ren geschickte Köpffe, und die Lust haben etwas gutes zulernen, auch reichlich versor- get, damit sie in den Stand gesetzet wer- den, etwas gründliches zu studiren. Je- doch dörffen sie auch nicht überflüßig haben, weil der Uberfluß leicht zur Wollust leitet, dadurch das studiren nachgesetzet wird. Und ist es besser, wenn es etwas kümmerlich hergehet, daß sie nem- lich alles wohl zurathe halten müssen, wenn sie auskommen wollen. Man handelt demnach übel, wenn man die Stipendien- Gelder dergestalt eintheilet, daß keiner da- durch in den Stand gesetzet wird etwas tüchtiges zu lernen; sondern nur viele ih- ren kümmerlichen Unterhalt finden. Es kommet nicht auf die Menge an, die ver- sorget werden. Ein geschickter Mann, der durch dergleichen Hülffe erzogen worden, nutzet dem Lande und dem gantzen mensch- lichen Geschlechte mehr, als gantze Schaa- ren dürfftiger Gelehrten, die nichts rechtes gelernet, und dem Lande nur zur Last wer- den, weil man sie zu nichts tüchtigem ge- brauchen kan, oder auch gar zum Unglück, wenn sie zu Diensten gezogen werden, de- nen sie nicht vorstehen können. Es ist aber auch dieses nicht zu vergessen, daß unter- weilen zum studiren tüchtige Leute wohl einige Mittel haben, die doch aber nicht
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des gemeinen Weſens.
ren geſchickte Koͤpffe, und die Luſt haben etwas gutes zulernen, auch reichlich verſor- get, damit ſie in den Stand geſetzet wer- den, etwas gruͤndliches zu ſtudiren. Je- doch doͤrffen ſie auch nicht uͤberfluͤßig haben, weil der Uberfluß leicht zur Wolluſt leitet, dadurch das ſtudiren nachgeſetzet wird. Und iſt es beſſer, wenn es etwas kuͤmmerlich hergehet, daß ſie nem- lich alles wohl zurathe halten muͤſſen, wenn ſie auskommen wollen. Man handelt demnach uͤbel, wenn man die Stipendien- Gelder dergeſtalt eintheilet, daß keiner da- durch in den Stand geſetzet wird etwas tuͤchtiges zu lernen; ſondern nur viele ih- ren kuͤmmerlichen Unterhalt finden. Es kommet nicht auf die Menge an, die ver- ſorget werden. Ein geſchickter Mann, der durch dergleichen Huͤlffe erzogen worden, nutzet dem Lande und dem gantzen menſch- lichen Geſchlechte mehr, als gantze Schaa- ren duͤrfftiger Gelehrten, die nichts rechtes gelernet, und dem Lande nur zur Laſt wer- den, weil man ſie zu nichts tuͤchtigem ge- brauchen kan, oder auch gar zum Ungluͤck, wenn ſie zu Dienſten gezogen werden, de- nen ſie nicht vorſtehen koͤnnen. Es iſt aber auch dieſes nicht zu vergeſſen, daß unter- weilen zum ſtudiren tuͤchtige Leute wohl einige Mittel haben, die doch aber nicht
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des gemeinen Weſens.
ren geſchickte Koͤpffe, und die Luſt haben
etwas gutes zulernen, auch reichlich verſor-
get, damit ſie in den Stand geſetzet wer-
den, etwas gruͤndliches zu ſtudiren. Je-
doch doͤrffen ſie auch nicht uͤberfluͤßig
haben, weil der Uberfluß leicht zur
Wolluſt leitet, dadurch das ſtudiren
nachgeſetzet wird. Und iſt es beſſer, wenn
es etwas kuͤmmerlich hergehet, daß ſie nem-
lich alles wohl zurathe halten muͤſſen, wenn
ſie auskommen wollen. Man handelt
demnach uͤbel, wenn man die Stipendien-
Gelder dergeſtalt eintheilet, daß keiner da-
durch in den Stand geſetzet wird etwas
tuͤchtiges zu lernen; ſondern nur viele ih-
ren kuͤmmerlichen Unterhalt finden. Es
kommet nicht auf die Menge an, die ver-
ſorget werden. Ein geſchickter Mann, der
durch dergleichen Huͤlffe erzogen worden,
nutzet dem Lande und dem gantzen menſch-
lichen Geſchlechte mehr, als gantze Schaa-
ren duͤrfftiger Gelehrten, die nichts rechtes
gelernet, und dem Lande nur zur Laſt wer-
den, weil man ſie zu nichts tuͤchtigem ge-
brauchen kan, oder auch gar zum Ungluͤck,
wenn ſie zu Dienſten gezogen werden, de-
nen ſie nicht vorſtehen koͤnnen. Es iſt aber
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/245>, abgerufen am 16.02.2025.
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