Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

des gemeinen Wesens.
fen (§. 454. Met.) und trachtet daher ihm
dergleichen anzurichten. Derowegen wä-
re höchst nöthig, daß man Lehrende der Ehre
u. den Einkünfftennach so viel möglich gleich
machte, oder, wo es nicht mit gutem Grun-
de geschehen kan, doch darauf bedacht wä-
re, daß diejenigen, welche eine Gleichheit
zu begehren befugt sind, wenigstens mit an-
dern gleiche Hoffnung hätten sich zuverbes-
sern: wodurch man absonderlich auf Aca-
demien verhüten würde, daß nicht Leute,
die in einer Facultät was gutes thun kön-
nen, in eine andere verlangten, wo man ih-
res gleichen, auch wohl bessere, eher haben
könte, als darinnen, was ihnen zu lehren zu
erst anvertrauet worden. Hierdurch wür-
de man auch verhüten, daß theils die Lehren-
den selbst, theils auch die Lernenden einige
Wissensch afften nicht verachteten, oder we-
nigstens für geringe hielten, und andere da-
gegen mehr, als sichs gebührete, erhüben,
dadurch aber Anlaß gäben, daß ihnen hin-
wiederum das ihrige verkleinert wird, son-
derlich wo man mehr Recht, als sie, dazu
hat. Es pfleget auch wohl zu geschehen,
daß aus Hochmuth und Hoffart einer den
andern verachtet (§. 630. 803. 804. Mor.)
Damit nun dieses nicht geschehe, so hat man
zu Lehrenden Leute zu nehmen, die zwar ein
ehrliebendes Gemüthe haben, aber doch nicht
ehrgeitzig sind (§. 597. Mor.) Es haben

aber

des gemeinen Weſens.
fen (§. 454. Met.) und trachtet daher ihm
dergleichen anzurichten. Derowegen waͤ-
re hoͤchſt noͤthig, daß man Lehrende der Ehre
u. den Einkuͤnfftennach ſo viel moͤglich gleich
machte, oder, wo es nicht mit gutem Grun-
de geſchehen kan, doch darauf bedacht waͤ-
re, daß diejenigen, welche eine Gleichheit
zu begehren befugt ſind, wenigſtens mit an-
dern gleiche Hoffnung haͤtten ſich zuverbeſ-
ſern: wodurch man abſonderlich auf Aca-
demien verhuͤten wuͤrde, daß nicht Leute,
die in einer Facultaͤt was gutes thun koͤn-
nen, in eine andere verlangten, wo man ih-
res gleichen, auch wohl beſſere, eher haben
koͤnte, als darinnen, was ihnen zu lehren zu
erſt anvertrauet worden. Hierdurch wuͤr-
de man auch verhuͤten, daß theils die Lehren-
den ſelbſt, theils auch die Lernenden einige
Wiſſenſch afften nicht verachteten, oder we-
nigſtens fuͤr geringe hielten, und andere da-
gegen mehr, als ſichs gebuͤhrete, erhuͤben,
dadurch aber Anlaß gaͤben, daß ihnen hin-
wiederum das ihrige verkleinert wird, ſon-
derlich wo man mehr Recht, als ſie, dazu
hat. Es pfleget auch wohl zu geſchehen,
daß aus Hochmuth und Hoffart einer den
andern verachtet (§. 630. 803. 804. Mor.)
Damit nun dieſes nicht geſchehe, ſo hat man
zu Lehrenden Leute zu nehmen, die zwar ein
ehrliebendes Gemuͤthe haben, abeꝛ doch nicht
ehrgeitzig ſind (§. 597. Mor.) Es haben

