>
men iſt, man nicht einmahl Anlaß bekom-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">met,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[234/0252]
Cap. 3. Von der Einrichtung
(§. 454. Met.); ſo ſollen Lernende nicht
allzu ſcharff gehalten werden, das iſt, man
ſoll ihre Freyheit nicht mehr einſchraͤncken
als noͤthig iſt, und, wo man ſolches zu
thun noͤthig befindet, ihnen zugleich klare
und deutliche Gruͤnde beybringen, war-
umb es geſchiehet, damit ſie erkennen,
wie es zu ihrem Beſten gereichet, und uͤ-
berdieſes ſie nicht eher ſtraffen, bis ſie er-
kennen, daß ſie es verdienet, auch ſie
auf eine beqveme Art uͤberfuͤhren, wie ſie
dergleichen Grad der Straffen ſehr wohl
verdienet, und man dadurch ihre und an-
derer Beſſerung ſuchet. Lehrer vertreten
die Stelle derer Vaͤter (§. 87); Vaͤter
aber ſuchen ihre Kinder nicht zu verder-
ben, ſondern durch Zuͤchtigungen zu beſ-
ſern.
§. 299.Da es nicht moͤglich iſt, daß
diejenigen, welche mit andern Verrich-
tungen Ambtes wegen ihre Zeit zubrin-
gen muͤſſen, die Wiſſenſchafften und Kuͤn-
ſte durch neue Erfindungen vermehren
und ihre Aufnahme beſorgen koͤnnen, ob
ſie gleich dazu geſchickt ſind, auch es
ihnen an Luſt ſolches zu vollbringen gar
nicht fehlet, indem man nicht zweyerley zu
einer Zeit auf einmahl thun kan, auch
da der Kopf mit andern die Ambts-Ver-
richtungen betreffende Dinge eingenom-
men iſt, man nicht einmahl Anlaß bekom-
met,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/252>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.