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0237" n="219"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeinen We&#x017F;ens.</hi></fw><lb/>
fen (§. 454. <hi rendition="#aq">Met.</hi>) und trachtet daher ihm<lb/>
dergleichen anzurichten. Derowegen wa&#x0364;-<lb/>
re ho&#x0364;ch&#x017F;t no&#x0364;thig, daß man Lehrende der Ehre<lb/>
u. den Einku&#x0364;nfftennach &#x017F;o viel mo&#x0364;glich gleich<lb/>
machte, oder, wo es nicht mit gutem Grun-<lb/>
de ge&#x017F;chehen kan, doch darauf bedacht wa&#x0364;-<lb/>
re, daß diejenigen, welche eine Gleichheit<lb/>
zu begehren befugt &#x017F;ind, wenig&#x017F;tens mit an-<lb/>
dern gleiche Hoffnung ha&#x0364;tten &#x017F;ich zuverbe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern: wodurch man ab&#x017F;onderlich auf Aca-<lb/>
demien verhu&#x0364;ten wu&#x0364;rde, daß nicht Leute,<lb/>
die in einer Faculta&#x0364;t was gutes thun ko&#x0364;n-<lb/>
nen, in eine andere verlangten, wo man ih-<lb/>
res gleichen, auch wohl be&#x017F;&#x017F;ere, eher haben<lb/>
ko&#x0364;nte, als darinnen, was ihnen zu lehren zu<lb/>
er&#x017F;t anvertrauet worden. Hierdurch wu&#x0364;r-<lb/>
de man auch verhu&#x0364;ten, daß theils die Lehren-<lb/>
den &#x017F;elb&#x017F;t, theils auch die Lernenden einige<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ch afften nicht verachteten, oder we-<lb/>
nig&#x017F;tens fu&#x0364;r geringe hielten, und andere da-<lb/>
gegen mehr, als &#x017F;ichs gebu&#x0364;hrete, erhu&#x0364;ben,<lb/>
dadurch aber Anlaß ga&#x0364;ben, daß ihnen hin-<lb/>
wiederum das ihrige verkleinert wird, &#x017F;on-<lb/>
derlich wo man mehr Recht, als &#x017F;ie, dazu<lb/>
hat. Es pfleget auch wohl zu ge&#x017F;chehen,<lb/>
daß aus Hochmuth und Hoffart einer den<lb/>
andern verachtet (§. 630. 803. 804. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>)<lb/>
Damit nun die&#x017F;es nicht ge&#x017F;chehe, &#x017F;o hat man<lb/>
zu Lehrenden Leute zu nehmen, die zwar ein<lb/>
ehrliebendes Gemu&#x0364;the haben, abe&#xA75B; doch nicht<lb/>
ehrgeitzig &#x017F;ind (§. 597. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>) Es haben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0237] des gemeinen Weſens. fen (§. 454. Met.) und trachtet daher ihm dergleichen anzurichten. Derowegen waͤ- re hoͤchſt noͤthig, daß man Lehrende der Ehre u. den Einkuͤnfftennach ſo viel moͤglich gleich machte, oder, wo es nicht mit gutem Grun- de geſchehen kan, doch darauf bedacht waͤ- re, daß diejenigen, welche eine Gleichheit zu begehren befugt ſind, wenigſtens mit an- dern gleiche Hoffnung haͤtten ſich zuverbeſ- ſern: wodurch man abſonderlich auf Aca- demien verhuͤten wuͤrde, daß nicht Leute, die in einer Facultaͤt was gutes thun koͤn- nen, in eine andere verlangten, wo man ih- res gleichen, auch wohl beſſere, eher haben koͤnte, als darinnen, was ihnen zu lehren zu erſt anvertrauet worden. Hierdurch wuͤr- de man auch verhuͤten, daß theils die Lehren- den ſelbſt, theils auch die Lernenden einige Wiſſenſch afften nicht verachteten, oder we- nigſtens fuͤr geringe hielten, und andere da- gegen mehr, als ſichs gebuͤhrete, erhuͤben, dadurch aber Anlaß gaͤben, daß ihnen hin- wiederum das ihrige verkleinert wird, ſon- derlich wo man mehr Recht, als ſie, dazu hat. Es pfleget auch wohl zu geſchehen, daß aus Hochmuth und Hoffart einer den andern verachtet (§. 630. 803. 804. Mor.) Damit nun dieſes nicht geſchehe, ſo hat man zu Lehrenden Leute zu nehmen, die zwar ein ehrliebendes Gemuͤthe haben, abeꝛ doch nicht ehrgeitzig ſind (§. 597. Mor.) Es haben aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/237
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/237>, abgerufen am 08.05.2024.